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Start-up: Digitale Unterschrift mit Schweizer Qualität
Quelle: Certifaction

Start-up: Digitale Unterschrift mit Schweizer Qualität

Elektronische Signaturen versprechen Effizienz, werfen aber oft heikle Fragen zum Datenschutz auf. Das Zürcher Start-up Certifaction hat einen Weg gefunden, Dokumente digital zu unterschreiben, ohne dass sie je ein Dritter zu sehen bekommt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2025/10

     

Viele Geschäftsprozesse laufen heute zwar digital ab, doch spätestens beim Unterschreiben endet der Fluss: Verträge oder Vereinbarungen werden oft ausgedruckt, von Hand signiert, per Post verschickt und danach wieder eingescannt. Elektronische Signaturen könnten diesen umständlichen Ablauf ersetzen – wären da nicht Bedenken bezüglich der Vertraulichkeit. Die meisten E-Signatur-Dienste verlangen, dass man sensible Dokumente zum Unterschreiben auf die Server des Anbieters hochlädt. Gerade für Unternehmen mit strengen Datenschutzanforderungen ist das ein Problem. Eine Lösung für dieses Dilemma verspricht das Zürcher Start-up Certifaction: Seine E-Signatur-Plattform ermöglicht digitales Signieren mit höchstmöglichem Datenschutz.

Die zündende Idee

Der Ausgangspunkt von Certifaction war die tiefe Überzeugung, dass die Digitalisierung niemals auf Kosten der digitalen Souveränität gehen darf. Kurzerhand entwickelte das Team einen ersten Prototyp, bei dem sämtliche Dokumente lokal beim Nutzer verschlüsselt und signiert werden – so, dass Certifaction die Inhalte selbst nie zu Gesicht bekommt.

«Für uns war das ein echtes Aha-Erlebnis. Es war verrückt festzustellen, dass es so eine Lösung noch nicht gab – schliesslich will doch kein Unternehmen, dass Fremde ihre vertraulichen Dokumente mitlesen können», erinnert sich Manuel Gall, Mitgründer und Chief Business Development Officer von Certifaction. Die Erkenntnis: Eine wirklich sichere und zugleich benutzerfreundliche E-Signatur-Lösung gab es bis dahin nicht. Also gründeten Gall und seine Mitstreiter Anfang 2020 Certifaction, um genau das zu ändern. Manche Bekannte erklärten sie zwar für verrückt, mitten in einer globalen Krise ein Unternehmen zu starten – doch das Gründerteam liess sich davon nicht beirren. Der Zeitpunkt der Gründung fiel mit dem Beginn der Coronapandemie zusammen, was sich im Nachhinein sogar als Vorteil erwies. Denn die Home-Office-Regelungen und somit dezentrale Arbeit vieler Unternehmen beschleunigten den Bedarf nach digitalen Unterschriften zusätzlich.

Sicherheit trifft Einfachheit

Das Kernprodukt von Certifaction ist eine digitale Signaturlösung, die höchste Sicherheit mit einfacher Handhabung vereinen soll. «Unser Motto lautet ganz klar Privacy First. Datenschutz steht an erster Stelle», betont Gall. Die Dokumente verlassen niemals unverschlüsselt die geschützte Umgebung des Kunden. Dank der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung können weder Certifaction noch andere Unbefugte mitlesen. Trotzdem ist die Bedienung simpel gehalten. Kunden wickeln ihre Geschäftsprozesse komplett digital ab und unterschreiben Dokumente elektronisch, statt sie auszudrucken und per Post zu versenden. Das spart Zeit und Aufwand – und heikle Daten bleiben stets unter Kontrolle. Diese gelten jedoch als kostspielig und aufwendig im Unterhalt.

Datenschutz als Trumpf

Im Markt für elektronische Signaturen sieht Certifaction seinen Datenschutz­zugang als entscheidenden Vorteil. Gerade in Europa ist das Bedürfnis nach digitalen Lösungen «mit Briefgeheimnis» gross: Viele Firmen misstrauen US-Anbietern, weil diese laut Geschäftsbedingungen in manchen Fällen Einblick in die Dokumente nehmen und sie sogar für KI-Zwecke verwenden dürfen. «Gerade in Deutschland beobachten wir einen starken Wunsch nach digitaler Souveränität – wir nennen das den Trump-Effekt. Vielen Unternehmen ist bewusst geworden, dass sie unabhängiger von amerikanischen Anbietern werden wollen», sagt Gall.


Certifaction trifft diesen Nerv mit seiner Client-seitigen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auf den Geräten seiner Nutzer. Selbst wenn man anderen Anbietern gute Absichten unterstellt – solange die Verschlüsselung erst serverseitig beim E-Signing-Dienstleister stattfindet, hat dieser Einsicht in alle Dokumente seiner Kunden und es besteht das Risiko eines Hackerangriffs respektive Datendiebstahls. Bei Certifaction wird dieses Risiko durch lokales Signieren und eine Zero-Trust-Architektur von vornherein stark reduziert. Sensible Dokumente bleiben vertraulich, was besonders datensensible Branchen zu schätzen wissen.

