Immer mehr Unternehmen möchten ihren Angestellten temporäres Arbeiten aus dem Ausland ermöglichen, sei es als Workation im Ferienhaus oder bei längeren Geschäftsreisen (Infobox). Doch für Personaler und HR-Verantwortliche wirft jeder einzelne Auslandeinsatz eine Vielzahl rechtlicher Fragen auf bezüglich Visa, Sozialversicherung, Steuer und Arbeitsrecht. Das Zürcher Start-up
Vamoz adressiert dieses Problem mit einer cloudbasierten SaaS-Plattform: Sie prüft automatisiert, ob der Auslandeinsatz eines Mitarbeitenden rechtlich problematisch ist und leitet alle nötigen Schritte für die Planung ein. Mitgründer und COO Daniel Dietrich bringt die Mission auf den Punkt: «Wir wollen Unternehmen dabei helfen, ihre Mitarbeitenden zeitlich begrenzt aus dem Ausland rechtskonform arbeiten zu lassen».
Ein Buch allein löst das Problem nicht
2020 sass Dietrich wegen der Reisebeschränkungen im Zuge der Covid-Pandemie im Ausland fest. Zurück in der Schweiz hörte er von vielen Bekannten und Kolleginnen dieselbe Frage: Wie kann man rechtssicher im Ausland arbeiten, wenn das eigene Unternehmen dafür keine Regeln hat? Aus diesem konkreten Bedarf heraus nahm Dietrich Kontakt zu Co-Founderin Isabelle Wildhaber auf, die kurz zuvor ein Buch zum Homeoffice in der Schweiz veröffentlicht hatte. Beiden wurde klar, dass sich Remote Work im Ausland nicht mit einem weiteren Buch lösen lässt – zu individuell sind Zielort, Dauer und Tätigkeit. Statt Theorie brauchte es ein Tool, das diese Faktoren systematisch erfasst und rechtssicher auswertet.
Gemeinsam starteten sie Pilotprojekte mit diversen Unternehmen, um eine geeignete Lösung zu entwickeln. Die erste Version funktionierte als erweitertes Excel-Tool. Als die ersten Firmen klaren Mehrwert sahen und bezahlten, war der Bedarf validiert – Johannes Pecher schloss sich als Co-Founder fest an. Durch das enge Arbeiten mit echten Fällen wird schnell klar, welche Eingaben Mitarbeitende liefern müssen, damit eine rechtssichere Analyse möglich ist. Dieses gezielte Lernen habe die Entwicklungszeit erheblich verkürzt und führte rasch zu einem passgenauen Software-Produkt.
Die
Vamoz AG wurde 2022 in Zürich gegründet. Bereits im Gründungsjahr erzielte das Unternehmen erste Umsätze und wächst seither in der Schweiz beständig. Heute verantwortet Daniel Dietrich das Business Development, Isabelle Wildhaber bringt als Arbeits- und Sozialversicherungsrechtlerin das juristische Fundament ein, und Johannes Pecher leitet Entwicklung und Technik.
Compliance aus einer Hand
Das Start-up bietet eine End-to-End-SaaS-Lösung für die Compliance bei Auslandseinsätzen. In der Praxis bedeutet das: Personaler legen für jeden Arbeitseinsatz im Ausland über die Plattform einen Fall an, die Software ermittelt anschliessend automatisch alle relevanten Bestimmungen – von Aufenthalts- und Arbeitsrecht bis zu Steuer- und Sozialversicherungsvorschriften. Dietrich hebt hervor: «Es ist eine End-to-End-Lösung, mit der man die komplette Workation planen, vorbereiten und umsetzen kann, indem man den Grossteil der Prozesse an uns auslagert».
Derzeit besteht Vamoz aus drei Modulen: Ein Workation-Modul (für vorübergehendes Arbeiten im Ausland), ein Geschäftsreise-Modul sowie ein Grenzgänger-Modul (für Mitarbeitende, die in einem Land wohnen und in einem anderen arbeiten). Das System führt rechtliche Risikoanalysen durch, ob zum Beispiel eine Sozialversicherungspflicht besteht, und verwaltet alle erforderlichen Formulare wie A1-Zertifikate (Infobox). Für jeden Einzelfall liefert das System eine software-gestützte Voranalyse, während die finale rechtliche Prüfung von einem internen Rechtsteam vorgenommen wird.
