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Telefonie mit Microsoft Teams: Chancen, Grenzen und Perspektiven
Quelle: Backbone Solutions

Telefonie mit Microsoft Teams: Chancen, Grenzen und Perspektiven

Teams ist längst nicht nur Collaboration-Lösung, sondern kann auch als ­Telefoniezentrale zum Einsatz kommen. Allerdings: Alle gängigen PBX-Funktionen lassen sich nicht abbilden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2025/06

     

Seit seiner Einführung im Jahr 2017 hat sich Microsoft Teams für viele Unternehmen zur zen­tralen Plattform für Zusammenarbeit und Kommunikation entwickelt. Die Covid-19-Pandemie wirkte hierbei wie ein Katalysator, beschleunigte die Digitalisierung der Betriebe und stellte etablierte Kommunikationsmittel wie klassische Telefonanlagen teils in Frage. Immer mehr Unternehmen setzen daher auf Microsoft Teams als integrierte Lösung für Kommunikation, Kollaboration und mittlerweile auch externe Telefonie. Diese Entwicklung markiert einen Paradigmenwechsel, der nicht nur technologische, sondern auch organisatorische Veränderungen mit sich bringt. Unternehmen sind gezwungen, ihre bisherigen Kommunikationslösungen kritisch zu hinterfragen und zukunftsfähige Strategien zu entwickeln, die eine effizientere Zusammenarbeit ermöglichen.

Von der klassischen PBX zur Teams-Telefonie

Klassische Telefonanlagen (PBX) haben jahrzehntelang den Standard in Unternehmen geprägt. Sie boten essentielle Telefoniefunktionen wie Vermittlungen, Voicemail, Rufumleitungen und interne Kommunikation. Mit dem Aufkommen moderner Technologien wie Voice-over-IP (VoIP) veränderte sich die Landschaft dann grundlegend. Telefonanlagen wurden zunehmend virtualisiert und als cloudbasierte Dienste angeboten, was die physische Infrastruktur überflüssig machte. Dennoch blieben Herausforderungen wie hohe Komplexität, Wartungsaufwand und teure Anpassungen bestehen. Microsoft Teams tritt hier als moderne, cloudbasierte Alternative auf den Plan, die diese Schwächen adressiert, indem sie Kommunikation und Kollaboration auf einer einheitlichen Plattform bündelt. Unternehmen profitieren von reduzierter Komplexität, vereinfachter Administration und einer tieferen Integration in bestehende Microsoft-Systeme.


Microsoft Teams bietet inzwischen weit mehr als nur Chat- und Videokonferenzfunktionen. Die Plattform beinhaltet umfassende Telefonie-Funktionalitäten wie automatische Vermittlungsstellen, Anrufwarteschlangen, komplexe Routing-Mechanismen, Voicemail, Rufweiterleitung sowie Stellvertreter- und Gruppenanruf-Funktionen. Eine der grössten Stärken von Teams liegt in der engen Integration in die Microsoft-365-Umgebung, was es ermöglicht, Telefonie nahtlos in die tägliche Arbeitsweise einzubetten. Zusätzlich ermöglicht die Teams-App eine vollumfängliche Nutzung aller Telefoniefunktionen sowohl am Desktop als auch auf mobilen Geräten, wodurch eine flexible und standortunabhängige Kommunikation gewährleistet wird. Diese Eigenschaften erleichtern besonders hybrides Arbeiten.

Ringrufe, Öffnungszeiten und Feiertagsschaltungen

Im Teams Admin Center stehen dem Administrator zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung, die häufig sogar den Funktionsumfang klassischer Telefonanlagen übertreffen. Beispielsweise können Ansagen für Ringrufe, Öffnungszeiten oder Feiertage per Text-to-Speech eingegeben werden, anstatt sie manuell aufzuzeichnen und hochzuladen – auch in Schweizerdeutsch. Ringrufe können sowohl mehrstufig als auch seriell gestaltet werden. Zudem besteht die Möglichkeit, Anrufern einen Rückruf anzubieten, wenn zu viele Anrufe gleichzeitig in der Warteschlange warten. Weiterhin können spezifische Ausnahmebehandlungen definiert und einzelnen Benutzern Berechtigungen erteilt werden, um gezielt Einstellungen innerhalb der Warteschleife zu verändern. Für jeden Feiertag lassen sich unterschiedliche Szenarien mit individuellen Ansagen konfigurieren.

