Online-Payment

Wir erläutern die in der Schweiz gebräuchlichen Online-Zahlungssysteme und was es bei der Integration zu beachten gibt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/34

     

Das Shoppen im Web ist komfortabel. Man wählt das Produkt, legt es in den virtuellen Warenkorb und klickt sich zum Bestellformular. Hier aber zuckt der typische Schweizer Online-Shopper zusammen: Wieso sollte er einem unbekannten Händler seine Kreditkartennummer anvertrauen?



Natürlich bieten viele Anbieter auch Lieferung gegen Rechnung, Nachnahme oder Lastschrift an. Aber wenn es um die schnelle Reservation etwa von Tickets oder um digitale Güter wie Software oder Musik und in Zukunft auch Bücher geht - die man sofort herunterladen will, - sind diese traditionellen Zahlungsarten schlicht zu langsam. Nur neue digitale Payment-Verfahren oder eben die Kreditkarte versprechen hier sofortigen Erhalt der Ware oder Bestätigung einer Buchung.




Als Webshop-Betreiber müssen Sie sich sechs Fragen stellen:




• Machen Kreditkarten oder ein anderes Sofort-Zahlungsmittel auf meiner Website Sinn? Das ist zu bejahen, wenn es um Dienstleistungen, Tickets oder digitale Produkte wie Software geht.




• Kreditkarten- oder Kontonummern-Transaktionen ohne Verschlüsselung sind im Internet nicht ratsam. Als Sicherheitsmethode bietet sich die SSL-Verschlüsselung an, wie sie die Browser bieten oder das komplexere SET-Verfahren für mehr Security?




• Welche Rolle spielt meine Shop-Software oder - falls der Shop extern betrieben wird - die Software meines Hosters?




• Mit welchen Partnern realisiere ich die Kreditkartenlösung für meine Site, wer soll als "Issuer" berücksichtigt werden und an welchen "Akquirer" muss ich mich wenden? Wie hoch sind die Kommissionen?




• Gibt es alternative Web-Zahlungsmethoden zur Kreditkarte, etwa die Lösungen der Post, die ich implementieren will?




• Was ist, wenn meine Produkte zu "billig" für eine Kreditkartentransaktion sind (Beträge unter 10 Franken)? Lohnt sich hier ein Verfahren für "Micro-Billing" im Web?


SSL oder SET?

Wenn Sie selbstsichere Kunden haben, die ihre Kreditkartennummer ohne Hemmungen ins Web eingeben, können Sie Ihre Lösung selbstverständlich auf der SSL- Verschlüsselung (Secure Socket Layer) aufbauen. Sie ist technisch relativ einfach machbar.



Die Hauptproblematik von SSL liegt indes darin, dass der Käufer online nicht eindeutig identifiziert werden kann. Zudem muss er seine Kreditkartennummer einem ihm meist unbekannten Händler anvertrauen.




Als viel sicherer gilt deshalb SET (Secure Electronic Transaction), ein mit grossem Getöse eingeführtes Verfahren, entwickelt von Eurocard/ MasterCard und Visa sowie IBM, Microsoft und Netscape. Es soll nach dem Willen seiner Erfinder der neue Standard für das elektronische Bezahlen im Web werden.



SET basiert auf einer elektronischen Brieftasche, einer asymmetrischen Verschlüsselung und auf der Kombination aus digitaler Signatur und Geheimzahl. Das hört sich sehr sicher an, es ist aber auch kompliziert - besonders für den Shop-Betreiber. Das ist auch der Grund, warum SET bisher der Durchbruch nicht gelungen ist - heute gibt es erst rund 30 SET-Händler in der Schweiz.




Drei Ausgangslagen

Betreiber von E-Shops können in drei Kategorien unterteilt werden:




Shop-Hosting: Händler, die ihren virtuellen Laden hosten lassen oder sich gleich einer Shopping-Mall anschliessen, müssen sich keine Gedanken über das Zahlungssystem machen - es wird vom Hoster bereitgestellt.




Standard-Software: Händler, die eine Standardsoftware für ihren Shop verwenden, können das Zahlungsverfahren meist mittels Plug-ins einrichten.




High-end-Shops: Für Betreiber, die eine High-end-Lösung einsetzen oder auf eine selbst entwickelte Software setzen, kann die Implementierung eines Payment-Systems in ein aufwendiges Projekt ausarten: Neue Schnittstellen sind zu schaffen oder bestehende an die Voraussetzungen anzupassen. Gerade für Unternehmen, die nicht über qualifizierte Informatikfachleute verfügen, empfiehlt sich da der Beizug einer Drittfirma.



Generell gilt: Da Kreditkarten in der Schweiz noch lange nicht so populär wie in Übersee sind, sollten hiesige Betreiber mehrere Bezahlungs-Optionen auf dem Bestellformular anbieten. Das ist auch nicht weiter schwierig, denn für die Optionen "Rechnung", "Vorauskasse" oder "Nachnahme" braucht es nur entsprechende Checkfelder im Bestellformular. Zudem muss man sich aber überlegen, wie weit der betreffende E-Shop in die bereits bestehenden Buchhaltungs- und Warenwirtschaftssysteme eingebunden werden soll.


