Schlechtes E-Government-Zeugnis
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/06
Die Schweiz bietet katastrophale E-Government-Dienstleistungen. So lässt sich die Cap-Gemini-Studie «Online-Verfügbarkeit der öffentlichen Dienste: Wie schreitet Europa voran?» interpretieren. In der Untersuchung hat Cap Gemini im Auftrag der EU-Kommission die elektronischen Behördendienste der 25 EU-Mitgliedstaaten sowie von Island, Norwegen und der Schweiz unter die Lupe genommen.
Die Ergebnisse der zum fünften Mal durchgeführten Erhebung zeigen, dass die Online-Verfügbarkeit der öffentlichen Dienstleistungen in der EU mittlerweile 65 Prozent erreicht hat. Dieser Schnitt wird durch die zehn neuen EU-Länder gedrückt. Würde man nur die alten Länder heranziehen, läge der Wert bei rund 72 Prozent. Ausserdem wurde herausgefunden, dass sich rund 40 Prozent der untersuchten Dienstleistungsangebote vollständig übers Web abwickeln lassen.
Vergleicht man die Online-Verfügbarkeit der öffentlichen Dienste nach Ländern, liegt Schweden mit 89 Prozent an der Spitze. Sechs weitere Länder erreichen einen Wert von über 80 Prozent. Dazu zählen Österreich, Grossbritannien, Irland, Finnland, Norwegen und Dänemark. Die Schweiz reiht sich hingegen mit einem Umsetzungsgrad von knapp 60 Prozent in den letzten zehn Plätzen ein.
Bei den Länderergebnissen hinsichtlich des Anteils der Dienste, die eine umfassende elektronische Abwicklung anbieten, sieht es für die Schweiz noch düsterer aus. Mit einem Anteil von weniger als 10 Prozent liegt unser Land vor Lettland an zweitletzter Stelle. Die höchsten Werte erreichen hier ebenfalls Schweden (74%) und Österreich (72%) vor Finnland mit 67 Prozent.
In der Schweiz gibt es eine grosse Diskrepanz zwischen der Verfügbarkeit und der vollständigen Transaktionsfähigkeit, so die Studie. Dies sei auf die föderale Struktur zurückzuführen.
Die Studienverfasser haben ausserdem herausgefunden, dass die Serviceangebote in der EU für Unternehmen signifikant besser umgesetzt sind als für Privatpersonen. Der Umsetzungsgrad für Unternehmensdienste liegt bei 77 Prozent gegenüber 57 Prozent bei Serviceangeboten für Bürger.
Eine weitere wichtige Erkenntnis im Rahmen der Studie ist schliesslich, dass eine grosse Lücke besteht zwischen Diensten, die für den Staat Einkommen generieren, und sonstigen Diensten. Während Einkommen generierende Dienste zu 88 Prozent online sind, liegen die sonstigen, meist administrativen Dienste unter dem allgemeinen Durchschnitt von 65 Prozent. Ausnahmen bilden hier die Bereiche Arbeitsplatzsuche und Einreichen von Daten an Statistik-Ämter.