Vergleichstest: Rollback-Tools

Fatale Systemeingriffe bringen Systeme schnell zum Absturz. Mit den getesteten Rollback-Tools lassen sich solche Missgeschicke wieder rückgängig machen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/37

     

Die folgende Situation dürfte allen bekannt sein: Man installiert einen neuen Treiber, und plötzlich funktioniert ein bestimmtes Programm nicht mehr. Oder man ändert etwas irgendwo in der Systemkonfiguration, und dann kommt kein Ton mehr aus den Lautsprechern. In ganz groben Fällen startet Windows nach einem "System-Tuning" überhaupt nicht mehr.



Mit einem Rollback-Tool kann allen geholfen werden, die sich häufig in solchen Situationen wiederfinden. Wir haben fünf dieser Utilities auf die Probe gestellt.


Zwei Schritte vorwärts, einen zurück

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, ist Windows ein komplexes System. Die vielen Komponenten des Betriebssystems sollten im Optimalfall aufeinander abgestimmt sein. Leider kann es im täglichen Gebrauch immer wieder zu Problemen kommen, insbesondere wenn das System für neue Hard- oder Software konfiguriert werden muss.



Die Gründe dafür liegen einerseits in der Architektur des IBM-kompatiblen PC, andererseits in der Art und Weise, wie Treiber in Windows eingebettet werden. Nicht zuletzt tragen auch die vielen Produzenten von Drittprodukten Schuld an der Misere, die sich nur teilweise oder gar nicht an die Spezifikationen halten.




Wenn Windows erst einmal unstabil geworden ist oder einige Komponenten den Dienst versagen, ist es oft schwierig, die Ursache zu finden, geschweige denn zu beheben.



Ein Rollback-Tool, mit dem die letzten Änderungen schrittweise wieder rückgängig gemacht werden können, stellt oft die einzige Rettung in der Not dar. Die Funktionsweise der Rollback-Tools ist im Prinzip einfach: Von einer laufenden Systemkonfiguration wird ein Snapshot angefertigt. Geht dann etwas schief, hat man die Möglichkeit, zu der letzten funktionierenden Konfiguration zurückzukehren.



Die Snapshots bestehen in der Regel aus der Aufzeichnung der Registrierungsdatenbank, den wichtigen Systemdateien und eventuell einer Reihe applikationsbezogener Konfigurationsdateien.



Wie das allerdings in der Praxis umgesetzt wird, ist je nach Programm sehr unterschiedlich.


Die Testkandidaten

Die fünf bekanntesten der auf dem Markt befindlichen Rollback-Tools haben wir getestet. Dabei handelt es sich um ConfigSafe 3.06 von Imagine Lan, CoreSave 2.02 von Global Telesyn, GoBack 2.21 von Adaptec, das zum Zeitpunkt des Tests in einer Preview-Version zugänglich war, PictureTaker Personal Edition 3.0 von Lanovation sowie SecondChance 2.01 von PowerQuest. Nach Redaktionsschluss ist die Version 2.07 von SecondChance freigegeben worden, die auch Windows Me unterstützt. Für den Test lag jedoch Version 2.01 vor.
Während alle Tools für Windows 95/98 geeignet sind, gibt es nur zwei - ConfigSafe und PictureTaker -, die auch Windows NT und Windows 2000 unterstützen. GoBack ist jedoch in Version 3.0 angekündigt, die dann auch Unterstützung für NTFS bieten soll.



GoBack und SecondChance haben einen vergleichbaren Mechanismus. Hier wird nämlich ein Teil der Festplatte als Image-Datei reserviert, in der alle Systemänderungen gespeichert werden. Wenn mit der Zeit der Platz verbraucht ist, werden die ältesten Einträge automatisch gelöscht, wobei überflüssige Einträge natürlich auch jederzeit manuell gelöscht werden können.




Die anderen drei Utilities speichern jeden Snapshot in einer separaten Datei. Während CoreSave und ConfigSafe als reine Rollback-Tools zu bezeichnen sind, handelt es sich bei PictureTaker eigentlich eher um ein Deployment-Tool mit Rollback-Funktion. PictureTaker wendet sich daher auch ebenso sehr an Systemadministratoren, während die anderen Tools deutlicher für den Privatmarkt berechnet sind.




ConfigSafe 3.06

Was dem Benutzer als Erstes ins Auge fällt, ist das etwas unzeitgemässe GUI, das nicht gerade zur komfortablen Bedienung verhilft. ConfigSafe arbeitet mit sechs verschiedenen Kategorien von Veränderungen, die in den einzelnen Snapshots aufgezeichnet werden. Bei der Wiederherstellung werden allerdings nur drei dieser Kategorien berücksichtigt. Dabei handelt es sich um die Systemdateien wie config.sys, autoexec.bat, win.ini usw., Einträge in der Registrierungsdatenbank sowie die sogenannten Assets, einer Art benutzerdefinierter Einheiten. Dafür können alle Veränderungen in diesen Kategorien einzeln an- und abgewählt werden.