Voraussetzungen für die Kreditkarten

Beim Kreditkartenverfahren ist das Vorgehen aufwendiger. Hier ist erst einmal zu unterscheiden zwischen Card-Issuer (Firmen wie beispielsweise Visa, die die Karten herausgeben) und Acquirer (Firmen wie Europay, die Händler akquirieren). Um die Kreditkartenzahlung einzuführen, muss der Händler einen Vertrag mit dem jeweiligen Acquirer abschliessen.



Wenn die Transaktionen online mittels SSL erfolgen, wird ein sogenannter Distanzzahlungsvertrag unterschrieben. Ein solcher Vertrag beinhaltet leicht höhere Umsatzkommissionen für den Händler, da das Risiko für den Acquirer grösser ist.




Wenn man hingegen SET einführt, wird ein sogenannter Direktakzeptanzvertrag mit dem Acquirer abgeschlossen, der bessere Konditionen für den Händler bietet: Da bei SET die am Geschäft beteiligten Parteien eindeutig identifiziert werden können, ist die Umsatzkommission des Händlers an den Acquirer tiefer.



Das attraktivere Transaktionsverfahren für den Händler scheint demnach SET zu sein, da er damit am sichersten und günstigsten zu seinem Geld kommt. Weil aber die Zahl der Kunden, die SET verwenden, noch sehr klein ist, empfiehlt sich die Kombination aus SET und SSL, wie sie die MIA-Erweiterung bietet (siehe Kasten "SET wird einfacher").



Die Implementierung der Payment-Software in den Shop kann wie erwähnt einen erheblichen Aufwand bedeuten. Grundsätzlich kann man aber als Händler die SET-POS-Software auch selbst anschaffen und installieren. Eine Übersicht mit allen für die Schweiz tauglichen Lösungen und ihren Lieferanten findet sich unter dem Link www.set.ch/software/software-sw-de.html. (Der Shopper bezieht sein SET-Wallet unter www.eurocard.ch/bin/frame/shopping/shopping-de.html.)




Die gelben Lösungen

Ein wichtiger Player im Schweizer Zahlungsmarkt ist auch die Post mit ihren über 2 Millionen Postcard-Inhabern und 180'000 YellowNet-Benutzern. Einen gewichtigen Nachteil hat die Postcard allerdings: Im Gegensatz zur Kreditkarte beschränkt sie sich auf Schweizer Kunden. Für Shop-Betreiber, die die Postcard in ihre Website integrieren wollen, hält der gelbe Riese gleich drei verschiedene Verfahren für Online-Transaktionen bereit: "Postkonto Debit direct", "Postkonto Yellow Net" und "Internet Payment System" (IPS). Voraussetzung ist, dass man als Firma ein Postkonto unterhält.



Bei der Variante "Postkonto Debit direct" wird dem Kunden ein 30tägiges Widerspruchsrecht eingeräumt, dieses Risiko trägt aber der Händler. Beim Verfahren "Postkonto Yellow Net" erfolgt hingegen die Überweisung des Betrages in Echtzeit. Ein Rückgaberecht besteht nur, sofern dieses vom Händler angeboten wird. Die Post garantiert hier die rechtmässige Transaktion.




Um diese beiden Systeme zu integrieren, benötigt man einen E-Shop mit einer SET-Schnittstelle von Brokat. Für die Realisierung empfiehlt die Post Partnerfirmen, die unter dem Link www.post.ch/d/postfinance/unternehmen/partnerfirmen.html publiziert werden. Die Zahlung wird beim Shop-Kunden über ein Applet initialisiert.



Vielversprechend ist die dritte Zahlungsvariante namens "Internet Payment System" (IPS), das seit Anfang September angeboten wird. Die notwendige Infrastruktur wird von der Post zur Verfügung gestellt und unterhalten. Die Anbindung an diese Zahlungsplattform erfolgt über einen simplen Textstring, womit sie den kleinsten Aufwand für den Händler bedeutet. Neben den Transaktionen über die Postkonten werden über IPS auch Visa und Eurocard/MasterCard als Zahlungsmittel unterstützt.




Die Payment-Service-Provider

Das Online-Payment ist mittlerweile ein hart umkämpfter Markt. Neben den bekannten Playern wie Kreditkartenfirmen, Banken und Post haben sich auch weitere Firmen auf die Erbringung von Dienstleistungen in diesem Bereich spezialisiert.



Diese sogenannten Payment-Service-Provider haben gemerkt, dass die meisten Firmen bei der Anbindung ihrer Online-Shops an ein Zahlungssystem überfordert sind. Sie bieten sich deshalb als Schnittstelle zwischen dem Acquirer und dem E-Shop an und übernehmen die Verwaltung von allfälligen Zertifikaten.




Der Vorteil dabei ist, dass der Payment-Service-Provider sich um die Anbindung der verschiedenen Zahlungsmittel kümmert. Der Aufwand für den Händler reduziert sich dadurch drastisch, da er lediglich eine Schnittstelle zur Software des jeweiligen Providers schaffen muss.



