FileMaker Pro 6.0: Nicht schnell, aber komfortabel

XML-Support für (fast) unbegrenzten Datenimport und -export ist die wichtigste Neuerung in der Workgroup-Datenbank Filemaker Pro 6.0.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/38

     

FileMaker Pro hat sich zwar auf breiter Flur als einfach zu nutzende Datenbank etabliert, gilt aber manchenorts nach wie vor als Low-End-Lösung, mit der komplexe Datenbank-Anwendungen kaum sinnvoll erstellt und betrieben werden können.



Das ist natürlich falsch: Selbst wenn letztere Meinung für frühere Versionen noch einigermassen berechtigt war, so hat sich doch die Zeit verändert und FileMaker mit ihr. Bereits seit der Version 5 ist FileMaker durchaus in der Lage, auch grosse Datenmengen mit ansprechender Performance zu hosten.




Bei der Entwicklung der aktuellen Version 6 hat die Apple-Tochter FileMaker Inc. den Fokus auf eine noch einfachere und komfortablere Bedienung und insbesondere auf die Integration des XML-Dateiformats gelegt, mit dessen Hilfe nun problemlos fast beliebige Daten im- und exportiert werden können.


Import- und Export-Features

Die wichtigste Neuerung in FileMaker 6 Pro sind die XML-Features. Die Datenbank ist mit diesen neuen Import- und Exportfähigkeiten in der Lage, Daten aus anderen Programmen zu integrieren oder mit ihnen auszutauschen, ohne dass dabei Probleme bei der Konvertierung aus proprietären Formaten entstehen.



Beim Import können die Daten in eine bestehende Datenbank integriert werden, es ist aber auch möglich, diese in eine neue Datenbank zu schreiben. Als Quelle sind dabei sowohl bestehende XML-Dateien als auch die Ergebnisse einer HTTP-Abfrage möglich - der User kann also auch Daten aus einem Webbrowser direkt in seine Datenbank übernehmen.




Die Voraussetzung für diesen simplen Importvorgang ist allerdings, dass die Daten zu FMPXMLRESULT kompatibel sind. Ist das nicht der Fall, muss zuerst eine der acht mitgelieferten XSLT-Dateien (Extensible Stylesheet Language Transformation) angepasst werden - oder man greift auf die über 50 Stylesheets in der sogenannten XML Central zurück. Diese Website steht Entwicklern zur Verfügung und ermöglicht nicht nur die Veröffentlichung neuer XSLT-Dateien, sondern bietet auch Hilfestellungen für die Kreation solcher Stylesheets.



Einer der Vorteile der XML-Import-Funktionalitäten ist auch, dass FileMaker als Front-end für die Abfrage von Firmen-Datenbanken nicht mehr zwingend auf ODBC-Treiber angewiesen ist. Natürlich wird ODBC aber ebenso wie JDBC nach wie vor unterstützt. Ausserdem wird dank der XML-Import-Funktion die Integrationsmöglichkeit auf zahlreiche Datenquellen ausgeweitet - so gibt es etwa Firmen, die FileMaker 6 als einheitliches Front-end für CRM- und Call-Center-Anwendungen sowie von SQL-Datenbanken einsetzen.



Eine weitere neue Funktion ist die Möglichkeit, Bilder in grosser Zahl direkt aus einem Ordner in eine Datenbank zu importieren. Auf Mac OS X funktioniert das sogar direkt aus einer Digitalkamera und mitsamt den bildbeschreibenden EXIF-Daten - diese Funktionalität wird in der Windows-Version derzeit noch nicht unterstützt. Auch andere digitale Multimedia-Daten wie beispielsweise MP3 oder Quicktime-Filme im MOV-Format kann FileMaker direkt importieren.



Auf der Export-Seite arbeitet FileMaker Pro 6 ebenfalls mit XML, was etwa die Verteilung von Informationen an andere Anwendungen vereinfachen kann.




Komfortablere Bedienung

Nicht nur auf den Datenimport und -export hat FileMaker Inc. sein Augenmerk gelegt, sondern auch auf die weitere Verbesserung und Vereinfachung der Bedienung. Bereits beim ersten Programmstart fällt eine Erweiterung auf: FileMaker Pro 6 beinhaltet 21 neue Templates für gebräuchliche Datenbanktypen aus den drei Bereichen Geschäft, Schule und Privat. Hier finden sich etwa Vorlagen für Inventare und Zeitabrechnungen, aber auch für Fotokataloge und Veranstaltungsplanungen. Sämtliche Vorlagen können nach Belieben den eigenen Anforderungen angepasst werden.



Als sehr praktisch im Alltag haben sich die neuen Suchen- und Ersetzen-Funktionen erwiesen, die nun global für alle Datensätze und Felder einsetzbar und ähnlich komfortabel zu bedienen sind wie in einer Textverarbeitung. Erweitert wurden hier auch die Möglichkeiten der Suche mit Bool'schen Operatoren sowie die Fähigkeiten der Erweiterung oder Einschränkung eines bereits durchgeführten Suchvorgangs. Dafür sind nun keine zusätzlichen Arbeitsschritte mehr erforderlich.




Ebenfalls überarbeitet wurde die Sortierfunktion, die nun direkt über das Kontextmenü eines Feldes aufgerufen werden kann und so schnelle Resultate liefert.



