Open Source und Kommerz - Widerspruch oder Chance?
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/20
Der Open-Source-Boom ist daran, die Software- und IT-Industrie zu verändern. Open-Source-Software kann günstig entwickelt werden, da viele der Beiträge ohne kommerzielle Interessen geleistet werden und beim Bau neuer Plattformen und Lösungen ein riesiges Repertoire an Komponenten, die wiederum Open Source und damit meist kostenlos sind, eingesetzt werden kann. Dies senkt sowohl den Implementierungsaufwand als auch die Entwicklungsdauer. Open-Source-Software wird ausschliesslich über den günstigen Internet-Kanal vertrieben, respektive verteilt. Der offene Quellcode erlaubt es den Nutzern, die Software ohne externen Support zu betreiben oder die Unterstützung von verschiedenen Anbietern, die zueinander im Wettbewerb stehen günstig einzukaufen.
Die zunehmende Akzeptanz von Open-Source hat aber auch zu einer Nachfrage an Dienstleistungen und unternehmensverträglichen Software-Charakteristiken, wie vorhersehbare Release-Zyklen, Garantien und Wartungs- und Support-Dienstleistungen geführt. Diese Nachfrage befriedigen sowohl traditionelle Anbieter wie IBM, Sun oder Novell, indem sie Open-Source-Produkte anbieten und vertreiben, als auch neue Firmen, die ihr Geschäftsmodell auf Open Source aufbauen. Dabei haben sich drei Geschäftsmodelle herauskristallisiert:
Das erste Modell wird üblicherweise «Dual License» genannt und bezeichnet den Ansatz, auf einer entweder identischen oder bezüglich spezifischer Unternehmensbedürfnisse ausgerichteten abgewandelten Software-Codebasis Lizenzumsätze zu generieren. Dieses Modell wird von Firmen wie SugarCRM oder MySQL angewendet und setzt den Besitz der Rechte (Intellectual Property, geistiges Eigentum) an der Software voraus. Dies hat oftmals den unerwünschten Nebeneffekt, dass die «Community» kaum Software beisteuern kann und die Software-Firma am Ende des Tages ähnlich funktioniert wie ein herkömmlicher Softwareanbieter. Dienstleistungen wie Support und Wartung sind dann oftmals an die kommerzielle Lizenz gebunden. Dieses Modell entspricht nicht vollständig der Definition «Open Source» und wird daher von Open-Source-Puristen nicht geschätzt.
Viele Unternehmen im Umfeld von Open Source schöpfen ihre Umsätze aus Dienstleistungen, die auf Subskriptionsbasis (Modell 2) angeboten werden. Eine ganze Reihe von Open-Source-Firmen, wie zum Beispiel Alfresco, Jboss oder LogicBlaze, bieten auf der Basis des frei veröffentlichten Quell-Codes eines Software-Produktes paketierte und release-gesicherte Versionen und Wartungs- sowie Support-Dienstleistungen an. Diese Dienstleistung beinhaltet oft auch eine Vorkonfiguration für bestimmte Anwendungsfälle oder das Testen für definierte Laufzeitumgebungen. Zusammen mit oftmals zusätzlich offerierten Schulungsangeboten und Implementierungsdienstleistungen stellt sich das Angebot für das Kundenunternehmen ähnlich dar, wie es sich dies von kommerziellen Anbietern gewohnt ist.
Aufbauend auf Open-Source-Produkten bietet eine weitere Gruppe von Unternehmen Hosting-/Betriebs-Dienstleistungen, sowie Consulting und System-Integrationsunterstützung an (Modell 3). Die Bindung an die Produkte ist hierbei geringer, aber meist ein Differenzierungsfaktor. Diese Gruppe ist momentan das am schnellsten wachsende Segment und tritt oft lokal und mit schlankem Aufbau an.
Die kommerzielle Open Source hat viel Risikokapital angezogen und einige sehr interessante neue IT-Anbieter mit internationaler Präsenz und Anerkennung auf den Plan gebracht. Viele dieser Anbieter verdienen gutes Geld und wachsen rasch und beweisen, dass sich mit Open Source Geld verdienen lässt. Der kommerzielle Erfolg wiederum erlaubt die Weiterentwicklung und Verbesserung der Open-Source-Lösungen und dient damit am Ende wiederum den Anwendern im Markt. Dabei stellen die Open-Source-Lizenzmodelle, die Communities und auch die traditionellen Gegenspieler sicher, dass sich der Open-Source-Markt kontrolliert entwickelt.
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Bruno von Rotz ist Vice President und Country Manager Schweiz des internationalen Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmens Optaros. Optaros fokussiert auf Open Source, Open Standards und neue Webtechnologien und hilft seinen Kunden bei Gestaltung und Bau von Geschäftslösungen (z.B. ECM, CRM, Portal/Web 2.0, SOA) auf Basis von Open-Source-Komponenten und Plattformen.