Die Möglichkeit, Veränderungen in Applikationen aufzuzeichnen und wiederherzustellen, fehlt bei ConfigSafe. Dafür wartet das Utility mit leistungsfähigen Funktionen zum Vergleich der einzelnen Snapshots auf.




Als Besonderheit kann der InstallGuard hervorgehoben werden, der vor der Installation von Software oder Hardware-Treibern automatisch einen Snapshot des Systems anfertigt.



Im praktischen Test hat ConfigSafe beim Wiederherstellen nicht immer die erwarteten Resultate geliefert. Zudem ist die mitgelieferte Hilfedatei eher spärlich ausgefallen.




CoreSave 2.02

Bei CoreSave wird von zwei verschiedenen Images ausgegangen. Einerseits gibt es die Core Images, in denen die eigentlichen User-Konfigurationen gesichert werden. Andererseits hält CoreSave in den Boot Images Systemänderungen nach erfolgreichem Neustart von Windows dynamisch fest. Die Boot Images stellen somit eine letzte Sicherheit dar, wenn Windows nach einer Änderung nicht mehr hochgefahren werden kann. Ein weiterer Unterschied ist, dass Boot Images im Gegensatz zu den Core Images keine Informationen zum Start-Menü enthalten.



Sowohl für Core Images wie auch für Boot Images kann der Umfang der zu sichernden Dateien in Templates festgelegt werden. Ebenso können Images beider Typen in allen Details begutachtet werden.




Beim Wiederherstellen lässt sich genau definieren, welche Teile eines Images eingelesen werden sollen. Dabei kann die Wiederherstellung entweder im DOS-Modus oder unter Windows erfolgen, wobei bei letzterer Möglichkeit Windows in der Regel neu gestartet werden muss.



Auf Wunsch implementiert CoreSave ein Boot-Menü, so dass das Utility bei Startproblemen direkt im DOS-Modus verwendet werden kann.



CoreSave ist ein leichtzugängliches Programm, das die wesentlichsten Funktionen enthält. Ausser der üblichen Hilfedatei kommen mit dem Programm auch ein Tutorial sowie ein Manual im PDF-Format.




GoBack 2.21 Preview

Dem Rollback-Tool GoBack von Adaptec liegt ein etwas anderer Ansatzpunkt als den übrigen getesteten Utilities zu Grunde. GoBack überwacht konstant alle im BIOS eingetragenen Festplatten. Alle Änderungen werden laufend in einer Image-Datei verzeichnet, die standardmässig 10 Prozent der Festplattengrösse beträgt.



Zwischen allen Ereignissen, die GoBack in dieser Log-Datei verzeichnet, werden sogenannte System Safe Points eingefügt. Der Benutzer hat dann die Möglichkeit, zu einem beliebigen dieser Sicherungspunkte zurückzukehren. Doch nicht alle Safe Points haben sich als wirklich sichere Punkte erwiesen. In einem Fall ist nach einer Wiederherstellung beim Hochfahren von Windows Scandisk gestartet worden.




Ein besonderes Feature von GoBack ist GoBack Drive. Damit kann der in der Vergangenheit liegende Zustand aller von GoBack überwachten Festplatten in virtuellen Laufwerken betrachtet werden. In der Praxis funktioniert das so, dass vom gewünschten Sicherungspunkt Create GoBack Drive angewählt wird. Dabei werden beispielsweise die virtuellen Laufwerke F und G angelegt, auf denen der Inhalt von C und D zum gewählten Zeitpunkt wiedergegeben wird.



Die andersartige Architektur von GoBack verleiht dem Tool ein hohes Mass an Zuverlässigkeit, teilweise aber auf Kosten der Flexibilität. So ist es etwa nicht möglich, Konfigurationsänderungen einzeln wiederherzustellen. Dafür bietet GoBack komfortable Funktionen zur Arbeit mit verschiedenen Dokumentversionen und zur Wiederherstellung gelöschter Dateien. Die dauernde Überwachung aller Festplatten nimmt natürlich einige Systemressourcen in Anspruch. Glücklicherweise wird die Log-Funktion im Hintergrund à jour gehalten, so dass sich auf einem modernen, einigermassen gut bestückten PC keine wesentlichen Verzögerungen bemerkbar machen.




PictureTaker Personal Edition 3.0

PictureTaker arbeitet mit zwei verschiedenen Begriffen, den Pictures einerseits und den Packages andererseits. Die Pictures bezeichnen dabei die momentane Konfiguration eines Systems. Vergleicht man zwei Pictures oder ein Picture mit den aktiven Einstellungen, werden die Differenzen in einem Package gespeichert. Sowohl Packages und Pictures sind bis ins kleinste Detail redigierbar. Elemente können verändert, gelöscht und hinzugefügt werden.



Neben der Rollback-Funktion eröffnet sich damit für PictureTaker noch ein weiterer Einsatzbereich. Will man eine bestimmte Konfiguration oder Softwareinstallation auf mehrere PCs verteilen, registriert man den Vorgang beim ersten Mal mit PictureTaker. Danach können die Änderungen auf den weiteren PCs durch das Einlesen der entsprechenden Package-Datei zeitsparend wiederholt werden. Dazu muss natürlich PictureTaker auf allen PCs installiert sein.




