Gibt es in der ICT noch einfache Jobs?
Quelle: R.Mueller. CC BY-NC 2.0

Gibt es in der ICT noch einfache Jobs?

Von Barbara Jasch

Der Beruf «Informatikpraktiker» ist in der Totalrevision. Braucht es die Ausbildung noch? Der Stand der Debatte.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2016/03

     

Das Schweizerische Berufsbildungssystem ist für seine Erfolge berühmt. Über 90 % der Jugendlichen verfügen über einen Abschluss auf der Stufe Sek II (Berufsbildung). Die Maturitätsquote ist bei 20 %. Das System ist so erfolgreich, weil Bund und Kantone aktiv mit der Wirtschaft (Betriebe, Berufsverbände) zusammenarbeiten. So werden die Kompetenzen ausgebildet, welche die Betriebe auch benötigen.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Durchlässigkeit: Wer will und über die nötige Motivation und kognitiven Fähigkeiten verfügt, kann sich durch jede Bildungsstufe weiterbringen. Eine Bedingung für die Weiterbildung (tertiäre Bildung folgt auf die Grundbildung, Sek II-Stufe) ist jedoch mindestens eine Berufslehre mit EFZ (eidg. Fähigkeitszeugnis, Details s. Kasten) oder eine gymnasiale Matur.

Jährlich 103 Absolventen in der ICT

Ein weiterer Weg ist das EBA (eidg. Berufsattest), das in zwei Jahren gewisse Grundfertigkeiten in einer Branche vermittelt. Es soll auch schulisch schwächeren Jugendlichen (Sek C) oder solchen in schwierigen Situationen (familiär, persönlich, Migration usw.) einen Einstieg ins Berufsleben ermöglichen mit einem formalen Abschluss, der ihnen eine Arbeitsmarktfähigkeit attestiert. Die ICT hat 2009 das Pilotprojekt «Informatikpraktiker» gestartet, das 2011 mit der Bildungsverordnung in Kraft getreten ist.
Resultat: 2014 gab es in der ICT 1742 EFZ- und 103 EBA-Absolvierende schweizweit (bei total rund 61‘000 EFZ- und rund 5‘800 EBA-Abschlüssen, so bfs.admin.ch).
Mit den Themen wie Digitalisierung, Industrie 4.0, Disruption, Big Data und Fachkräftemangel drängt es sich auf, genauer hinzuschauen, welche Jobs denn in Zukunft noch Jobs sind. Düstere Prognosen sprechen von einem Abbau von bis 50 % der bestehenden Jobs. Gemäss all den Zukunftsforschungen nimmt die Komplexität unserer Umwelt zu, um den Menschen ein einfacheres (kontrolliertes?) Leben zu ermöglichen.

Ein Beruf auf dem Prüfstand

Was passiert in diesem Kontext mit dem EBA? Braucht es diese Ausbildung? Laut Bundesamt für Statistik sind die EBA über alle Berufe am Zunehmen (plus 17% von 2013 auf 2014). Beim Informatikpraktiker hingegen sind die Zahlen stagnierend bis rückläufig.
ICT Berufsbildung Schweiz packt dieses Jahr die Totalrevision des Informatikpraktikers an, gibt es doch Inhalte im Bildungsplan, welche heute so nicht mehr gebraucht werden. Zudem wurde über eine breitangelegte Arbeitsmarktanalyse nachgefragt, was die Firmen über den Informatikpraktiker denken. Es müssen Fragen geklärt werden wie: Wieso gibt es nicht mehr Ausbildungsplätze? Wo werden die EBA-Absolventen angestellt? Welche Inhalte sollen ausgebildet werden?
Zudem wird wohl die Möglichkeit geprüft, ob neu auch in der ICT-Branche eine dreijährige EFZ-Ausbildung valabel wäre. Über den Prozess wird ab Frühling 2016 auf www.ict-berufsbildung.ch berichtet.



Glossar, Akteure, Detail-Infos

BIVO/BIPLA = Jeder Beruf in der Schweiz hat eine BIVO (Bildungsverordnung) und einen Bildungsplan
EBA= eidg. Berufsattest (zweijährige Grundausbildung, niederschwellig)
EFZ = eidg. Fähigkeitszeugnis (drei- oder vierjährige Berufslehre)
Die Rahmenbedingungen für eine formale Bildung werden in der Verbundpartnerschaft Bund/Kantone/Berufsverband (ODA) ausgearbeitet
Alle fünf Jahre soll der Berufsverband die BIVO und den BIPLA überprüfen und allfällige Revision anstossen
Bund= SBFI, Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation
Kantone = Vertreter der SBBK (Schweiz. Berufsbildungskonferenz), sprich MBAs der Kantone
OdA= Organisation der Arbeitswelt (Berufsverband für die Bildung in der Branche)
Mehr zur Revision: www.ict-berufs-bildung.ch/themen/projekte/



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