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Kolumne: Wer nicht ausbildet, zahlt später mehrfach!

Marc Marthaler zu den Kosten, die Lernende generieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2025/12

     

Die Ausbildung von Lernenden kostet. Daran führt kein Weg vorbei. Wie die neuste Studie der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB zeigt, ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis in der Ausbildung von Informatiker/-innen EFZ verglichen mit anderen Berufen jedoch besonders unausgeglichen – obwohl sich der Nettonutzen seit der letzten Erhebung signifikant erhöht hat. Gemäss der Studie bleibt ein Lehrbetrieb pro Lehrverhältnis auf 2260 Franken Nettokosten sitzen. Grund dafür sind in erster Linie die Lohnkosten und Ressourcen des Ausbildungspersonals, kombiniert mit dem tieferen Anteil an produktiven Tätigkeiten der Lernenden. Sie müssen sich zuerst komplexere Kompetenzen aneignen, bevor sie produktiv beitragen können.


Dieses monetäre Kosten-Nutzen-Verhältnis ist jedoch kein Grund, keine Lernenden auszubilden. Denn glauben Sie mir, es gibt mindestens 2260 Gründe, warum ein verantwortungsvolles Unternehmen es tun soll. Hier aus Platzgründen die Top 4:
Der zunehmende ICT-Fachkräftebedarf ist real. Bis 2033 werden der Schweiz über 50’000 ICT-Fachkräfte fehlen, wenn wir sie nicht zusätzlich ausbilden. Das zeigt die neuste Bedarfsprognose von BSS im Auftrag von ICT-Berufsbildung Schweiz. Die Opportunitätskosten, die bis 2030 durch fehlende ICT-Fachkräfte entstehen würden, wurden von Digitalswitzerland auf 31,1 Milliarden Franken beziffert. 81 Prozent der ICT-Fachkräfte entstammen der Berufsbildung. Lehrstellen sind der wirksamste und nachhaltigste Weg, um den zunehmenden Bedarf mit qualifizierten Fachkräften zu decken.


Weiterbeschäftigung zahlt sich aus. Behalten Sie Ihre Lehrabgänger im Betrieb, profitieren Sie von passgenau ausgebildeten Fachkräften, die darüber hinaus die Kultur, die Prozesse und das Netzwerk Ihres Unternehmens bereits gut kennen. Jeder vermiedene Personalwechsel spart erhebliche Kosten, die durch Rekrutierung und Einarbeitung entstehen. Gemäss der EHB können Sie im Schnitt pro Lehrverhältnis rund 26’100 Franken einsparen, wenn Sie Ihre Lernenden weiterbeschäftigen, anstatt Fachkräfte über den externen Arbeitsmarkt zu rekrutieren.
Wer Wissen weitergibt, reflektiert Prozesse und verbessert sie. Indem Sie Aufgaben erklären, strukturieren und verständlich vermitteln, setzten Sie sich automatisch intensiver mit den eigenen Arbeitsabläufen auseinander. Dadurch werden blinde Flecken sichtbar: Routinen, die man bisher vielleicht nie hinterfragt hat, werden neu bewertet. Auch die Lernenden selbst bringen frische Perspektiven, neue Technologien und aktuelles Fachwissen aus der Schule ein. Sie stellen Fragen, die zum Nachdenken anregen, und hinterfragen Altbewährtes. Dies gibt neue Impulse, die den Betrieb agil, offen für Veränderungen und zukunftsorientiert halten.

Unternehmen, die Lernende ausbilden, senden ein starkes Signal. Sie übernehmen Verantwortung für die nächste Generation, investieren in den Standort und stärken das Bildungssystem. Dieses Engagement wirkt weit über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus: Ausbildungsbetriebe werden in der Öffentlichkeit als zuverlässig, vertrauenswürdig und zukunftsorientiert wahrgenommen – Eigenschaften, die allgemein positiv bewertet werden. Dies steigert die Attraktivität des Standorts für Wirtschaft und Talente.


Selbst wenn Lernende kurzfristig mehr kosten als sie nutzen, entsteht langfristig ein Mehrwert. Investieren Sie in die Ausbildung und damit in Ihre Zukunft – mit passgenau ausgebildeten ICT-Fachkräften.
Marc my words.

Marc Marthaler

Kolumnist Marc Marthaler ist Geschäftsführer von ICT-Berufsbildung Schweiz. Nach dem Lehrerpatent hat er Sport an der Universität Bern studiert und war danach in verschiedenen Führungspositionen im Bildungsumfeld tätig. Er hat je einen MAS-Abschluss in Supervision & Organisationsberatung sowie Human Capital Management.


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