Die digitale Revolution - ihre Väter und Kinder
Quelle: SwissICT

Seitenblick

Die digitale Revolution - ihre Väter und Kinder

Von Dr. Thomas Flatt

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2016/05

     

Diese Kolumne schreibe ich einen Tag nach dem 30.4.2016, dem 100. Geburtstag von Claude Elwood Shannon, und ich tue dies, nicht ganz zufällig, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Shannon hat nicht nur das Bit erfunden und mathematisch beschrieben (deshalb auch ein Shannon = ein Bit), er hat mit seiner Masterarbeit als 21-jähriger die Grundlage für digitale Schaltungen gelegt, auf denen all unsere Computer bis heute basieren.
Aber damit nicht genug, er hat auch die mathematischen Grundlagen von Kommunikationssystemen beschrieben und war Mitbegründer der modernen Kryptologie als eigenständige Wissenschaft. Dass er so ganz nebenbei auch Schachcomputer entwickelt, Black Jack gespielt und dank seiner «High-Low Methode» auch gewonnen hat, erscheint dabei fast schon nebensächlich. Shannon war vermutlich eines der wenigen Universalgenies des 20. Jahrhunderts. Ein Begründer der digitalen Revolution, und deshalb oute ich mich hier gerne als einen seiner Fans.

Vielleicht nicht gerade als Fan, aber zumindest als kritischer Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens habe ich mich an dieser Stelle auch schon geoutet. Geoutet hat sich auch die Berner Juso-Präsidentschaftskandidatin Tamara Funiciello, als sie ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Grundeinkommen kommunizierte und gleichzeitig den Vorschlag einer 25-Stunden-Woche lancierte – um Effekte von Digitalisierung und Robotisierung aufzufangen. Sie meint, dass mit einer 25-Stunden-Woche der Druck auf die Löhne geringer sein werde.
Mit diesem Vorschlag zeigt sie, dass sie das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) nicht verstanden hat oder zumindest dessen Vorzüge gegenüber allen anderen Formen von Umverteilung und Schutz der Schwächeren negiert.

Das BGE ist in seinem Charakter extrem libertär, aber gewürzt mit einer gehörigen Prise sozialen Gewissens. Mit dem BGE brauchen wir nicht mehr über Mindestlöhne, Regulation des Arbeitsmarktes, Ladenöffnungszeiten etc. zu streiten. Dass dies Gewerkschaften und linken Parteien wenig gefällt, ist klar, denn ihnen würde die Existenzgrundlage entzogen. Aber auch die rechten Parteien und Stammtischpolitiker müssten sich von Schimpfworten wie «Sozialschmarotzer» und Ähnlichem verabschieden. Für mich ein wirklich attraktives Zukunftsbild.
Ich bin überzeugt, dass ein Mathematiker mit dem Geist eines Shannon bestimmt beweisen könnte, dass die Gesamtgewinne aus einem BGE grösser sind als dessen Kosten. Und ich bin froh, dass es bereits Initiativen gibt, das BGE in grösseren Feldversuchen zu testen. Dies wird aber voraussichtlich irgendwo auf der Welt (z.B. Kenia – givedirectly.org) stattfinden und nicht in der Schweiz. Und vermutlich werden es wieder einmal Unternehmer und Vordenker aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten sein, die es einfach tun werden.
Auf welchen Mond möchten Sie fliegen?



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