OEM-Software auf dem Vormarsch

Distributoren verkaufen bereits bis zu 50 Prozent der Microsoft-Software als OEM-Versionen. Künftig sollen diese auch vermehrt im Retail angeboten werden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/14

     

Zusammen mit einem PC kommt Software billiger: Computerhersteller können sogenannte OEM-Pakete (Original Equipment Manufacturer) zu stark vergünstigtem Preis kaufen und an ihre Kunden weitergeben. Die Software kommt aber oft ohne Manual und bedruckte Box daher, und auf Herstellersupport muss der Kunde verzichten.
Diese Billigangebote gelten nicht nur für Hersteller, sondern auch für Endanwender. Wie unsere Recherchen ergaben, verkaufen Distributoren bereits bis zu 50 Prozent der Microsoft-Produkte als OEM-Versionen, und auch der Retail soll künftig vermehrt mit entsprechenden Produkten bedient werden.


Dank deutschem Urteil

Bei der meistgenutzten Software fallen die Preisunterschiede besonders ins Gewicht. Die Microsoft-Klassiker Windows und Office sind als OEM-Version geradezu unverschämt günstig: Bei ARP kostet Windows XP Professional in der OEM-Variante 290 Franken; als Normalpaket kommt schon der Update mit 359 Franken teurer zu stehen.
Aufgrund eines Urteils des deutschen Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2000 muss Microsoft den Verkauf von OEM-Windows und -Office auch ohne Bundling mit Hardware zulassen – das Verdikt ist zwar nur in Deutschland bindend; Microsoft akzeptiert den freien Verkauf jedoch im gesamten deutschen Sprachraum.


SBV statt OEM

Seit rund einem Jahr hat Microsoft die Rahmenbedingungen geändert: Heute spricht der Hersteller von «System-Builder»-Versionen (SBV). Windows als Desktop-Betriebssytem sowie Client-Access-Lizenzen (CAL) sind als SBV prinzipiell frei verkäuflich, müssen aber nach der Installation aktiviert werden, was nur einmal auf einem bestimmten Computer möglich ist. Weitere Einschränkungen: SBV-Software kommt ohne Manual und ohne Support.
Bei Office 2003, Office XP, Small Business Server 2003 und Windows Server 2002/2003 unterscheidet Microsoft zwischen frei verkäuflichen (SBV, auch Non-OSB) und zwingend vorzuinstallierenden Versionen (OEM für System Builder, OSB). Gleichzeitig wurde der Preis für die Non-OSB-Versionen um 30 Prozent erhöht – er liegt nun zwar typischerweise höher als der Update-Preis, ist aber immer noch um Klassen günstiger als beim Vollpaket: Office 2003 Pro gibt es bei ARP als SBV für 589 Franken. Das Normalpaket kostet 829 Franken; ein Update kommt auf 529 Franken.







Produktmanager René Burkhard von Disdata sieht eine gesunde Nachfrage und schätzt den SBV-Anteil bei Microsoft-Produkten auf gegen 40 Prozent. Der fehlende Support hält nicht vom Kauf ab: «Das ist vor allem in kleineren Unternehmen kein Thema, dort verlässt man sich eher auf fachkundige Kollegen.» Auch Roland Buchmann vom «Microsoft Distributor of the Year» Also beziffert den SBV-Anteil bei Windows auf über 60 Prozent und prognostiziert für Office ebenfalls beträchtliche 40 bis 50 Prozent SBV-Verkäufe: Künftig würden auch Retailer wie Buchhandlungen, PC-Shops und Megastores vemehrt SBV- statt Normalpakete verkaufen. In der Vergangenheit sei diese Möglichkeit beim Kunden nicht sehr bekannt gewesen.
Matthias Dittler, General Manager bei CC Data-Disc, bezeichnet die Bedeutung von OEM-Paketen als «oft hochgespielt». Er weist auch darauf hin, dass SBV-Lizenzen sich nicht für grössere Rollouts in Unternehmen eignen, da die Software auf jedem PC separat aktiviert werden muss. Hier ist eine Volumenlizenz besser, bei der für alle Installationen der gleiche Schlüssel gilt.

(ubi)


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