Das Netz als Plattform
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/01
Neue Technologien prägen zunehmend die Art, wie Unternehmen mit Kunden und Partnern kommunizieren und wie sie ihre Geschäfte abwickeln. Das stellt Chris Dedicoat, President European Markets bei Cisco, im Gespräch mit InfoWeek klar. «Uns hat man noch beigebracht, IT sei dazu da, Geschäftsstrategien zu unterstützen. Heute zeigt sich, dass die neuen Technologien auch neue Strategien ermöglichen. Sie erlauben es, sich gegenüber der Konkurrenz zu differenzieren und die Produktivität zu steigern. Das scheint mir insofern wichtig, als sich die Produktivität gerade für europäische Firmen als Schlüsselfaktor für den künftigen Erfolg erweisen dürfte.»
Vorgemacht haben es die nordischen Länder, die gezeigt haben, dass es mit Hilfe von ICT möglich ist, trotz hoher Lohnkosten mit der weltweiten Konkurrenz Schritt zu halten. Ähnliches gilt laut Dedicoat für die Schweiz. «Aber die Wirtschaftsführer müssen», betont er, «die neuen Technologien kennen und anwenden, um zu merken, wie sie Arbeitsweise und Produktivität beeinflussen».
Zu den neuen Entwicklungen gehört insbesondere, dass die Netze der Service-Provider für Daten, Voice, TV, Video und Mobility dank DSL und breitbandiger Kabelanschlüsse zunehmend zusammenwachsen. Dedicoat: «Wir haben vor einigen Jahren das Carrier Router System 1 entwickelt, bei dem eine einzige Box eine Milliarde Telefongespräche handhaben kann. Uns war jedoch immer klar, dass es dabei nicht nur um Voice geht. Von Anfang an hatten wir auch Video im Blick.»
Was dabei mit dem Internet-Protokoll (IP) möglich ist, zeigt eine Technologie wie TelePresence: In der High-end-Videokonferenz lassen sich Diskussionen über VoIP wie normale Gespräche führen. Ultra-HD-Videobildschirme zeigen noch das kleinste Hochziehen der Braue des Gegenübers lebensgross und kaum zeitverschoben. Und da die Räume der Beteiligten gleich eingerichtet und standardmässig von den Kameraleuten von Steven Spielberg in gleicher Weise ausgeleuchtet sind, entsteht der Eindruck, sämtliche Konferenzteilnehmer befänden sich im gleichen Zimmer. Das ist keine Science-Fiction, sondern ein heute erhältliches Produkt, wenn auch nicht gerade billig: Pro Raumeinrichtung kostet die Illusion 299’000 Dollar. «Entscheidend ist», so Dedicoat, «dass damit klar wird, was das Web vermag. Ich bin überzeugt, dass solche Lösungen bald von Service-Providern angeboten werden und die Technologie sogar für Home-Anwender verfügbar und entsprechend günstiger wird».
«Mit Übernahmen von Firmen wie Scientific Atlanta haben wir viel über Video gelernt und sind heute ganz vorne mit dabei», meint Dedicoat. «Datacenter, Geschäftswelt, Anwender – alles bewegt sich in Richtung IP. Das Netzwerk wird zur Plattform, welche die Menschen und ihre Tätigkeiten prägt.»
Wichtig scheint ihm, dass in den Unternehmen heute die dafür notwendigen Erfahrungen gemacht werden. Eine neue Generation von Mitarbeitern nimmt zurzeit die Arbeit auf. Diese jungen Leute sind im Privatbereich mit IT aufgewachsen und gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass Internet und Services jederzeit und überall verfügbar sind. Wenn die Unternehmen deren Produktivität nutzen wollen, müssen sie dafür sorgen, dass ihnen diese Dienste auch bei der Arbeit zur Verfügung stehen. Die nahtlose Verbindung von Unternehmens- und Consumer-Markt ist für Cisco daher ein wichtiger Punkt. «Wir verstehen uns längst nicht mehr als reine Router- und Switcher-Company», erklärt Dedicoat, «in Zukunft werden wir auf noch mehr Märkten als bisher präsent sein».