Microsoft Teams bietet darüber hinaus KI-Funktionalitäten durch die Integration von Microsoft Copilot. So werden beispielsweise automatische Gesprächszusammenfassungen erstellt und Transkriptionen von Meetings in Echtzeit bereitgestellt. Copilot analysiert Gesprächsdaten, erkennt relevante Inhalte und bietet proaktiv Hilfestellungen. Besonders in Kundenservice, Vertrieb, Projektmanagement und regulierten Branchen wie Rechtswesen oder Finanzdienstleistungen können diese KI-gestützten Funktionen erheblichen Mehrwert bieten.


Die Einführung von Teams als primäre Telefonielösung verläuft jedoch nicht ohne Herausforderungen. So sind vor allem bestehende Infrastrukturen mit analogen Endgeräten wie Türöffner, Alarmanlagen oder Aufzüge schwer direkt in Teams zu integrieren. Solche Geräte benötigen meist spezielle Lösungen, etwa zusätzliche virtuelle Telefonanlagen oder VoIP-Adapter. Auch klassische SIP-Telefone und DECT-Systeme stellen eine Herausforderung dar, da diese oft nicht vollständig mit Teams kompatibel sind. In der Praxis entstehen daher häufig hybride Kommunikationsszenarien, bei denen Teams parallel zu anderen Lösungen betrieben wird. Dies erfordert sorgfältige Planung, erhöht den Verwaltungsaufwand und bedingt spezifisches technisches Know-how innerhalb der IT-Abteilungen.

Ergänzbare Funktionen

Microsoft Teams bietet zahlreiche standardisierte Telefoniefunktionen, jedoch stossen Unternehmen bei komplexeren Anforderungen oft an Grenzen. Vor allem Betriebe, die umfangreiche Contact-Center-Funktionalität benötigen, finden nicht immer alle gewünschten Features in der nativen Teams-Telefonie. Dazu gehören Funktionen wie Skill-based Routing, differenzierte Warteschlangensteuerung, komplexe Reporting- und Analysewerkzeuge oder eine automatische Gesprächsaufzeichnung.

Ebenfalls erwähnenswert sind Funk­tionen, die für viele Unternehmen essenziell sind, in Microsoft Teams jedoch bislang fehlen. Ein Beispiel hierfür ist ein zentralisiertes Telefonbuch, das standort­übergreifend genutzt werden kann. Für Unternehmen, die grossen Wert auf eine einfache und zentrale Verwaltung ihrer Kontakte legen, stellt dies eine erhebliche Einschränkung dar. Ebenfalls vermisst wird von vielen Nutzern die Möglichkeit, verpasste Anrufe aus einer Warteschlange unmittelbar zu identifizieren und bequem zurückzu­rufen.


Allerdings müssen Unternehmen auf diese wichtigen Funktionen nicht zwangsläufig verzichten. Diverse Drittanbieter haben mittlerweile spezialisierte Add-ons entwickelt, mit denen genau solche erweiterten Anforderungen umgesetzt werden können. So lassen sich etwa Contact-Center-Lösungen von Drittanbietern nahtlos in Microsoft Teams integrieren. Diese Lösungen bieten dann nicht nur Skill-based Routing und detaillierte Auswertungen, sondern auch weiterführende Funktionen wie CRM-Integrationen und verbesserte Benutzeroberflächen, die speziell auf anspruchsvolle Kundenservice-Umgebungen zugeschnitten sind.

Auch das zentrale Telefonbuch oder das Anzeigen von verpassten Telefonnummern aus Warteschlangen-Anrufen lässt sich mit zusätzlichen Lösungen implementieren. Unternehmen erhalten durch diese ergänzenden Angebote somit die Möglichkeit, die Teams-Telefonie individuell zu erweitern und optimal an die spezifischen Bedürfnisse des eigenen Betriebs anzupassen. Vor der Einführung von Teams als Telefonielösung ist es daher ratsam, genau zu prüfen, ob zusätzliche Add-ons erforderlich sind und wie deren Integration die tägliche Arbeit sinnvoll unterstützen kann.

