Nicht jede Domain gehört dem Schnellsten

Marken-, Namens-, und Wettbewerbsrecht stehen über dem Prinzip «First come, first served».

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/06

     

Freie Adressen gibt es im Internet immer weniger, und auch die neuen Umlaut-Domains werden, gerade aus rechtlicher Warte, mehr Probleme schaffen, als dass sie welche lösen. Der Auswahl des richtigen Domainnamens kommt deshalb mehr denn je eine entscheidende Bedeutung zu. Wer eine neue Firma gründet, tut jedenfalls gut daran, zuallererst die Whois-Datenbank von Switch zu durchforsten, um zu sehen, ob der Name als CH-Domain noch zu haben ist. Denn vergeben werden kann ein Domainname jeweils nur ein einziges Mal. Für internationale Top-Level-Domains hilft beispielsweise www.geektools.com/whois.php bei der Recherche.




Der Vertrag mit der Registrierungsstelle garantiert dem Domaininhaber kein definitives Recht auf den eingetragenen Namen. Insbesondere überprüft die Registrierungsstelle - im Gegensatz zum Marken- und Handelsregisteramt - nicht, ob der Antragsteller überhaupt berechtigt ist, einen bestimmten Domainnamen zu reservieren und zu benützen. Vergeben werden die Domains nach dem Prinzip "First come, first served". Trotzdem können zum Zeitpunkt der Registrierung bereits rechtliche Ansprüche Dritter bestehen. So kann die Domain beispielsweise mit einem fremden Firmennamen, mit einer registrierten Marke oder mit einem Eigennamen verwechselbar sein. Ob das der Fall ist, klären Sie am besten durch eine sogenannte Identitäts- oder Ähnlichkeitsrecherche ab. Für Firmennamen beim eidgenössischen Handelsregisteramt, für Markennamen beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Bern.


Namensrechtliche Probleme

Was die Eigennamen anbelangt, können Sie sich im elektronischen Telefonbuch oder in den gängigen WWW-Suchdiensten (Google, Altavista, Search) kundig machen. Wenn der Weg frei ist, sollten Sie Ihren Domainnamen beim IGE als Marke schützen lassen - je nach Bedarf schweiz- oder europaweit. Das gilt vor allem für Phantasienamen. Denn für Ihren eigenen Vor- und Nachnamen oder den Namen ihrer eingetragenen Firma geniessen Sie automatisch Namensschutz. Der festgelegte Namensschutz wird nämlich als Sonderfall des Persönlichkeitsschutzes durch das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) gewährleistet. Das Recht auf den Namen umfasst die Befugnis, den eigenen Namen nicht nur als Mittel der Identifizierung zu verwenden, sondern unter diesem Namen auch am Geschäftsverkehr teilzunehmen, sei es online oder offline.




Sollte der Fall eintreten, dass sich jemand den Namen eines anderen unberechtigterweise anmasst, kann der Betroffene die sofortige Unterlassung der Verletzungshandlung und einen allfälligen Schadensersatz verlangen. Namensschutz geniessen nicht nur natürliche Personen (Name, Vorname, Übername, Pseudonym), sondern auch juristische Personen (Firmen, Gesellschaften), geografische Bezeichnungen, öffentlich-rechtliche Körperschaften (Kantone, Städte, Gemeinden) oder Werktitel (Filme, Software, Zeitungen). Ein gewisses Restrisiko bleibt aufgrund der noch jungen Rechtsprechung in diesem Gebiet aber immer zurück. Vor allem dann, wenn zwei analoge Namensrechte geltend gemacht werden, wie z.B. im kürzlich entschiedenen Gerichtsfall www.frick.ch, wo ein gewisser Herr Frick der gleichnamigen Gemeinde den Domainnamen abtreten musste.


Schutz der Marke

Zentraler als der Namensschutz sind die Ansprüche, die aus dem Markenrecht hergeleitet werden. Eine Marke dient ihrem Inhaber zur Kennzeichnung von bestimmten Waren und Dienstleistungen. Sie verleiht ihm ein ausschliessliches Gebrauchsrecht für ein bestimmtes Territorium, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.



