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Editorial

Es harzt im Glasfaser-Land

Vor rund drei Jahren wurden bei uns im Quartier Glasfasern verlegt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2025/07

     

Einen Glasfaser-Anschluss habe ich dennoch bis heute keinen – stattdessen nur die Wahl zwischen Sunrise als Internet-Provider via TV-Netz oder 60 Mbit/s Down- und 22 Mbit/s Upload via Kupferkabel. Die Wahl ist nicht wirklich eine Qual, dafür aber arg eingeschränkt.

Abgeleitet aus meiner persönlichen Situation weiss ich also, dass nach wie vor etwas ordentlich schief läuft im Glas­faser-Land Schweiz. Ich bin eines der Hunderttausenden Opfer des Swisscom-Glasfaser-Monopolstreits, der sich – wie es scheint – aufgrund eines Swisscom-Rekurses gegen einen Weko-Entscheid vom April 2024 hinzuziehen droht. Der in der Sache besonders aktive Mitbewerber Init7 schreibt gar, das Verfahren (und damit die Blockade der an sich fertig gebauten Anschlüsse) könnte noch Jahre dauern.


Doch auch an anderer Stelle läuft es Glasfaser-technisch offenbar nicht wirklich rund, und zwar im Hinblick auf das Breitbandfördergesetz (BBFG) des Bundesrates, dass sich in der Vernehmlassung befindet. Dies zumindest findet Swiss4Net, ein Schweizer Unternehmen, das Punkt-zu-Punkt-FTTH-Glasfasernetze (Fibre to the Home) in Städten und Gemeinden in der ganzen Schweiz finanziert, baut und betreibt.
Das Hauptproblem laut Swiss4net: Der freie Zugang zur öffentlichen Rohrinfrastruktur werde im BBFG nicht ausreichend geregelt. Dabei wäre genau dieser Schritt entscheidend, um den Ausbau ohne zusätzliche Steuerbelastung schnell und effizient voranzutreiben. Ein weiterer Kritikpunkt: Die technische Ambition fehle. Während heute schon Netze mit 50 Gbps symmetrisch im P2P-Layer-1-Modell errichtet werden, sieht das BBFG lediglich eine Download-Geschwindigkeit von 1 Gbps vor – asymmetrisch und damit für moderne Cloud-Anwendungen ungenügend. Zudem ignoriert der Gesetzesentwurf die Vorgaben der Weko, die auf dedizierte Fasern und diskriminierungsfreien Zugang pocht.

Für weiteren Unmut sorgt auch der Zeitplan. Gemeinden könnten nun den Ausbau verzögern, in der Hoffnung, später von Fördergeldern, die im Umfang von 730 Millionen Franken bereitgestellt werden sollen, zu profitieren. Angesichts einer zweijährigen Umsetzungsfrist nach Inkrafttreten des Gesetzes dürfte der Glasfaserausbau in der Schweiz so auf Jahre hinaus gebremst werden, so die Meinung der Spezialisten.


Dabei könnte es so einfach sein, findet Swiss4net: Mit einem unbürokratischen und bedingungslosen Zugang zu bestehenden Rohrkapazitäten könnten Anbieter sofort loslegen – ohne Steuergelder und ohne Risiko für Gemeinden. «Anstelle der unqualifizierten Subventionen braucht es also die kostenlose Öffnung der Rohre durch die Infrastrukturbesitzer; den Zugang zu freien Rohrkapazitäten, welche den Steuerzahlern seit jeher gehören, die diese schon einmal finanziert haben und die auch schon grösstenteils amortisiert sind», so die Forderung. Und weiter: «Nur so verkommt die Schweiz in Sachen Telekominfrastruktur nicht zu einer Telekomwüste und bleibt nicht dort stehen, wo sie heute ist: auf Platz 26 von 31 im europäischen Vergleich.»
Marcel Wüthrich, Chefredaktor
mwuethrich@swissitmedia.ch


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