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Kolumne: Telecom-Chästeilet oder echter Käse

Luzi von Salis mit einer kritischen Betrachtung des Bilanz Telecom Rating.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2025/10

     

Einmal mehr wurde im September das seit 26 Jahren jährlich durchgeführte Bilanz Telecom Rating publiziert. Marc Kowalsky beschreibt den Markt eifrig, wie er es immer in seinen Berichten tut. Es wird sich in der Branche gegenseitig auf die Schultern geklopft und gefeiert. Es fühlt sich wie auf einer Alp im Spätsommer an, wenn «Chästeilet» ist. Jeder bekommt einen Schnitz und feiert sich im Web, Newsletter und in der Öffentlichkeit. Wer hat jetzt in Qualität, Innovation, Preis und Flexibilität gewonnen und wer fühlt sich sonst noch als Gewinner. Bei Universalanbietern gibt es ja nur noch drei Anbieter mit eigenen Infrastrukturen. Ergo eigentlich ein Oligopol. Das Rating ist denn auch schön verteilt. Jede der Firmen darf bei Grosskunden, KMU und Privatkunden je einmal auf dem ersten Platz stehen. Welch eine Überraschung!


Zum Glück wurden die Kategorien etwas differenziert und erweitert, damit auch etwas differenziertere Sichten möglich werden. Wenn man aber genau hinschaut, sollte man ein wenig die Stirn runzeln. Bei Firmenkunden im Mobilbereich konnten iWay, Digital Republic und Galaxus obenaus schwingen. Keine Frage, sie alle machen sicher einen guten Job! Aber widerspiegelt dies wirklich die Realität in der Geschäftswelt? Ich bezweifle das ganz innig. Denn die meisten Geschäftskunden, die ich kenne, sind (wieder) bei Swisscom. Punkt. Warum? Weil der nicht bewertete Kundendienst gar nicht erst auftaucht. Und dort scheiden sich dann meist die Geister. Etwas muss ich dazu auch aus eigener Erfahrung berichten. Der Kundendienst von Swisscom ist wirklich kompetent und ich bin – mit ein bisschen nachhelfen – dann auch beim Level-3-Support, der einem wirklich reinen Wein einschenkt, ehrlich ist und einen unterstützt. Dasselbe Thema bei Sunrise ist dann schon wesentlich schwieriger bis unmöglich. Ich bekomme Antworten aus einem Callcenter von irgendwo ausserhalb der Schweiz, in geschliffenem Hochdeutsch, mit keiner Ahnung, was hier los ist und wie es läuft. Ihre Produkte kennen sie wohl und haben den Druck zum Verkaufen, aber technisch und administrativ waren es absolute Nieten. Bei Salt bekam ich auch gute Antworten und Kompetenz. Ich war positiv überrascht! Das ist zwar nur meine Erfahrung – jedoch wiederholt.
Wenn ich das Telecom-Rating bei den Datacentern anschaue, dann fehlen wichtige Player wie Equinix, NorthC und einige mehr, dafür sind Microsoft oder AWS gelistet, die beide gar keine eigenen Datacenter hier betreiben. Da frage ich mich, wie denn das zustande kommt...

Mit 9312 Antworten bei Privatkunden und gerade mal 867 Teilnehmern oder Firmenvertretern aus einem Pool von 320’000 physischen Firmen in der Schweiz – also nicht Briefkastenfirmen – ist ein so hochgepushtes Rating schon etwas gar mager ausgefallen. Finden Sie nicht auch? Gerade der Geschäftskundenbereich ist statistisch wirklich nicht relevant und entspricht auch nicht der Realität. Ich gehe davon aus, dass dies auch in vielen anderen Kategorien ähnlich zu beurteilen ist. Meine Annahme ist, dass viele Anbieter die Fragebögen gar nicht mehr verschicken. Sie schauen, was passiert und ob sie das Resultat dann irgendwie PR-technisch nutzen könnten. Eigentlich ist dieses Telecom Rating fürs Altpapier oder die elektronische Tonne. Sorry, Peter Messmann, Du machst als treibende Kraft des Ratings die Auswertung sicher richtig, aber leider hat die Relevanz keine echte Grundlage mehr. Ich bin hier raus.

Luzi von Salis

Luzi von Salis ist Geschäfts­führer der Firma Von Salis ­Engineering und agiert als Interim-­Manager, Konsulent sowie als «Business Troubleshooter» im ICT-Sektor. In seiner Kolumne kommentiert und beleuchtet er aktuelle Themen aus dem ICT-Bereich.
luzi.vonsalis@vseng.ch


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