Editorial

Sutters Bits & Bytes: Alles SUGUS oder was?


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/04

     

Wollen Sie Aufmerksamkeit erregen? Gratis für Ihr Unternehmen werben? Nichts einfacher als das, sofern Sie sich an das Zwei-Phasen-Konzept halten. Schritt 1: Machen Sie eine Umfrage oder lassen Sie ein Gutachten erstellen. Schritt 2: Veröffentlichen Sie das Ganze als Studie. Studie tönt immer gut, tönt wissenschaftlich. Studien segeln quasi im Wind, den sie selbst machen. Beispielsweise fand kürzlich eine Firma per Umfrage heraus, dass drei Viertel der befragten Teilnehmer die Handytarife in der Schweiz gegenüber unseren Nachbarstaaten hoch finden (sogenanntes Konsumentenschutz-Syndrom). Auf diese geradezu sensationelle Erkenntnis wartete die halbe Menschheit, und sie verbreitete sich denn auch blitzartig in der ganzen Schweiz. Aufmerksamkeit erregt, Werbezweck erfüllt, Ziel erreicht, volkswirtschaftlicher Nutzen null. Sozusagen die beste nutzlose Studie.
Interessant an diesem Vorgang war die Reaktion der Medien. Die Meldung wurde weitgehend unkommentiert übernommen. Keine Nachfragen, keine kritischen Kommentare, nichts. Seit Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben sie an Studien. Niemand stellte die Frage, weshalb trotz gefühlt hoher Tarife dauernd und überall telefoniert wird. Keiner machte auf den Widerspruch aufmerksam, wonach zwei Drittel der befragten Personen seit mehr als fünf Jahren ihren Telekomanbieter nicht wechselten. Auch nirgendwo ein Hinweis auf die Lohn- und Kaufkraftunterschiede von 30 und mehr Prozent gegenüber dem Ausland. Und bekanntlich liegen mit Ausnahme der Schweiz alle andern Länder im Ausland.
Wir hingegen gingen der Sache auf den Grund. Mittels einer eigenen Studie nach der bekannten SUGUS-Mithör-Methode («Sutters Umfragen, Gutachten, Untersuchungen und Studien») wollten wir herausfinden, ob und wie die wahrgenommenen hohen Tarife mit Gesprächsinhalten und -lautstärken korrelieren. Die nichtrepräsentative Umfrage fand in SBB-Zügen sowie Zürcher und Berner Trams in der Zeit vom 1. Februar bis 15. März statt.

Wir publizieren hier im «Swiss IT Magazine» exklusiv aus der Studie. Zuerst zur Gesprächslautstärke: Sie schwankte gefühlt zwischen 73 und 112 Dezibel, was einem Geräuschpegel zwischen Staubsauger und Kettensäge entspricht. Trotzdem konnte das Geschwätz meist nur von den im gleichen Wagen reisenden Passagieren mitgehört werden.
Zu den Gesprächsinhalten einige konkrete Beispiele: Ein Mann im besten Alter bezahlte für einen längeren Dialog «Ich bin hier, wo bist du?» gegen 40 Rappen. Eine ältere Dame musste für ein «heute Abend gibt’s bei uns Stocki» dagegen nur 15 Rappen auslegen. Wohingegen einem Rentner, der seiner Frau mitteilte, dass er im Coop die Bratwürste zu kaufen vergass, für dieses Kurztelefon sogar 35 Rappen verrechnet wurden. Andererseits musste ein Geschäftsmann, der seine übliche Verspätungsmitteilung «Bin gleich da, fangt schon mal an» nur 10 Rappen bezahlen. Und schliesslich war da noch der Teenager, der seinen Kummer mit einer Kollegin teilte: «Stell dir vor, da sagte er mir doch gestern Abend…hallo… hallo? bist du noch da?» zum Prepaid-Abo-Preis von 1 Rappen pro Sekunde.
Was lernen wir daraus? Fazit 1: Die Übermittelung der meist bedeutungslos wichtigen Themen belastet unsere Mitbürger finanziell unmerklich schwer. Fazit 2: Eine eindeutige Wechselwirkung zwischen Handytarifen, Geschwätzinhalt und Lautstärke ist wissenschaftlich nicht nachweisbar. Gleiches gilt für die Gesprächslänge und Gesprächsbreite sowie das
Gegenteil.



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