Patente für Open-Source-Community

IBM «schenkt» der Open-Source-Community 500 Patente.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/02

     

IBM hat der Open-Source-Community 500 ihrer US-amerikanischen Patente sowie deren internationale Pendants zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt. Die zur freien Verwendung zugelassenen Patente sind in einem rund 20 Seiten langen «rechtlich bindenden» Dokument (www.ibm.com/ibm/licensing/patents/pledgedpa tents.pdf) zusammengefasst, in dem IBM zudem zusichert, dass der Einsatz der patentierten Methoden im Rahmen von Open-Source-Projekten kostenlos ist und nicht als Verstoss gegen das geistige Eigentum von Big Blue angesehen wird.






IBM erhofft sich durch diesen Schritt weitere Unterstützung und mehr Akzeptanz von Linux. Zudem sieht man die Aktion als Beginn einer neuen Ära in der eigenen Patentpolitik. So erklärt John Kelly, IBMs Senior Vize-Präsident, dass dieses Geschenk an die Community eine neue Ära bei IBM einläute, in der Patente so eingesetzt werden, dass sie IBMs Partnern und Kunden nutzen und nicht mehr nur als eine Geldmaschine angesehen werden. Zudem könne man so die Entwicklung und Innovation von Linux stärken, fügt Douglas Heintzman, Chef-Software-Stratege bei IBM, an.




Während man sich bei IBM zu diesem Schachzug gegenseitig auf die Schultern klopft, sind die Meinungen in der Community zu diesem Schritt geteilt. Bruce Perens, Gründer der Open Source Initiative, äussert sich sehr positiv gegenüber der Schenkung und fügt an, dass diese Aktion gewiss noch nicht das Ende einer vielversprechenden Entwicklung sei. Ähnlich sieht es gemäss US-amerikanischen Medienberichten auch Stuart Cohen, Chef der Open Source Development Labs, der hofft, dass andere grosse Fische im Softwarebereich nun nachziehen und der Open-Source-Community Tausende Patente zur freien Nutzung zur Verfügung stellen.




Etwas anders schätzt Florian Müller von der Kampagne NoSoftwarePatents.com IBMs Schritt ein, den er aussergewöhnlich harsch kritisiert: «Nach einem substanzlosen Nichtangriffsversprechen gegenüber Linux tut sich IBM nun erneut durch Augenwischerei und billige Effekthascherei im Zusammenhang mit Patenten und Open Source hervor. Wir reden hier über 1 Prozent des weltweiten IBM-Patentbestandes, also ein Almosen, das noch nicht einmal im Skontobereich liegt. In Europa ist IBM eine treibende Kraft hinter der ständigen Ausweitung der Patentierung von Software. Wenn IBM sich hier schon als nachweihnachtlichen Wohltäter profilieren will, dann sollten erstmal das aggressive Patentlobbying von IBM in der EU und das schamlose Abkassieren von Mittelständlern durch die IBM-'Patentsteuer' unterbleiben. Danach können wir dann über milde Gaben reden.»


Kommentar

Da hat sich IBMs PR-Abteilung eine feine Aktion ausgedacht: Weil man mit einigen Patenten kein Geld verdienen kann, ohne der eigenen Linux-Glaubwürdigkeit zu schaden, erlaubt man den Open-Source-Entwicklern kurzerhand deren kostenlose Nutzung und posaunt dies lautstark in die Welt hinaus. Während sich in den USA selbst namhafte Softwarepatentkritiker zu diesem Schritt positiv äussern, läuten bei ihren europäischen Kollegen die Alarmglocken. Sie wittern Meinungsmache und Augenwischerei, womit sie Recht haben dürften. Schliesslich gehört IBM neben Microsoft zu den vehementesten Befürwortern von Softwarepatenten in der EU. Wenn man dann gerade einmal 500 von insgesamt 40'000 Patenten freigibt, dient dies in erster Linie dazu, das eigene Image aufzupolieren und die Position der Gegner zu schwächen. Wenn IBM etwas Gutes tun wollte, würde sich Big Blue gegen die Patente einsetzen oder zusammen mit Microsoft alle Patente freigeben.




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