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CMS ohne teure Lizenzgebühren

An der ersten internationalen Tagung für Open-Source-CMS-Lösungen in Zürich waren die Schweizer Hersteller gut vertreten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/11

     

Content Management Systeme, welche die Aufbereitung und Präsentation von Inhalten im Web vereinfachen, sind ebenso zahlreich wie begehrt. Nur eine untergeordnete Rolle spielen dabei bislang Open-Source-Produkte. An der ersten Tagung zu diesem Thema trafen sich dessen Repräsentanten nicht nur, um neue Software vorzustellen, sondern auch, um über deren Rolle in der Wirtschaft zu diskutieren. Charles Nesson, Rechtsprofessor an der Harvard-Universität, zeigte sich in seiner Eröffnungsrede davon überzeugt, dass der Stellenwert freier CMS-Systeme in Zukunft zunimmt. Den Grund dafür sieht er nicht zuletzt im Bedarf der Hochschulen nach solchen offenen Lösungen.


Schweiz aktiv dabei

An der Konferenz gaben sich sämtliche relevanten CMS-Lösungen aus dem Open-Source-Bereich ein Stelldichein. Das Gezeigte offenbarte die Unterschiede zwischen den einzelnen Produkten, was die Einsatzmöglichkeiten betrifft. Cofax etwa, das vom zweitgrössten US-Zeitungsverleger Knight Ridder entwickelte und als Open Source freigegebene CMS ist auf mittelgrosse Webauftritte von Zeitungen zugeschnitten.



Dagegen konnte Henri Bergius, Mitbegründer des finnischen CMS-Application-Servers Midgard, nebst der doch eher komplexen Lösung auch eine neue Light-Version präsentieren, die ausschliesslich auf der Scriptsprache PHP basiert und sich für einfachere Projekte eignen soll.




Aus Schweizer Sicht erfreulich ist, dass gleich drei einheimische Lösungen präsentiert wurden, die mit der ETH Zürich und der NZZ auch gleich zwei nahmhafte Anwender vermelden können (siehe Kasten). Für einige Reaktionen sorgte die Neuentwicklung Bitflux, ein CMS-System für die Publikation aller erdenklichen Medientypen. Bitflux wartet mit einer flexiblen Datenaufbereitung mittels XML auf und bietet dabei Raum für verschiedene Site-Strukturen und Datenformate. Die Präsentation scheint überzeugend ausgefallen zu sein, tauchte doch unmittelbar danach bereits eine Anfrage zur Zusammenarbeit auf. Die fertige Version von Bitflux soll anfangs Mai vorliegen, eine Vorabversion wird im Rahmen eines Pilotbetriebes derzeit bei der ABB getestet.



Schlagwort Business-Modell

Die bekannteste Open-Source-CMS-Lösung ist sicherlich Zope. Den Grund dafür ortet Paul Everitt, Mitbegründer und Chefstratege der Firma Zope, in der Stossrichtung dieses Projektes: "Zope war von Anfang an auf den Einsatz in Unternehmen ausgerichtet. Wir haben darauf geachtet, dass möglichst viele Beratungsfirmen damit Geld verdienen können." Generell wurde dem wirtschaftlichen Aspekt an der Konferenz viel Gewicht beigemessen. Geschäftsmodelle waren fast in jeder Präsentation ein Thema. Everitt, dessen Firma Zope vor allem mit Beratung und Support der von ihr entwickelten Open-Source-Lösung Geld verdient, gibt einem solchen Geschäftsmodell gute Chancen: "Mit Beratung lässt sich anständig Geld verdienen."



Ähnlich äussert sich auch David Reichart von der Zürcher Firma Wyona: "Unser Geschäftsmodell besteht darin, dass wir Support und Dienstleistungen für das CMS-System anbieten, wie etwa die Integration in bestehende Umgebungen."




Damit dieses Modell auch längerfristig aufgeht, muss gemäss Everitt der Markt aber noch deutlich wachsen und damit auch das Bedürfnis nach Beratung beim Aufbau von CMS-Systemen.
Aufbauarbeit ist wohl aber auch noch bei denjenigen potentiellen Kunden zu leisten, die dem Open-Source-Gedanken eher skeptisch gegenüber stehen. Everitt stellt dabei ein Argument in den Vordergrund: "Wir müssen den Firmen klarmachen, dass sie sich nicht vom Software-Anbieter kontrollieren lassen sollen." Denn dieser, so Everitt weiter, habe vor allem das eigene Wohl vor Augen, was nicht unbedingt im Interesse des Kunden sei. In diesem Sinne war die Konferenz sicher auch ein Versuch dazu, andere, offenere Wege aufzuzeigen.



NZZ und ETH setzen auf Open-Source-CMS

Freie CMS-Systeme sind auch in der Schweiz im Einsatz - und dies bei durchaus namhaften Firmen und Institutionen. So setzt die NZZ für ihre Website auf eine von der Firma Wyona entwickelte Open-Source-Lösung.



Das Content-Management-System wurde vollständig in Java entwickelt und setzt für die Datenaufbereitung auf XML. Den Journalisten bietet das Wyona-CMS einen Browser-basierten WYSIWYG-Editor, mit dem sich Artikel ohne XML-Kenntnisse erfassen und gestalten lassen. Die Firma Wyona ist bei der NZZ für den Support des Systems zuständig. Gemäss David Reichart wäre der Zeitungsverlag auch daran interessiert, zusammen mit anderen Firmen die Weiterentwicklung finanziell zu unterstützen.




Auch die ETH will in Zukunft für die Veröffentlichung ihrer Web-Publikation "ETH Life" auf ein offenes System setzen. Christian Jaeger, einer der Mitentwickler dieses Systems, gewinnt dem Open-Source-Gedanken vor allem zwei positive Aspekte ab: "Eine solche Lösung ist günstiger und offener für Erweiterungen."



Das System soll bis Ende Jahr den Betrieb aufnehmen und wartet mit einer Besonderheit auf: Der Autor eines Artikels greift mittels File-Sharing auf das CMS zu und schreibt die Artikel direkt in eine vorformatierte HTML-Datei. Das eigens entwickelte Dateisystem der CMS-Lösung basiert auf einer Datenbank. Beim Speichern einer Datei wird diese direkt in der Datenbank abgelegt, von der aus sie publiziert werden kann.



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