Datenberge im Griff
Quelle: swiss made software

Datenberge im Griff

Die dezentrale Ablage medizinischer Daten unter Berücksichtigung der Jurisdiktion und unter Verwendung von Wearables ist die Spezialität von Pryv.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/01

     

Die Verwaltung und Aufbewahrung medizinischer Daten ist heikel. Die Menge ist gross und nimmt ständig zu. Ein Treiber ist der Trend zur Selbstvermessung, das Quantified Self. Ins Spiel kommen hier allerlei neue Sensoren und Wearables. Diese produzieren nicht nur viele Daten, sondern legen diese in unterschiedlichsten Silos auf verschiedene Arten ab. So entstehen disparate Datenberge, verteilt rund um den Erdball. Ordnung in dieses digitale Tohuwabohu bringen will das Lausanner Start-up Pryv.
Seit Oktober 2014 bietet das Unternehmen eine Datenverwaltungslösung für Businesskunden. Deren Entwicklung begann bereits 2012. Damals wollten die sechs Gründer aus dem EPFL-Umfeld eine Endkunden-Lösung schaffen, die ihnen die Kontrolle über die eigenen Daten ermöglicht. Dafür schufen sie einen ganzen Software-Stack. Allerdings gelang es nicht, die notwendigen Gelder zu akquirieren, um das Frontend fertigzustellen. Aus der Not wurde eine Tugend und Pryv änderte die Zielkundschaft von Privat auf Business.

Wearables und andere Sensoren

Schliesslich war das grundlegende Problem auch hier vorhanden. Zahlreiche Geschäftsideen fussen auf der Erhebung von Daten mittels sogenannter Wearables oder anderer Sensoren, deren Speicherung und schliesslich Verarbeitung. Hier setzt Pryv in seiner zweiten Inkarnation an, zum Beispiel bei der Altenpflege. Ein Kunde des Unternehmens ist spezialisiert auf Notfallerkennung bei allein lebenden Senioren. Deren Wohnungen werden mit Sensoren an Türen, Kühlschränken oder Couch und Bett ausgestattet. Die Interaktion der Menschen mit den Sensoren wird aufgezeichnet und nach einer Weile können Anomalien erkannt und gegebenenfalls Notfalldienste alarmiert werden.
Sensoren und Analyse obliegen Pryvs Kunden, setzen aber auf der Pryv-Datenbank auf. Diese wird direkt von den selbstentwickelten Sensoren des Partners gefüttert, kann aber auch mit fast allen anderen gängigen Marken sprechen. «Im letzten Jahr erkannte man in der Wearables-Industrie, dass es ohne offene APIs nicht geht. In Folge sind praktisch alle APIs offengelegt worden», so Pierre-Mikael Legris, CEO von Pryv.

Endkunden haben Kontrolle

Zwischen Sensor, App (viele Sensoren sprechen nur mit Handys) und Datenbank muss ausserdem keine weitere Software für Übersetzung und Authentifizierung sorgen. Pryv hat bereits entsprechende Libraries an Bord. Ausserdem verfügt die Software über eine Logik, welche die übermittelten Daten immer auf dieselbe Weise im Backend ablegt – ganz egal, wie die Erfassung funktioniert hat. So kann das Fabrikat der Sensoren jederzeit gewechselt werden, beziehungsweise können auch Daten aus anderen Quellen ohne Probleme integriert werden. Das ist auch von Vorteil, wenn man über die Landesgrenzen hinweg aktiv sein möchte, denn gesetzliche Rahmenbedingungen spielen hier eine wichtige Rolle. So werden Daten auch geographisch nur in Jurisdiktionen gespeichert, in denen sie lagern dürfen, beziehungsweise nur Daten zusammengeführt, die man kombinieren darf.

Interessanterweise darf hier auch der Patient mitreden – sofern der Anbieter dies erlaubt. Ein mögliches Szenario ist die Weitergabe der Sensordaten an Dritte, zum Beispiel Familienangehörige. Diese können direkt einsehen, ob es irgendwelche Unregelmässigkeiten gibt oder ob man lieber später anruft, da der Senior noch im Bett liegt. Das ist zwar löblich, aber nicht im Interesse eines jeden Menschen, auch wenn er gebrechlich ist. Deshalb kann dieser bestimmen, wie genau die Aussagen sind. Das Spektrum reicht hier von «Alles in Ordnung» bis «Macht gerade die Kühlschranktür auf». Die Berechtigung vergibt der Senior selbst mit einem eigenen Token.
Das Anwendungsspektrum ist natürlich deutlich weiter und Pryv hat schon andere Projekte in Arbeit.


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