Start-up Smood: Das Schweizer Taschenmesser unter den Lieferservices
Quelle: Smood

Start-up Smood: Das Schweizer Taschenmesser unter den Lieferservices

Gegründet wurde Smood im Jahr 2012 in Genf als Lieferservice für Restaurants. Heute arbeitet das Start-up unter anderem mit Partnern wie Migros zusammen und versucht, durch technologische Innovationen neue Geschäftsfelder zu erschliessen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2021/10

     

Smood ist auf den ersten Blick eines von vielen Unternehmen, die Essen von verschiedenen Restaurants ausliefern. Doch es steckt mehr dahinter. Die Idee zu Smood hatte Gründer und CEO Marc Aeschlimann, als er 2012 mit einigen Freunden die französische Hauptstadt Paris besuchte. Die Reisegruppe wollte Sauerkraut bestellen und sich liefern lassen, fand aber keinen Anbieter, der diesen Wunsch hätte erfüllen können. Zurück in der Schweiz kam Aeschlimann, der zu der Zeit noch beim Uhrenhersteller Rolex arbeitete und in Genf Management studierte, auf den Gedanken, einen Lieferservice für die Genfer Restaurants aufzuziehen. Er war zugleich Gründer von Smood und auch der erste Fahrer des Unternehmens.

Expansion durch Diversifizierung

Von der Romandie aus expandierte das Start-up in den folgenden Jahren in weitere Regionen der Schweiz. «Heute gibt es hierzulande eine Vielzahl an Essens-Lieferdiensten, aber 2012 war dies noch anders. Das Wachstum von Smood war in den letzten drei Jahren enorm und betrug über 70 Prozent», sagt Matias Undurraga Breitling, seit diesem Jahr als Chief Product Officer bei Smood tätig.

Aktuell bietet das Portal des Unternehmens den Restaurationsbetrieben in 26 Schweizer Städten seine Dienste an. Im Grundsatz ist Smood ein Marktplatz, der von den Partnerschaften mit Restaurants und Imbissketten lebt. «Wir sind bestrebt, Partnerschaften mit grossen Brands zu schliessen, aber auch mit lokal verankerten Restaurants. Letztlich geht es darum, einen interessanten Mix im Angebot zu haben», so Undurraga. Smood verfügt heute schweizweit über rund 2500 Partner, die das Unternehmen auch bei der Digitalisierung unterstützt. «Es gibt nach wie vor viele Restaurants, die keine Website haben oder keine Möglichkeit, ihr Essen an die Kunden auszuliefern. Wir bieten ihnen auf unserer Plattform die nötige Visibilität und helfen ihnen mit der Lieferung, die letzte Meile bis zu den Kunden zu überbrücken», erklärt der Chief Product Officer.


In den letzten Jahren erhielt Smood zunehmend Konkurrenz von Uber Eats, das mit einem ähnlichen Geschäftsmodell am Markt ist. Das hat laut Undurraga dazu geführt, dass Smood begonnen hat, auch in kleineren Städten Fuss zu fassen, um vorhandene Nischen abzudecken. Darüber hinaus versucht das Start-up, seine Dienstleistungen mehr und mehr zu diversifizieren, um sich von der zunehmenden Konkurrenz abzuheben.

Die Eroberung neuer Universen

«Wir öffnen immer neue Universen, wie wir sie nennen. Nebst dem Geschäft mit den Restaurants arbeiten wir seit einiger Zeit auch mit Migros zusammen. Migros-Kunden können so über unsere Plattform ihre Einkäufe online erledigen, die wir ihnen dann innert 45 Minuten liefern.» Hierfür können die Kunden die Smood App verwenden, über welche auch Restaurant-Bestellungen getätigt werden können. Zusätzlich gibt es in ausgewählten Migros-Filialen sogenannte Picker, die ebenfalls via App die Bestellung bekommen und die bestellten Produkte aus den Regalen holen. Hierfür haben sie rund 20 Minuten Zeit, bevor sie die Bestellung einem Fahrer übergeben, der die Ware dem Kunden nach Hause liefert. Wie Undurraga ausführt, liegt die Herausforderung darin, die einzelnen Zeitabschnitte des Bestell- und Lieferprozesses so aufeinander abzustimmen, dass der enge Zeitrahmen eingehalten werden kann. Speziell sei auch, dass man Kunden bis hin zu einer Distanz von 12 Fahrkilometern beliefere.


«In Zukunft wollen wir noch weitere Universen erobern, nicht nur Essen und Lebensmittel, sondern beispielsweise auch pharmazeutische Produkte oder Blumen ausliefern, wobei wir Letzteres in den Kantonen Genf und Tessin schon heute tun. Wir wollen für unsere Kunden das Schweizer Taschenmesser für Lieferungen werden und ihnen ermöglichen, über unsere Plattform alle möglichen Güter aus dem stationären Handel nach Hause zu bestellen», so Undurraga .

Ein Rennen gegen die Zeit

Um eine Lieferung innerhalb eines Zeitfensters von 45 Minuten ab Bestellung garantieren zu können, bedient sich Smood eines Algorithmus, der die für jeden einzelnen Arbeitsschritt benötigte Zeit aufgrund verschiedener Parameter festlegt. «Unser Tool berechnet zunächst die Route zum Ziel und unterteilt dann den gesamten Prozess in einzelne Zeitabschnitte, damit diese Just on Time ablaufen können. In diese Berechnung fliessen unter anderem auch Verkehrsdaten ein, die wir selbst über unsere Fahrer erheben. Für die Lieferung setzen wir nebst unseren Fahrrädern neuerdings auch E-Scooter mit einer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h ein sowie Smart Cars», erklärt Undurraga.


