Gemeinsame Kassen verwalten
Quelle: IOU

Gemeinsame Kassen verwalten

Ohne jegliche Programmierkenntnisse haben die zwei Studenten Jan Berchtold und Marc Brogli die Plattform IOU zur Verwaltung gemeinsamer Ausgaben entwickelt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/12

     

Wer in einer WG wohnt, mit Kollegen gemeinsam in die Ferien verreist oder sonstige Kosten mit weiteren Parteien teilt, der kennt die Problematik der Kostenaufteilung. Schnell kann der Überblick verloren gehen, wer bereits wie viel bezahlt hat. Das sorgt rasch einmal für erhitzte Gemüter. Wer dennoch keine Lust hat, akribisch jede Ausgabe mühsam zu protokollieren, der könnte an IOU – ausgesprochen «I owe you» – Gefallen finden. Denn dabei handelt es sich um eine Internet-Plattform zur Verwaltung gemeinsamer Kassen.


Die Webseite IOU.ch ist nun seit einem halben Jahr aufgeschaltet und bereits werden rund 2500 Kollektivkassen mit insgesamt knapp 3,8 Millionen Franken eingetragenen Ausgaben darüber verwaltet. Hinter IOU stecken Jan Berchtold und Marc Brogli, die zusammen in einer WG wohnen. Die Idee für die Plattform entstand vor rund zweieinhalb Jahren – ursprünglich aufgrund des eigenen Bedürfnisses nach einer einfachen Möglichkeit, gemeinsame Kosten zentralisiert zu verwalten. Auf die Idee folgte eine erste Version in Form eines Excel-Sheets, das jeweils allen Beteiligten per Mail zugesandt werden musste. «Plötzlich wurden es immer mehr Leute, die unser Sheet verwendeten. Das Feedback war eigentlich immer positiv, also dachten wir uns: ‹Wieso das Ganze nicht etwas grösser aufziehen und online zentralisiert zur Verfügung stellen?›»

Als IT-Newbies angefangen

Was als kleines Helferlein für persönliche Zwecke begonnen hatte, nahm schon bald ein unerwartet grosses Ausmass an. Von Beginn weg war es den beiden Gründern ein Anliegen, vollständig zu verstehen, was im Hintergrund abläuft. Anstatt die Entwicklung der Plattform extern in Auftrag zu geben, setzten sie deshalb, abgesehen von diversen Hilfestellungen, alles alleine um. Eine besondere Herausforderung war es für die in den Bereichen Wirtschaft respektive Maschinenbau angesiedelten Studenten, sich das notwendige technische Wissen anzueignen: «Als wir angefangen haben, da wusste ich nicht einmal genau, was eine Datenbank ist, geschweige denn wie PHP funktioniert.» Im Nachhinein betrachtet seien dieser ganze Lernprozess sowie die eigenhändige Programmierung gar eine Art notwendiger Prozess gewesen, um überhaupt eine klare Vision des Endproduktes zu erhalten: «Bei einer ersten Version, die wir programmiert hatten, erkannten wir dann erst, dass auch konzeptionell nicht alles ganz stimmte. Hätten wir von Anfang an alles in Auftrag gegeben, dann hätten wir eine Riesensumme in den Sand gesetzt.» Auf die Frage, wie viel Zeit das Projekt insgesamt in Anspruch genommen habe, meint Brogli: «Wir haben uns das gar nie so genau überlegt, sondern haben einfach einmal angefangen. Gerade zu Beginn, als wir noch keine grossen Erfahrungen im Bereich Programmierung und Webdesign hatten, kam es natürlich des Öfteren vor, dass wir nächtelang durcharbeiteten. Wir hatten aber nebenbei immer noch andere Dinge wie Studium oder Jobs parallel am Laufen.»

Geld verdienen nicht erste Priorität

Da IOU komplett kostenlos zur Verfügung gestellt wird, haben die beiden Studenten mit dem Projekt bisher noch keine Einnahmen generiert. Die laufenden Kosten waren aber gering und konnten auch ohne Investor selbst gedeckt werden. Laut den Gründern war das vorrangige Ziel bisher, eine funktionstüchtige Plattform aufzuschalten, nicht jedoch möglichst schnell Gewinn damit zu erwirtschaften. «Jetzt, wo wir diese Basis haben, geht es nun auch darum, zu evaluieren, ob man in Zukunft eventuell kostenpflichtige Zusatzservices aufschalten wird. Wir denken nicht, dass die Leute für das Grundangebot gross bezahlen würden, weshalb wir unsere Einnahmen anderweitig machen müssen», erklären die beiden Gründer. Eine andere mögliche Einnahmequelle wäre natürlich die Aufschaltung von Werbeanzeigen. Es seien, was Werbung angeht, zwar Ideen vorhanden und auch schon erste Werbebanner vorbereitet worden, wirklich konkrete Pläne gebe es aber noch nicht, so Berchtold. Bevor eine allfällige Werbepartnerschaft zustande kommen könne, müsse erst ein bestimmtes Besuchervolumen erreicht werden. «Das wichtigste für unser Wachstum ist natürlich Mund-zu-Mund-Propaganda. Es würde wohl nichts bringen, Anzeigen in Zeitungen aufzuschalten», führen Berchtold und Brogli weiter aus.

Für das laufende Jahr haben die Jungunternehmer derweil noch andere Sorgen. Es ist nämlich geplant, eine App-Version von IOU zu lancieren, im Idealfall noch vor Ende dieses Jahres, spätestens aber im Februar 2012. Zusätzlich soll es mit der App möglich sein, Ausgaben im Offline-Modus einzutragen und nachträglich online zu synchronisieren. Dieses Mal verzichten sie aber darauf, die Anwendung selbst zu programmieren: «Wir haben es versucht, aber der Aufwand, nochmals eine neue Programmiersprache zu erlernen, wäre wieder riesig gewesen. Wir hätten vielleicht wieder eineinhalb Jahre gebraucht, die App muss aber jetzt dann kommen.» Die Anwerbung externer Entwickler mache das Projekt zwar deutlich kostenintensiver, trotzdem wird auch die App zu Beginn kostenlos erhältlich sein. (vs)


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