Die kabellose Zukunft

Während die aktuellen WiFi-Standards noch verfeinert werden, stehen die kommenden WiMax-Technologien bereits in den Startlöchern.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/07

     

Noch sind 108 Mbps im kabellosen Netzwerkverkehr das höchste der Gefühle. Proprietäre Erweiterungen zum Standard 802.11g, die unter anderem von D-Link und von Netgear entwickelt und im letzten Jahr in einzelne Geräte implementiert wurden, haben die schnellen Funk-Übertragungsraten überhaupt erst möglich gemacht. Die Vorteile dieser Technologien liegen auf der Hand: Mehr Anwender können gleichzeitig über einen einzigen Access Point verkehren, ohne dass sie sich bandbreitenmässig in die Quere kommen. Allerdings müssen zur Nutzung der Highspeed-Performance sämtliche beteiligten Geräte mit demselben Chipset ausgerüstet sein, und wenn nur ein einziger Anwender sich mit altem 802.11b- oder -g-Equipment in das Hochgeschwindigkeitsnetz einloggt, wird dieses auch für alle anderen Nutzer ausgebremst. Kommt dazu, dass diese proprietären Erweiterungen unter denselben 802.11-Nachteilen wie beispielsweise der mangelhaften Sicherheit oder der zu kurzen Reichweite leiden wie ihre Vorläufer. Bisher ging die Entwicklung vor allem in Richtung höherer Durchsatzraten.


Buchstabensuppe

Das wird sich allerdings schon in nächster Zukunft mit den nächsten Erweiterungen der WiFi-Standards (Wireless Fidelity), die die 802.11-Familie zusammenfassen, ändern. Zwar ist mit 802.11n auch ein neuer Speed-Standard in der Pipeline, der die Performance allgemein auf 108 Mbps verdoppeln soll und das nicht mehr proprietär, sondern als Industriestandard, wodurch die Geräte interoperabel und untereinander kompatibel werden. Der fertige 802.11n-Standard wird voraussichtlich ab Mitte 2005 in erste Geräte implementiert werden und soll die momentan aktuellen Standards 802.11a und 802.11g ersetzen.




Bereits im kommenden Juni soll dagegen 802.11i ratifiziert werden. Dieser Standard wird die Sicherheitsprobleme, mit denen bisherige Geräte behaftet waren, beheben, indem die Datenübertragung verschlüsselt erfolgt. Allerdings ist dazu ein zusätzlicher Co-Prozessor in den Access Points nötig, der die Verschlüsselung übernimmt in bestehenden WiFi-Netzen muss also die gesamte Hardware ausgetauscht werden, wenn die neuen Sicherheits-Features genutzt werden wollen.
Ebenfalls noch in diesem Jahr soll der Standard 802.11e verabschiedet werden. 802.11e wird die Zuverlässigkeit der WiFi-Netze erhöhen, indem er die rechtzeitige Lieferung der Datenpakete sicherstellt. Damit wird WiFi um Quality-of-Service-Features erweitert, die vor allem für Streaming-Anwendungen wie beispielsweise Videokonferenzen oder Voice-over-Wireless-IP benötigt werden.





Erste Geräte, die diese Standards implementieren, sind bereits verfügbar oder sollen in Kürze auf den Markt gelangen. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten: Da noch keiner der Standards wirklich als solcher verabschiedet ist, beruhen die derzeitigen Implementationen auf Drafts, die im Laufe der Ratifizierung oftmals noch abgeändert werden. Für Early-Adopters kann dies bedeuten, dass die bereits erstandenen Geräte nutzlos werden, weil sie mit den tatsächlich standardkonformen Nachfolgern nicht kompatibel sind.



So funktioniert 802.16d


Kostengünstige DSL-Alternative

Einen ganz anderen Weg beschreiten die Standards der 802.16-Familie, die auch unter dem Namen WiMax (Worldwide Interoperability for Microwave Access) bekannt ist. 802.16 wird nach einer rund dreijährigen Entwicklungsphase derzeit verabschiedet, es dürfte aber noch bis Anfang 2005 dauern, bis erste Geräte und Implementationen auf dem Markt auftauchen. Frühestens dann wird auch eine entscheidende Erweiterung des aktuellen Standards erwartet, der WiMax um die wichtige Funktionalität für mobile Anwender erweitert.




In seiner jetzigen Gestalt dient der 802.16-Standard als kostengünstige und effektive Alternative zu DSL- und Kabelverbindungen sowie vor allem auch als eine Möglichkeit, den Telecom-Firmen das Monopol über die «letzte Meile» zu entreissen Highspeed-Internet, aber auch andere Daten- und Voice-Dienste sollen dereinst per Antenne in die Haushalte und Geschäfte kommen. Damit ist WiMax vorerst keine Konkurrenz zu WiFi, sondern eine Ergänzung (vgl. Grafik unten).