Smood befindet sich ständig im Wettlauf gegen die Zeit. Der Algorithmus muss stets an sich verändernde Gegebenheiten angepasst werden. So haben beispielsweise einzelne Städte wie Lausanne oder Zürich damit begonnen, ihre 30er-Zonen auszuweiten, was sich mitunter negativ auf die Lieferzeit auswirken kann und das Start-up vor grosse Herausforderungen stellt. Um solchen Problemen zu begegnen hat Smood laut Undurraga unter anderem damit begonnen, dezentrale Hubs aufzubauen. Diese sollen die Fahrzeit in entlegenere Liefergebiete minimieren.

Unter Innovationsdruck

In einem komplexen und dynamischen Markt mit zunehmender Konkurrenz kommt Smood kaum umhin, fortwährend nach Lösungen zu suchen, um die Abläufe zu optimieren und so seine Versprechen gegenüber den Kunden und Partnern einhalten zu können. Innovationen voranzutreiben ist deshalb eine Kernaufgabe von Matias Undurraga Breitling und seinem Team. Eine solche hat das Start-up im August dieses Jahres in der Gestalt des autonomen Roboters Gita präsentiert. Das zweirädrige Gefährt wurde von Piaggio Fast Forward aus Boston im US-Bundesstaat Massachusetts entwickelt und übernimmt bei Smood die Rolle des selbstfahrenden Einkaufswagens, der den Pickern, die beispielsweise in einem Migros-Supermarkt arbeiten, auf Schritt und Tritt folgt. Gita ist in der Lage, Hindernissen auszuweichen und bis zu 20 Kilogramm an Einkäufen zu transportieren. Der Roboter soll die Arbeit der Picker erleichtern und beschleunigen. Derzeit werden zwei Gitas getestet, einer in Zürich und der zweite in Genf. Falls die Tests gut verlaufen, sollen dereinst rund 100 solcher autonomen Helfer für Smood im Einsatz stehen.


«Ein weiterer Aspekt ist, dass wir kon­stant daran arbeiten, die Vorschläge für die Picker zu verbessern, die sie in ihrer App sehen. Denn manchmal kann es sein, dass ein bestelltes Produkt nicht an Lager ist. Dann schlagen wir dem Picker Alternativen vor. Fehlt beispielsweise die Butter zu 500 Gramm, dann schlägt die App dem Picker vor, zweimal eine Butter zu je 250 Gramm zu kaufen», sagt Undurraga. Die Technologie hinter der App werde vorausschauend weiterentwickelt, um auch künftige Entwicklungen und die Erschliessung neuer Geschäftsfelder vorwegzunehmen.

Die Zukunft ist unter anderem grün

Wie die Zukunft von Smood aussehen könnte, ist für Matias Undurraga Breitling relativ klar: «Heute ist es noch ungewöhnlich, einen Roboter wie Gita in einem Supermarkt zu sehen, aber ich glaube, dass Güter schon sehr bald auch mit Drohnen geliefert werden. Die Menschen werden sich daran gewöhnen müssen, mit autonomen Robotern zu interagieren, daran führt kein Weg vorbei.» Für Smood bringt die Zukunft aber noch weitere Herausforderungen mit sich. «Eines unserer Ziele ist, noch ökologischer, grüner zu wirtschaften. Wir suchen beispielsweise Fahrzeuge, die möglichst mit Null Emissionen operieren. Auch haben wir unsere E-Scooter mit austauschbaren Akkus ausgestattet. Dies verkürzt zum einen die Wartezeiten, die entstehen, weil man den Akku laden muss, macht aber auch ökologisch Sinn.»

Darüber hinaus erforscht Smood auch neue Arten, die Güter schonend zu transportieren: «Wir überlegen beispielsweise, Fahrzeuge mit Gyroskopen auszustatten, welche die Bewegungen des Fahrzeugs kompensieren können, damit etwa Suppen beim Transport nicht auslaufen», so Undurraga . Andere Ideen des Start-ups drehen sich um die Art der Behälter, mit denen die Güter transportiert werden. Sie sollten wiederverwertbar und in der Lage sein, etwa Speisen wie Pommes Frites warm und dennoch frisch zu halten. «Mein Team und ich haben ein simples Motto: Wir nehmen eine Packung gekochter Spaghetti, schmeissen sie an die Wand und schauen dann, was davon kleben bleibt. Wir tun Dinge einfach und schauen dann, was die Kunden mögen. Das Gita-Projekt beispielsweise entstand in nur zwei Monaten. Wir haben auch das Glück, Partner zu haben, die genauso wie wir innovativ sein möchten», skizziert Undurraga die Unternehmensphilosophie.


Wie der Chief Product Officer betont, liefert Smood zwar Konsumgüter aus, ist aber im Herzen ein Tech-Start-up: «Knapp die Hälfte unserer Mitarbeitenden ist im Technologiebereich tätig. Hinzu kommen fast 130 Leute, die im operativen Bereich arbeiten sowie rund 1000 Fahrer, wobei hervorzuheben ist, dass alle Mitarbeitenden bei Smood angestellt sind», erklärt Undurraga. «In meinem Team arbeiten rund 70 Leute, aber wir suchen nach wie vor motivierte Kollegen.» Das Start-up ist bisher selbstfinanziert, und laut Matias Undurraga Breitling soll sich vorerst nichts daran ändern. Man habe dadurch zwar nicht dieselben finanziellen Möglichkeiten internationaler Unternehmen, aber man wolle organisch wachsen. Somit steht auch eine Expansion ins Ausland noch ausser Frage. Mit dem aktuellen Geschäftsgang ist man bei Smood jedenfalls zufrieden und blickt sehr optimistisch in die Zukunft. (luc)


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