Fokus auf hochregulierte Branchen

Tatsächlich zählen vor allem sicherheitskritische Organisationen zu Certifactions Kunden. «Grundsätzlich kann jedes Unternehmen vom digitalen Signieren profitieren. Wir haben uns aber auf bestimmte Branchen fokussiert – nämlich auf Kunden, denen Datenschutz und Datensicherheit besonders wichtig sind. Konkret zählen dazu das Gesundheitswesen, die Finanzbranche, der öffentliche Sektor und das Temporär-Arbeitswesen», erklärt Gall.


In diesen Bereichen fallen unzählige vertrauliche Unterlagen an – von Patientenakten bis hin zu Verträgen – und eine Privacy-First-Signaturlösung findet dort grossen Anklang. Darüber hinaus setzen auch 25 Schweizer Hochschulen auf Certifaction, über eine Partnerschaft mit Switch, dem Digitalisierungspartner der Schweizer Hochschulen.

Vom Start-up zum Scale-up

«Wir stehen an der Schwelle vom Start-up zum Scale-up», bestätigt Gall. Das Gründerteam war von Beginn an interdisziplinär aufgestellt: Gall kommt aus der Beratungsbranche, Emeka Mosanya (CTO) bringt die IT-Expertise mit, Benoît Henry (CEO) hat zuvor bereits mehrere Start-ups erfolgreich skaliert, Fabian Mösli (ehemaliger CPO) und Lukas Karth (ehemaliger Head of Security) brachten das Produkt und IT-Security-Know-how mit. Diese Mischung aus Business- und Tech-Know-how im Team hat sich als ideal erwiesen.Das Team umfasst mittlerweile 15 Mitarbeitende – allerdings ist die Firma nach wie vor schlank aufgestellt. Der weitaus grösste Teil des Teams konzentriert sich vollständig auf die Produktentwicklung. Beim Vertrieb setzt man grösstenteils auf Partnerfirmen, die die Signaturlösung als White Label Lösung anbieten und unter ihrer eigenen Marke an ihre Kunden weitervertreiben. Dieser Partner-Ansatz ermöglicht es Certifaction, effizient zu wachsen, ohne eine grosse eigene Verkaufsorganisation aufzubauen.

So kommt die Certifaction-Technologie oft im Hintergrund zum Einsatz. Endkunden nutzen dann die gewohnte Anwendung – etwa Ärzte über ihre Krankenhaus- oder Praxisinformationssysteme oder Personaldienstleister über ihre ERPs – während im Hintergrund Certifaction für die einfach zu nutzende, rechtssichere Unterschrift sorgt.


Die Kundenzahl legt derweil rasant zu: Über 1000 Unternehmen nutzen die Certifaction-Lösung bereits aktiv. Das jährliche Aufkommen an elektronischen Signaturen über die Plattform liegt im mehrstelligen Millionenbereich – Tendenz stark steigend. Gegenüber dem Vorjahr hat sich diese Zahl nochmals mehr als verdoppelt. Einige der Kunden sind internationale Konzerne mit Sitz in der Schweiz oder Deutschland, die Certifaction global einsetzen. Dadurch ist das Unternehmen schon auf allen Kontinenten präsent, obwohl es seinen Partnervertrieb gezielt auf die Schweiz und Deutschland fokussiert. Märkte wie Deutschland, wo das Potenzial besonders gross ist, sind für Certifaction starke Wachstumstreiber.

Prominente Investoren an Bord

Um dieses Wachstum zu finanzieren, hat Certifaction mehrere Investoren an Bord geholt. In der ersten Finanzierungsrunde stieg der Schweizer Venture-Capital-Geber Founderful ein, dessen Partner ehemalige erfolgreiche Start-up-Gründer sind. Später folgte eine grössere Runde mit dem grossen deutschen Wagniskapitalgeber HV Capital sowie Expa aus den USA – Letzteres ein Fonds, den Uber-Mitgründer Garrett Camp ins Leben gerufen hat. «Es war schon ziemlich cool, mit ihm persönlich in einem Call zu sein und ihn als Investor gewinnen zu können», erinnert sich Gall an das Gespräch mit Camp.

Neue Projekte und Visionen

Inzwischen arbeitet Certifaction an gros­sen Projekten, die die nächste Wachstumsphase einläuten. So liefert das Start-up die Signatur-Technologie für das nationale Projekt «E-Rezept Schweiz», eine Initiative des Schweizerischen Apothekerverbands PharmaSuisse und der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH. Jährlich werden in der Schweiz rund 30 Millionen Arzneimittelrezepte ausgestellt – künftig sollen sie elektronisch verarbeitet werden. Certifaction steuert hierfür das Modul bei, das jedes digitale Rezept mit einer rechtsgültigen elektronischen Signatur versieht. Gleichzeitig bahnt sich in Deutschland eine bedeutende Partnerschaft für Certifaction an: Ein bekannter IT-Anbieter will die Lösung künftig gegenüber öffentlichen Behörden vermarkten. Details dazu darf Gall noch nicht verraten, doch die Weichen für eine Kooperation mit grosser Strahlkraft sind gestellt. (dow)


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