Auch der 802.16-Standard ist in mehrere Unterstandards unterteilt. Im Vordergrund steht 802.16d, der die Grundfunktionalität definiert. Demzufolge ist WiMax eine Point-to-Multipoint-Technologie, die keine direkte Sichtverbindung zwischen den Antennen benötigt, um zu funktionieren. Vorgesehen sind Basisstationen, deren Leistung Entfernungen von bis zu 50 Kilometern überbrückt und die eine Performance von bis zu knapp 300 Mbps bieten. Natürlich steht diese Bandbreite nicht einem einzigen Kunden zur Verfügung das Standardisierungsgremium WiMax Forum, an dem neben zahlreichen Telecoms unter anderem auch Intel und Fujitsu beteiligt sind, geht davon aus, dass die Provider KMU Bandbreiten im Bereich von 2 bis 5 Mbps anbieten werden und Einzelkunden mit 300 bis 400 Kbps auskommen müssen.




Als Erweiterung zu 802.16d wird derzeit 802.16e entwickelt. Dieser Standard wird WiMax um Unterstützung für mobile Anwender erweitern und diesen damit ebenfalls echte Breitband-Anschlussmöglichkeiten bieten was bei aktuellen 802.11-Hotspots nicht möglich ist. Laut Planung soll er Anfang 2005 fertig sein und dann als relativ simples Upgrade auf bestehende 802.16-Access-Points aufgesetzt werden können.


802.16: Eine Lösung für viele Probleme

Eines der vielen Schreckgespenster in den Regierungen westlicher Industriestaaten ist der sogenannte «Breitband-Graben». Dieser trennt die Bevölkerung in zwei Lager: Die einen haben physischen Zugang zu Breitband-Technologien, die anderen eben nicht. Typischerweise gehören zu ersteren die Bewohner städtischer Agglomerationen, zu letzteren der ganze Rest der Bevölkerung, und zwar, weil es sich für die zuständigen Telecomgesellschaften schlicht nicht lohnt, in ländlichen Gebieten grössere Distanzen mit der für Breitband nötigen Infrastruktur auszustatten. Physische Leitungen aus Kupfer oder Glasfaser sind nicht nur alleine teuer, sondern müssen auch mit grossem Aufwand und hohen Kosten verlegt werden.





Für diese Probleme bietet WiMax eine elegante Lösung. Bereits mit einer einzigen Aussenantenne an einer Basisstation lassen sich Hunderte bis sogar Tausende von Nutzern breitbandig an einen Backbone anschliessen. Dabei können Distanzen von bis zu 50 Kilometern überbrückt werden, ohne dass ein einziges teures Kabel verlegt werden muss.
802.16 bringt aber noch weitere Nutzen: So lässt sich WiMax beispielsweise auch für die Vernetzung von bestehenden 802.11-Hotspots und -WLANs nutzen, über die 802.16e-Erweiterung wird der Breitband-Anschluss für mobile Nutzer möglich, und nicht zuletzt sind Lösungen für die Überbrückung der «letzten Meile» auch für Voice-Anwendungen denkbar.


Bluetooth überholt

Derzeit ist für den Einsatz im Personal Area Network (PAN) Bluetooth vorgesehen (vgl. Grafik unten). Dies ist aber allenfalls suboptimal: Wie jeder Bluetooth-Anwender zu berichten weiss, ist die Technologie obwohl schon länger im Einsatz nach wie vor fehleranfällig, und auch die Datendurchsatzrate von gerade mal einem Mbps scheint in Breitbandzeiten nicht mehr wirklich adäquat.




Grund genug für die «Wireless USB Promoter Group», einen neuen Kabellos-Breitband-Standard für Kürzeststrecken zu entwickeln. Die Wireless USB genannte Technologie soll auf dem bewährten UWB-Funkstandard (Ultra Wideband) funktionieren und dereinst Geräte wie PCs, Digitalkameras und Projektoren, aber auch digitale Unterhaltungselektronik untereinander verbinden. Wie die Gruppe, hinter der unter anderem Intel, HP, Agere, Microsoft, Samsung und Philips stehen, betont, wird die Spezifikation bereits Ende dieses Jahres fertiggestellt sein erste Geräte sollen Mitte 2005 auf den Markt kommen.





Wireless USB wird auf einer Distanz von vier Metern einen Datendurchsatz von bis zu 480 Mbps bieten, über die maximale Reichweite von zehn Metern schrumpft die Performance allerdings auf 110 Mbps. Des weiteren soll die Software-seitige Kompatibilität zum aktuellen USB-2.0-Standard gewährleistet sein, und es ist geplant, dass Wireless USB von Anfang an über QOS-Features verfügt, die etwa das Streaming von Multimediadaten von einem Gerät zum anderen erlauben.




Kabellos vom PAN zum MAN




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