Neben den nachfolgend erwähnten Firmen bieten auch Full-Service-Provider und ISPs wie Sunrise und Agri.ch entsprechende Payment-Plattformen an - bei Sunrise wird auch SET unterstützt.




Saferpay: Diese umfassende Plattform für das Online-Payment wird von der Schweizer Firma 3C-Systems angeboten. Neben den üblichen Kreditkarten wird auch SET unterstützt. Auch Transaktionen über die Postcard sind auf Saferpay möglich.




Vitress: Die Einstiegslösung von Vitress bietet die Möglichkeit, die Deckung bei Kreditkartentransaktionen online zu überprüfen. Die Validierung erfolgt über den Browser auf dem Server von Vitress. Die weiterführende Produkte von Vitress umfassen ein serverbasiertes SET-Zahlungssystem sowie einen Payment-Gateway, auf den über eine SSL-Verbindung mit einem Java-Client zugegriffen werden kann - das Gateway kann auch lokal beim Händler installiert werden.




Xmedia: Die Firma Xmedia bietet einen Payment-Gateway an, der sämtliche gängigen Kreditkarten unterstützt. Ferner lassen sich Zahlungen auch über SET und die Postcard abwickeln. Wer den Aufwand nicht scheut, kann die Software auch auf der eigenen Server-Infrastruktur installieren.


Micro-Billing fürs Kleingeld

Einen speziellen Problemkreis beim Online-Payment bilden Dienstleistungen, die weniger als 10 Franken kosten - etwa die lokalen Wetterprognosen, die bei der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt für 1.45 Franken feilgeboten werden. Für die Einforderung dieser Kleinstbeträge (Micro-Billing) sind die Verarbeitungskosten meist höher als der eigentliche Fakturabetrag. Für die Abwicklung von solchen Mikrotransaktionen stellen sich den hiesigen E-Shop-Betreibern sowohl SwissOnline wie Swisscom als Vertragspartner zur Verfügung.



Beide setzen dabei eine Wallet-Software ein, eine digitale Brieftasche, die beim Online-Einkauf gezückt werden kann. Bei Bluewin kann der Kunde das Wallet über die Kreditkarte mit E-Cash füllen. Bei SwissOnline wird das Portemonnaie ebenfalls mit der Kreditkarte gefüllt, Firmenkunden können die offenen Posten zudem auch gegen Rechnung begleichen.





SwissOnline: Die Lösung wird in Zusammenarbeit mit Cap Gemini bereitgestellt. Händler, die das System einsetzen wollen, müssen sich mit SwissOnline in Verbindung setzen, worauf das Projekt in enger Zusammenarbeit geplant und umgesetzt wird. Drei grundsätzliche Bedingungen bestehen: Der Händler muss über eigene Server-Hardware verfügen, da zusätzliche dll-Dateien installiert werden. Zudem muss die E-Shop-Lösung des Händlers in der Lage sein, dem entsprechenden SwissOnline-Server die Kaufbeträge zu übermitteln. Schliesslich muss händlerseitig jeder Transaktion eine fixe Laufnummer zugeteilt werden.




Swisscom: Ihre Micro-Billing-Lösung bietet Swisscom im Rahmen der Zahlungsplattform CommerceMaker Payment an. Als Voraussetzung gilt, dass sich die Artikelbezeichnung und der jeweilige Preis der Produkte aus der Shop-Lösung des Shop-Betreibers extrahieren lassen. Wenn der Betreiber den Shop auf einem eigenen Server betreibt, wird dieser mit einem Secure-Link an die Swisscom-Plattform angebunden. Ist der E-Shop hingegen bei einem Hoster untergebracht, wird auf der Site mit dem Kaufen-Button auf die Swisscom-Payment-Plattform verwiesen.


Trotzdem teuer und aufwendig

Der Verarbeitungsaufwand und die Transaktionskosten bei Kleinstbeträgen bleiben relativ gross. Um gar nicht in die Lage zu kommen, Kleinstbeträge einfordern zu müssen, besteht für den Shop-Betreiber die Alternative, die einzelnen Beträge zu kumulieren und in einer Monats- bzw. Jahresrechnung einzufordern. Oder er erhebt eine Anmeldegebühr, die der Kunde im voraus bezahlen muss.




Neben dem Micro-Billing-Verfahren bieten sowohl die Swisscom als auch SwissOnline die Fakturierung mit Rechnung sowie mit den Kreditkarten American Express, Diners, Eurocard/MasterCard und Visa an. Sie bieten demnach Leistungen wie die oben beschriebenen Payment-Service-Provider. Swisscom unterhält hierfür Verbindungen zu den Plattformen der Kreditkartenunternehmen, wobei die Kartendeckung gleich online überprüft werden kann. Eine Besonderheit ist die Belastung der Beträge auf der Telefonrechnung der Swisscom-Kunden. Bei SwissOnline wird dies ebenfalls angeboten, die Beträge können der Rechnung der Provider-Kunden belastet werden.



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