Für die erfolgreiche Distribution solcher Änderungen befindet sich in PictureTaker ein Wizard, der den Benutzer durch die erforderlichen Schritte führt. Zuerst wird ein Baseline-Picture angefertigt, danach können die gewünschten Änderungen vorgenommen werden, und zum Schluss werden die Änderungen in dem entsprechenden Package gespeichert. Ein kleiner Wermutstropfen ist jedoch, dass der Wizard bei der Aufforderung zur Speicherung der Dateien nicht so deutlich formuliert ist, wie man sich das wünschen könnte.



Um auf die Rollback-Funktion zugreifen zu können, wird eine Package-Datei entweder eingelesen oder deinstalliert, je nachdem ob vor der Änderung bewusst ein Picture angefertigt wurde oder nicht.



Besonders erwähnenswert ist auch die Funktion, um zwei Pictures oder Packages miteinander zu vergleichen. Allerdings zeigt PictureTaker seine Stärke vor allem als Deployment-Tool. Das wird besonders deutlich angesichts der umfassenden Optionen, die einem Package nachträglich noch zugeteilt werden können.




SecondChance 2.01

Wie bei GoBack werden auch von SecondChance eine oder mehrere Festplatten überwacht. Allerdings steht es dem Benutzer frei, selber festzulegen, welche Festplatten oder Partitionen SecondChance überwachen soll. Im Gegensatz zu den meisten anderen Programmen kann SecondChance auch sonst ziemlich frei konfiguriert werden. Neben der Auswahl der Festplatten kann man nämlich auch laufend die Grösse der Image-Datei anpassen. Bei GoBack ist dies nur während der Installation des Programms möglich.



Dazu lassen sich bestimmte Mappen von der Überwachung auch auszuschliessen oder programmierte Snapshots an bestimmten Wochentagen oder Zeitpunkten anfertigen.




Die Bedienung von SecondChance ist denkbar einfach. Snapshots - hier Checkpoints genannt - lassen sich schnell und unproblematisch von der Taskleiste aus erstellen. Mit dem Checkpoint Viewer kann der Zustand der überwachten Festplatten bei den einzelnen Checkpoints inspiziert werden. Alle Veränderungen, die in den Checkpoints registriert sind, können einzeln wiederhergestellt oder natürlich als Ganzes rückgängig gemacht werden.



Jedes Mal wenn ein Checkpoint in seiner Gesamtheit wiederhergestellt wird, fertigt SecondChance zwei neue Checkpoints an, und zwar jeweils vor und nach der Wiederherstellung, womit eine Wiederherstellung auch wieder rückgängig gemacht werden kann.



Obwohl die Dokumentation von SecondChance nur aus einer Hilfedatei besteht, gehört diese zu den umfassendsten. Ausserdem sind für die lizenzierte Ausgabe von SecondChance übers Internet Updates erhältlich.













So haben wir die Rollback-Utilities getestet



Alle fünf Utilities wurden als Trial-Versionen getestet. Laut Angabe der Hersteller handelt es sich dabei um voll funktionsfähige Versionen, die nur zeitlich begrenzt sind. Was bei heruntergeladenen Versionen jedoch nicht verglichen werden kann, sind gedruckte Manuals. Daher bezieht sich die Bewertung der Dokumentation nur auf die Hilfedatei und gegebenenfalls beiliegende PDF-Dateien.


Die einzelnen Tests bestanden aus der Wiederherstellung verschiedener Konfigurationsänderungen. Soweit möglich, wurde dabei getestet, ob und wie gut sich auch nur einzelne Elemente eines Snapshot wiederherstellen lassen können. Für den Fall, dass eine Wiederherstellung unbedacht durchgeführt wurde, testeten wir, ob der Vorgang auch wieder rückgängig gemacht werden kann.


Speziell bei den Tools, die auch Applikationen überwachen können - namentlich GoBack, PictureTaker und SecondChance -, haben wir auch verschiedene Programme installiert respektive deinstalliert.


Bei der Wertung legten wir mit je 30 Prozent den grössten Wert auf Funktionsumfang und Zuverlässigkeit. Immerhin handelt es sich um eine der Kernfunktionen, dass ein Tool einen GAU auch wieder rückgängig machen kann.


Mit je 15 Prozent haben wir Bedienung und Dokumentation bewertet. Natürlich kann man damit argumentieren, dass eine intuitive Bedienung Manuals überflüssig macht, aber wenn es um Programme geht, die systemkritische Eingriffe vornehmen, verdient eine gute Dokumentation durchaus Anerkennung.


Mit 10 Prozent wurden schliesslich sowohl die Installation wie auch die Konfiguration gewichtet. Alle Programme liessen sich problemlos und mit guter Benutzerführung installieren, eigentliche Differenzen gab es erst bei den Konfigurationsmöglichkeiten der einzelnen Lösungen.




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