Laut Webseite vertrauen bereits über 50 Arbeitgeber auf Vamoz. Geographisch liegt der Schwerpunkt in der Schweiz: «Unser Kernmarkt ist die Schweiz. Ergänzend konnten wir auch die DACH-Region erschliessen – mit Fokus auf Deutschland und Österreich», ergänzt Dietrich. Zugleich hat das Start-up Regelungen für über 100 Zielländer in der Datenbank hinterlegt. Für das kommende Jahr plant
Vamoz, schrittweise weitere Ausgangs-Länder, vor allem in Europa, zu integrieren.
Das Fallmanagement-Dashboard von Vamoz gibt HR-Teams einen strukturierten Überblick über laufende Anträge, Reiseländer und Bearbeitungsstände – zentralisiert und visuell aufbereitet. (Quelle: Vamoz)
Fokus auf Schweizer KMU und Grossunternehmen
Vor allem mittelständische und grössere Unternehmen (ab rund 50 Mitarbeitern), deren Angestellte flexibel arbeiten können, etwa IT-, Finanz-, Marketing- oder Beratungsfirmen, will
Vamoz mit seinem Software-Produkt ansprechen. Dietrich betont: «Was uns besonders auszeichnet, ist, dass unser Fokus von Anfang an auf der Schweiz lag. Die Schweiz ist nicht Teil der EU, daher gibt es hier besondere Regelungen. Für uns stand von Anfang an die Compliance im Zentrum – wir wollten nicht zu Lasten der Rechtssicherheit wachsen». Diese schweizweite Expertise bei Sozial- und Steuerrecht verschafft Vamoz laut den Gründern einen grossen Wettbewerbsvorteil: Aktuell sei Vamoz der einzige Anbieter in der Schweiz, der alle relevanten Rechtsbereiche für Auslandseinsätze abdeckt.
Vermarktet wird die Workation-Lösung klassisch mit reiner B2B-Ausrichtung: Zielkunden sind Unternehmen, lizenziert wird die Plattform als Abo-Modell, das monatlich oder jährlich abgeschlossen werden kann. Vor allem Personalabteilungen (HR) setzen auf das Produkt, aber oft auch IT- oder Finanzverantwortliche, die mit Compliance-Themen betraut sind. Interessanterweise komme der Impuls laut Dietrich häufig von den Mitarbeitenden selbst: Internationale Angestellte bringen das Thema «Arbeit aus dem Ausland» gerne intern ein. Dietrich beobachtet, dass besonders in kleinen Firmen zuerst Mitarbeitende über Vamoz gestolpert seien und das Thema dann ihren Arbeitgebern vorgelegt hätten.
Ausblick und Wachstumsperspektive
Finanziell gesund unterwegs, richtet
Vamoz den Fokus nun auf Wachstum. Die Gründer nennen als mittelfristiges Ziel, Vamoz in Europa zum führenden Anbieter für rechtssichere Remote-Arbeit im Ausland zu machen. Ebenfalls ist geplant, das Produkt sukzessive in allen EU/EFTA-Ländern anzubieten. Aber das Wachstum soll nachhaltig erfolgen: Rechtssicherheit steht über Schnelligkeit.
(dow)
Infobox
Unterschied zwischen Workation und Dienstreise
Workation bezeichnet ein flexibles Arbeitsmodell, bei der eine Person ihre reguläre berufliche Tätigkeit vorübergehend von einem anderen Ort im Ausland aus ausübt. Im Gegensatz zu einer Dienstreise, bei der der Aufenthalt klar arbeitsbezogen und meist durch betriebliche Anforderungen und Termine bestimmt ist, wählt man bei einer Workation den Arbeitsort selbst und verbindet die Arbeit mit Freizeit an einem Wunschort.
A1-Zertifikat: Schutz im Ausland
Ein A1-Zertifikat ist eine offizielle Bescheinigung, die besagt, dass eine Person, die vorübergehend im Ausland arbeitet, weiterhin dem Sozialversicherungssystem ihres Heimatlandes unterliegt. Diese gilt insbesondere für die EU/EFTA-Staaten, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Für eine Workation (eine Arbeitstätigkeit im Ausland) ist das A1-Zertifikat ratsam, um zu verhindern, dass neben den Beiträgen im Heimatland auch im Ausland Sozialversicherungsbeiträge fällig werden.