Eine zeitsparende Erweiterung im Layout-Modus ist der sogenannte Formatpinsel. Anwendern von Microsofts Word wird dieses Feature bekannt vorkommen: Man wählt einen zu kopierenden Layout-Bestandteil aus, klickt auf den Formatpinsel, und der wiederum überträgt die Formatierung des Ursprungsfeldes oder -textes auf das Ziel. Auf diese Weise lassen sich Objektformate schnell und komfortabel zahlreichen weiteren Objekten zuweisen.



Bei der täglichen Arbeit sehr hilfreich ist die automatische Speicherfunktion für Dialogfelder: Werden diese verschoben oder in der Grösse geändert, erinnert sich FileMaker beim nächsten Öffnen der Datei oder Anwendung daran. Ausserdem können nun über Scripting auch benutzerdefinierte Dialogfelder entwickelt werden, über die Anwender Daten eingeben können, die in festgelegte Felder übertragen werden. Weitere Neuerungen und Verbesserungen im Script-Bereich betreffen Befehle für das Suchen und Ersetzen sowie das Importieren und Exportieren von Datensätzen.



Nicht zuletzt verfügt FileMaker Pro 6 nun über eine verbesserte Sicherheit für Webanwendungen: Wenn man einen speziell konfigurierten Ordner für seine Webdateien verwendet, ist es einem Browser unmöglich, den Quellcode und das Design der übermittelten Informationen anzuzeigen. Statt dessen werden die Seiten zunächst vom Web Companion überarbeitet und erst dann übermittelt.



Angepasst wurden schiesslich die Algorithmen für die Umwandlung von zweistelligen Jahreszahlen in vierstellige: Hier werden nun Daten mit den Endzahlen 00 bis 89 zum aktuellen Jahrhundert (also 2000 bis 2089) konvertiert, solche mit 90 bis 99 zum vorherigen gerechnet (1990 bis 1999). Empfohlen wird aber dennoch zu Recht, Jahreszahlen stets vierstellig einzugeben.



Eher ärgerlich ist dagegen, dass für die neue Version diverse Tastaturbefehle geändert wurden. Langjährige FileMaker-Anwender werden sich hier umgewöhnen müssen.


Breite Versionspalette

Neben FileMaker 6 Pro, der eigentlichen Datenbankanwendung, bietet FileMaker eine breite Palette an weiteren Versionen für spezielle Verwendungszwecke an. Soeben neu erschienen ist FileMaker Mobile 2.1 für den Einsatz auf Handhelds (vergleiche Kasten). Ausserdem gehören dazu:




FileMaker 6 Pro Unlimited: Im Gegensatz zur Pro-Version, bei der der gleichzeitige Zugriff übers Netz auf maximal 25 Anwender beschränkt ist, erlaubt die Unlimited-Ausgabe den unbeschränkten Zugriff. Damit eignet sie sich hinsichtlich Leistung, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit wesentlich besser für die Veröffentlichung von Datenbanken im Web.





FileMaker 6 Developer: Die FileMaker-Version für Entwickler beinhaltet einen Script-Debugger, Datenbank Design Reports sowie das sogenannte Developer Tool. Im wesentlichen handelt es sich dabei um ein Werkzeug von lizenzfreien Stand-Alone-Runtime-Versionen zur weiteren Verteilung, bei denen Änderungen nicht möglich sind. Ausserdem wird die Veröffentlichung und Präsentation von Datenbanklösungen im Kiosk-Modus ermöglicht.




FileMaker Server: Die Server-Version läuft sowohl auf Windows als auch auf Mac OS und Red-Hat-Linux und erlaubt den gleichzeitigen Zugriff von bis zu 250 Usern auf maximal 125 relationale Datenbankdateien. Ausserdem führt die Server-Version Backups automatisch durch, ermöglicht die Fernwartung und bietet Unterstützung für LDAP-Verzeichnisdienste.


Fazit

Natürlich ist FileMaker Pro 6 nicht für jedes Projekt beliebiger Komplexität geeignet. Dafür ist die Lösung aber auch nicht geschaffen - vielmehr zielt sie auf Arbeitsgruppen in KMU und grösseren Firmen, wo sie ihre Stärken hinsichtlich Bedienbarkeit und neuerdings auch als Front-end für Enterprise-Datenbanken und -Applikationen ausspielen kann.



In diesem Umfeld kommt noch eine weitere Stärke im Vergleich zur Konkurrenz dazu: Die Plattform-Unabhängigkeit. Version 6 trägt das Logo "Designed for Windows XP", unterstützt ausserdem sämtliche Windows-Versionen seit Windows 98 inklusive NT 4 (SP 6) und läuft auf Mac OS ab Version 8.6 sowie Mac OS X. Dazu kommen im mobilen Sektor die Pocket-PC- und Palm-Plattformen.




Insgesamt ist es FileMaker gelungen, ihre (bereits ziemlich ausgereifte) Datenbank-Lösung weiter zu verbessern. Wünsche bleiben kaum offen, sieht man von der eher enttäuschenden Performance und davon ab, dass einige Features derzeit nur auf bestimmten Plattformen laufen; dies sollte aber im nächsten Update weiter angeglichen werden. Hinsichtlich Bedienkomfort, Fähigkeiten und Lernkurve handelt es sich bei FileMaker Pro 6 nach wie vor um eine der anwenderfreundlichsten Datenbanken auf dem Markt.



Zudem in der Print-Ausgabe: FileMaker Mobile 2.1 - Die mobile Ergänzung




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