Wann ist Teams-Telefonie die richtige Wahl?

Die Entscheidung, ob Microsoft Teams auch für die externe Telefonie genutzt werden sollte, hängt massgeblich davon ab, ob das Tool bereits als zentrale Plattform für die interne Kommunikation und Zusammenarbeit etabliert ist. In Unternehmen, die Teams intensiv nutzen – etwa für Chats, Videokonferenzen, gemeinsame Dokumentenbearbeitung und Projektarbeit – liegt es nahe, aus Effizienzgründen auch die externe Telefonie darüber abzuwickeln. Der Hauptvorteil besteht darin, dass Mitarbeitende nicht zwischen verschiedenen Kommunikationsanwendungen wechseln müssen, was die Arbeitsabläufe vereinfacht und die Produktivität steigert. Zudem reduziert sich der administrative Aufwand erheblich, da keine separaten Systeme gewartet und gepflegt werden müssen. Jedoch birgt diese Zentralisierung auch Risiken. Unternehmen machen sich stärker von Microsoft abhängig und sind bei technischen Störungen oft handlungsunfähig, wenn keine alternative Lösung vorhanden ist.

Allerdings sollte diese Entscheidung immer auch unternehmens- und branchenspezifisch betrachtet werden. Während Teams in vielen Dienstleistungsunternehmen, Beratungsfirmen oder IT-orientierten Betrieben eine optimale Lösung darstellt, ergeben sich in produktionsnahen Umgebungen oftmals spezifische Anforderungen, die Teams allein nicht erfüllen kann. Beispielsweise bevorzugen Produktions- oder Logistikbetriebe häufig DECT-Telefone, die den speziellen Anforderungen bezüglich Robustheit und Mobilität gerecht werden. Diese Telefone lassen sich mit einer herkömmlichen VoIP-Telefonanlage oft besser integrieren. In solchen Szenarien empfiehlt sich daher eine hybride Kommunikationsstrategie: Während Büroarbeitsplätze und Verwaltungsbereiche von der Integrationsfähigkeit und Effizienz der Teams-Telefonie profitieren, kann in produktionsnahen Bereichen die Kombination mit einer klassischen Telefonanlage oder einer virtuellen PBX-Lösung mit DECT-Integration sinnvoll sein. Hierbei können eingehende Anrufe je nach Bedarf auf die jeweils geeignete Plattform geroutet werden, sodass beide Systeme parallel betrieben werden und optimal voneinander profitieren.


Zudem ist klar festzuhalten, dass die Teams-Telefonie grundsätzlich nicht in jedem Szenario sinnvoll ist und klassische Telefonanlagen durchaus ihre Daseinsberechtigung haben. Insbesondere Unternehmen, die Microsoft Teams bislang nicht oder kaum nutzen, sollten nicht ausschliesslich aus Gründen der Telefonie auf Teams umsteigen. Teams wurde primär als Kollaborationstool entwickelt und spielt seine Stärken erst dann vollständig aus, wenn es breit und intensiv eingesetzt wird. Eine Nutzung ausschliesslich als Telefonanlage wäre ineffizient und würde die eigentlichen Mehrwerte der Plattform verschenken. Unternehmen sollten daher individuell prüfen, ob eine Einführung der Teams-Telefonie strategisch sinnvoll ist oder ob eine herkömmliche Telefonanlage weiterhin die bessere Wahl darstellt.

Der Autor


Patrick Gmür ist Partner Channel Manager und Teams-Telefonie-Experte bei Sipcall by Backbone Solutions. Gmür begann im April 2017 im Kundendienst und wechselte anfangs 2018 zur Partnerbetreuung. Im Sommer 2019 absolvierte er das Microsoft-Examen zum «Microsoft 365 Certified: Teams Administrator Associate» und anfangs 2022 erhielt er den Titel «Microsoft 365 Certified: Teams Voice Engineer Expert».


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