Akzente und Umlaute in Domainnamen

Das Schweizer Internet-Alphabet wird um 31 Zeichen erweitert. Statt «buehrer.ch» kann eine Domain neu auch «bührer.ch» heissen. Ob das ein Vor- oder ein Nachteil ist, zeigt die Zukunft.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/05

     

Eine Präsenz im Internet ist für viele Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Der Schlüssel dazu ist ein geeigneter Domainname. Bei der Wahl eines Domainnamens war man bisher an 37 Zeichen gebunden. Inzwischen wurden international die nötigen technischen Vorkehrungen getroffen, damit die zulässige Anzahl Zeichen zur Bildung eines Domainnamens erhöht werden kann. Seit letzter Woche stehen auch im deutschsprachigen Raum die sogenannten Internationalized Domain Names (IDN) zur Verfügung. In der Schweiz können 31 weitere Zeichen registriert werden, in Deutschland gar 92. Bei den neuen Zeichen handelt es sich vor allem um Umlaute und Akzente. Erstmals kommen so auch die Müllers, Décaillet und Bertè im Land in den Genuss von namensechten Internetadressen. Wegen der Beschränkung auf den englischen Zeichensatz blieb ihnen das bisher verwehrt.



Intuitivere Domainnamen erhöhen zweifelsohne die Verständlichkeit und Akzeptanz einer Homepage, was sich positiv auf die Anzahl der Besuche auswirkt. Ebenso wird der Wert eines Namens oder einer Marke gesteigert, wenn diese mit dem Domainnamen identisch ist. Da Umlaute und Akzente bisher nicht registriert werden konnten, ist ein nicht unbedeutender Vorrat an Namen, Marken und Begriffen noch frei verfügbar. Kein Wunder also, dass es am Starttag der Registrierung zu einem regelrechten Run auf die neuen Namen kam. Nach sechs Stunden waren bei der Schweizer Domainregistrierungsstelle Switch bereits 112’000 Anfragen eingegangen. Zum selben Zeitpunkt zählte man bei Denic in Deutschland gar 350’000 Anfragen.




Doch auch die Nachteile der neuen Situation sind nicht zu unterschätzen. Mit der Einführung der neuen Zeichen verliert die Domainschreibung ihre Eindeutigkeit. Schreibt sich die E-Mail-Adresse von Andreas Müller jetzt «müller» oder «mueller»? Was vorher klar war, ist es jetzt nicht mehr. Zudem wird eine Homepage mit Umlauten vorderhand nur in denjenigen Ländern attraktiv sein, die über dieselben Schriftzeichen verfügen. Die Schweizer Firma «Bührer» wird sich mit ihren Produkten unter www.bührer.ch lediglich an einen deutschsprachigen Kundenkreis wenden, weil andere Länder die neuen Adressen tastaturbedingt gar nicht ansteuern können.



Ein weiteres Problem: Die neuen Umlaut-Domains werden erst von wenigen Browsern und E-Mail-Programmen unterstützt. Die Anwender müssen ihren Computern die Umlaute und Akzente erst noch beibringen, d.h. sie müssen ihre Browser technisch nachrüsten. Um die volle Funktionalität der neuen Domains nützen zu können, ist die Verwendung eines aktuellen Browsers wie Mozilla 1.5 oder Safari 1.2 für Mac-User unabdingbar. Wer mit dem Internet-Explorer im Netz surft, muss das kostenlose Plug-in «i-Nav» von VeriSign installieren. Erst mit Hilfe dieses Tools ist der weit verbreitete Internet Explorer IDN-kompatibel. Dasselbe gilt für die beiden E-Mail-Programme von Microsoft, Outlook und Outlook Express. Die entsprechenden Flickprogramme finden sich auf der Site von Switch(www.switch.ch/de/id/idn/
apps.html). Diese Patches bedeuten für den Normalsurfer eine spürbare Erleichterung in der Nutzung von Umlaut-Domains, auch wenn sich die Experten einig sind, dass es noch ein bis zwei Jahre dauern dürfte, bis perfekt funktionierende, IDN-fähige Browser allgemeiner Standard geworden sind.


Die technische Lösung

Um die Einmaligkeit von Domainnamen weltweit zu gewährleisten, wird jeder Name im Domain Name System (DNS) eingetragen. Damit das DNS, welches die mit IDN neu eingeführten Zeichen auch in Zukunft nicht versteht, effektiv funktioniert, müssen Domainnamen mit Umlauten oder Akzenten von einem Algorithmus bearbeitet werden. Die daraus resultierende Zeichenkette ist aus technischen Gründen um einige Stellen länger als der Domainname selbst. Massgebend für die maximale Länge eines
Domainnamens ist die technische Begrenzung von 63 Stellen im DNS. Der
Domainname «buehrer.ch» ist 7 Stellen lang, der neue Name «bührer.ch» zählt dagegen 13 Stellen. Dessen DNS-Eintrag lautet nach der algorithmischen Bearbeitung nämlich: «xn—bhrer-kva.ch». Fazit: Mit der Einführung von IDN wird der Eintrag im DNS erstmals nicht mehr identisch mit dem Domainnamen sein. Dafür können neu auch Domainnamen ohne Umlaute und Akzente in einer maximalen Länge von 63 Stellen registriert werden.


Beschwerde abgelehnt

Wer bisher einen Domainnamen mit ue, ae oder oe registriert hat, hat keinen Anspruch auf den analogen Namen mit Umlaut. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) hat eine Beschwerde des Internetportals «reisen.ch» abgelehnt, die sich gegen das Vergabeverfahren für Domains mit Umlauten richtete. Die Beschwerdeführerin hatte die Einführung einer sogenannten «Sunrise»-Periode gefordert, in welcher die Inhaber von ue-/ae-/oe-Domains ihre kennzeichenrechtlichen Vorrechte hätten geltend machen können. Das von Switch angewendete Prinzip «first come, first served» entspreche den erlassenen Vorschriften und den internationalen Gepflogenheiten, liess BAKOM-Sprecher Bernhard Bürki auf Anfrage verlauten. Zudem lehnte die Rekurskommission des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) kurz vor dem Vergabestart der neuen Umlaut-Domains superprovisorische Massnahmen zum Stopp der Domainvergabe ab.




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