Fragen Sie einen Vater Ihres Vertrauens: Nur wegschliessen hilft!


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/12

     

Wie schnell Gewohnheiten wechseln können. Noch vor wenigen Monaten verdeckten im morgendlichen Tram «20 Minuten»-Tabloids die schlafverzogenen Gesichter. Jetzt hat sich die Zeitungswand gelichtet. Auf gewissen Linien rund um die Aktivitätszentren der Finanz- und Kreativindustrie ist sie fast ganz verschwunden. Stattdessen «näggelen» die teils nicht mehr ganz so jungen «Young Professionals» auf der Fahrt zur Arbeit selbstvergessen an ihren Internet-fähigen Business-Tamagotchis rum.


Kommunikativer ist die Tramfahrt dadurch nicht geworden. Kommunikativer wird mit den App-verstärkten iPhones, Androids und Blackberrys auch das Geschäftsleben nur bedingt. Unsere geneigten Kollegen haben allerdings ein zusätzliches Instrument in die Hand bekommen, mit dem sie noch mehr unsinnige Arbeitslawinen lostreten können. Bisher beschränkte sich ihr Tummelfeld neben der konsequenten Nutzung der «An alle»-Mail-Adresse zur Untermauerung der eigenen Aktivität auf das Telefonieren aus dem fahrenden Auto.



Unsinniges Themengehopse aus dem Auto

Im Gespräch mit Automobilisten ist jeweils nach zwei Sätzen klar, dass dieses unzusammenhängende, oberflächliche Themengehopse nichts bringt. Die aufgekratzte Stimme des Gegenübers signalisiert allerdings, dass sich er oder sie durch die scheinbar gleichzeitige Erledigung mehrerer Aufgaben in eine Euphorie gehaspelt hat, die jeden Einspruch zwecklos macht. Es bleibt nur der Versuch, das unsinnige Geplapper so schnell wie möglich abzuklemmen. Das einzig Positive an Telefonaten mit Autofahrenden ist die Gewissheit, dass ich auf dem Bürostuhl – im Gegensatz zu den dummerweise gleichzeitig die identischen Asphaltquadratmeter querenden Mitmenschen – mit Sicherheit nicht schmerzhaft mit den Grenzen der Multitasking-Fähigkeiten unseres Hyperactive-Business-Child konfrontiert werde.




Elektronikspielzeug im Sitzungszimmer

Mit den Always-on-Smartphones können unsere «Unverzichtbaren» ihre viertelgaren Geistesblitze nun auch dann noch mailen oder chatten, wenn die Umgebung das bedenkenlose Drauflosplappern nicht zulässt. Aus Tram, Restaurant, Ehebett und mit Vorliebe auch aus einer Sitzung füllen sie unsere Mailboxen mit bruchstückhaften Antworten, deren Klärung in der Regel ein mehrstufiges Ping-Pong nach sich zieht. Dass das Mailen aus einem Meeting überhaupt möglich ist, gehört für mich zu den grossen Rätseln der modernen Arbeitswelt. Wie können es die Verantwortlichen zulassen, dass in Besprechungen dauernd an Gadgets rumhantiert wird? Wieso haben immer mehr Sitzungsteilnehmer ihr angeschaltetes Notebook vor sich, das Smartphone in der Hand oder neuerdings ihr Pad im Griff? Das gesamte Arsenal der modernen Elektronikspielzeuge wird in einer Selbstverständlichkeit genutzt. Schliesslich ist man ja wichtig und muss darum immer erreichbar sein. Sind diese Sitzungen dermassen überflüssig, dass es einerlei ist, ob jemand zuhört oder nicht?



Verantwortung hilft nicht gegen Spieltrieb

Sie haben Ihre Mitarbeiter zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Elektronika aufgerufen? Ein gutgemeinter aber aussichtsloser Versuch. Als Vater habe ich gelernt, dass nur eine Methode zu einem vernünftigen Umgang mit Spielkonsole, PC, Handy und dergleichen führt: rationieren! Ohne äusseren Druck können sich die Wenigsten von den flimmernden Displays losreissen. Der Spieltrieb ist viel zu tief in unserer Biologie verwurzelt. Das gilt auch für die elektronischen Spielzeuge im Geschäft: Die Business-Tamagotchis gehören während Sitzungen weggeschlossen. Ich bin mir sicher: Es gibt kaum keinen effektiveren «Quick Win» für Ihr Geschäft als Gadget-freie, konzentrierte Sitzungen.






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