Der Domainname muss reserviert worden sein, nachdem die Marke hinterlegt worden ist. Er muss identisch oder verwechselbar sein mit einer eingetragenen Marke, die mindestens fünf Jahre lang tatsächlich gebraucht worden ist. Die Bestandteile "www" und ".com" oder ".ch" sind dabei als Unterscheidungsmerkmale markenrechtlich unbedeutend. Er muss im Zusammenhang mit gleichartigen Produkten oder Dienstleistungen des Markeninhabers verwendet werden, so dass der falsche Eindruck entstehen kann, dass die unter dieser Domain angebotenen Produkte und Dienstleistungen einen Bezug zum Markeninhaber haben. Eine Ausnahme besteht dabei zu Gunsten berühmter Marken (z.B. Coca-Cola), deren Inhaber sich auch gegen Domains zur Wehr setzen können, die beispielsweise den Ruf einer Marke auszunützen versuchen.




Der besagte Domainname muss in demjenigen Land verwendet werden, in welchem der Markenschutz besteht. Wer eine Marke nur in der Schweiz schützen lässt, kann nicht gegen einen Domainnamen vorgehen, der in Deutschland benutzt wird. Der Markt bestimmt sich nach der Kundschaft, die angesprochen werden soll. Dass ein Internetangebot von jeder Ecke dieser Welt abgerufen werden kann, ist dabei keine Indiz für seine unbegrenzte Territorialität, dass es von einer ".com"-Adresse aus lanciert wird, schon eher.



Eine weitere Bedingung für die Anfechtbarkeit des Domainnamens ist, dass er gewerblich gebraucht wird. Wer einen Domainnamen privat benützt, muss sich wenig Sorgen machen. Aber Achtung: Eine Homepage gilt schnell mal als gewerblich, beispielsweise dann, wenn Sie als Privater Werbebanner aufschalten oder Ihre Website mit einer kommerziellen verlinken. Der Markenschutz ist im übrigen nicht allen Zeichen zugänglich. Begriffe, die als Gemeingut gelten, können keinen Markenschutz erlangen (z.B. Internet, Schweiz, Wein), es sei denn, sie haben sich im Markt als Marke bereits durchgesetzt (z.B. Apple). Und nicht zu vergessen: Beim Markenrecht gilt das Verjährungsprinzip. Wer eine Markenrechtsverletzung duldet, obwohl er von ihr Kenntnis hat, der hat nach einer gewissen Zeit kein Recht mehr, dagegen vorzugehen.


Unlauterer Wettbewerb

Neben den Vorschriften des Marken- und des Namensrechtes gilt es schliesslich auch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten. Als unlauter gelten Namen, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen. Ob effektiv eine Verwechslung stattgefunden hat, braucht nicht bewiesen zu werden. Es genügt bereits die Schaffung einer Verwechslungsgefahr, auch wenn sie ohne böswillige Absicht erfolgt. Konkret: Wenn Sie (a) mit Ihrem Domainnamen eine Verwechslungsgefahr zu einer bekannten Marke herbeiführen (z. B. mikrosoft statt microsoft) oder (b) eine Firma in ihrem Wirken unberechtigt behindern, indem Sie ihr den Domainnamen vor der Nase wegschnappen und ihn dann zum Kauf anbieten oder (c) den Namen eines Konkurrenten oder eines verhassten Prominenten in herabsetzender oder verleumderischer Weise benützen (z.B. www.microsoft.stinks.com), werden Sie grundsätzlich schadenersatzpflichtig. Wenn Sie es willentlich tun, machen Sie sich sogar strafbar.
Das Motto bei der Suche eines neuen Domainnamens kann deshalb nur heissen: Lieber vorbeugen als nachträglich zur Kasse gebeten werden. Auch wenn Beispiele wie www.winterthur.ch oder www.root.ch, wo Gemeinde und gleichnamige Firma eine gemeinsame Eintrittspage unterhalten, beweisen, dass es auch anders geht.




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