Festnetzanschluss ohne Kupferkabel

Die Sunrise Surf & Talk Box verspricht, eine Alternative fürs Festnetz zu sein, eignet sich aber nur für sehr spezifische Anwendungsszenarien.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/17

     

In der Theorie braucht man heute keinen Festnetzanschluss mehr. Schliesslich kann man mit dem Handy telefonieren, und zum Surfen reicht ein Notebook mit einer integrierten Datenkarte. In der Praxis hingegen gibt es trotzdem kaum jemanden, der auf seinen Anschluss via Kupfer- oder Fernsehkabel verzichtet. Der Grund ist verständlich. Handygespräche sind nach wie vor deutlich teurer als solche übers Festnetz, und Internet via UMTS oder GPRS kann weder mit der Geschwindigkeit von ADSL mithalten noch mit unbegrenztem Traffic punkten.
Platz also für eine Lösung. Hier kommt die neue Surf & Talk Box von Sunrise ins Spiel. Mit dieser verspricht der Anbieter nämlich das günstige Telefonieren und Surfen ohne Festnetzanschluss, und zwar überall dort, wo ein Sunrise-Mobilnetz (und ein Stromanschluss, denn diesen braucht die Box) zur Verfügung steht. Die Box, ungefähr so gross wie ein kleines Radio und einem solchen auch optisch nicht unähnlich, kommt nebst dem Strom- mit einem Ethernet- und einem Telefonanschluss sowie einem SIM-Karten-Slot. Ausserdem findet sich ein Display, das Signalart (2G, 3G) und -stärke, Datum und Uhrzeit und aus einem unerfindlichen Grund auch noch das Wetter anzeigt.
Letztlich macht Surf & Talk eigentlich nichts anderes, denn als Schnittstelle zwischen dem Fest- und dem Mobilnetz zu fungieren. Das heisst, man schliesst sein Telefon oder seinen Rechner zwar mittels Kabel an die Box an, die ganze Kommunikation erfolgt aber übers Mobilnetz.


Einfaches Einrichten

Der Anschluss des konventionellen Telefons könnte einfacher nicht sein: Einstöpseln, fertig, Punkt. Als Rufnummer dient wie bei einem Sunrise-Handy eine 076er-Nummer. Die Sprachqualität ist unwesentlich schlechter als übers Fixnet. Mit dem im Test verwendeten Funktelefon ein handelsübliches Philips-Gerät waren jedoch permanent mehr oder weniger starke statische Störgeräusche zu hören. Offenbar vertragen sich Box und Basisstation schlecht. Ausserdem ist es beim Anruf auf die Sunrise-Kiste mit einem Orange-Handy vereinzelt dazu gekommen, dass bei einem Anruf nach zweimaligem Klingeln das Besetztzeichen ertönte und auf dem Handy-Display die Meldung «Anruf abgelehnt» erschien. Komisch!





Nur unwesentlich komplizierter ist der Anschluss eines PCs übers Netzwerkkabel, das löblicherweise im Lieferumfang dabei ist. Sunrise hat sich entschieden, der Lösung keine Software zu verpassen, die installiert werden müsste. Die gesamte Verwaltung läuft wie beispielsweise bei einem Router Betriebssystem-unabhängig über den Webbrowser, was es jedoch jemandem ohne jegliche Kenntnisse vielleicht etwas schwieriger macht, die Box einzurichten als über eine gut geführte Software. Über die Eingabe einer IP-Nummer im Browser gelangt man auf die Admin-Oberfläche, wo Username, Passwort und die SIM-Karten-PIN eingegeben werden müssen. Ein weiteres Einrichten des Internetzuganges ist im Prinzip nicht nötig, eventuell müssen noch LAN-Einstellungen am Rechner selbst angepasst werden. In der Surf & Talk Box ist ein DHCP-Server untergebracht, eine lokale IP-Adresse wird dem Rechner also zugewiesen.
Darüber hinaus ist die Box aber auch ein WLAN Access Point. Mittels eines WLAN-fähigen Endgeräts kann also auch kabellos auf die Box zugegriffen und gesurft werden. Auch hier sollte das Einrichten den User vor keine allzu grossen Probleme stellen. Die WLAN-Verbindung muss lediglich via Admin-Oberfläche aktiviert werden, da diese per Default angeschaltet ist. WEP-und WPA-Verschlüsselungs-Einstellungen werden ebenfalls hier vorgenommen.


Telefonieren ohne zu surfen

Wie erwähnt, nutzt Surf & Talk das Mobilfunknetz zur Kommunikation. Dessen Geschwindigkeit beim Datenverkehr ist bekanntlich tiefer, als dass man sich dies vom Festnetz-Breitband gewöhnt ist. Ein Test auf dem GPRS- beziehungsweise EDGE-Netz hat eine durchschnittliche Bandbreite von 104/51 kbps (Down-/Upload ergeben) zu Tage gefördert. Mit UMTS erreichten wir im Schnitt gar schnelle 324/93 kbps.
Eine unschöne Erfahrung macht man jedoch, wenn man telefoniert und gleichzeitig surfen will – denn das ist zumindest auf dem GPRS/EDGE-Netz nicht möglich. Hier geht die Bandbreite fürs Telefongespräch drauf. Erst nachdem der Anruf beendet wurde, kann
wieder weitergesurft werden.
Ein Vorteil des Mobilfunknetzes ist wiederum, dass es für das Versenden und Empfangen von SMS vorgesehen ist. So können Textnachrichten einfach über die Admin-Oberfläche versendet und empfangene Messages dort gelesen werden.


Teurer als das Festnetz

Während die Surf & Talk Box so einfach einzurichten ist, wie man es von einer solchen Lösung erwarten darf, und soweit auch gute Perfomance-Werte betreffend Bandbreite liefert, findet sich nebst dem Problem des gleichzeitigen Telefonierens/Surfens ein weiterer Knackpunkt: der Preis. Immerhin wird die Box als Ersatz fürs Festnetz positioniert, und so dürfte man auch Festnetzpreise erwarten. Dem ist aber nur bedingt so. Bei der Telefonie werden die Erwartungen noch weitgehend erfüllt. Die Minute ins Festnetz beläuft sich auf 7 Rappen, ins Sunrise-Mobilnetz kostet’s 31 und in alle anderen Mobilnetze 41 Rappen. Somit entsprechen die Kosten denen eines Sunrise-Festnetzanschlusses im Normaltarif.
Schon schwieriger wird’s bei eingehenden Gesprächen. Wird man auf die Surf & Talk Box angerufen, bezahlt der Gesprächspartner Mobilnetztarife, denn letztlich ruft er ja aufs Sunrise-Mobilnetz an. Freunde und Bekannte werden die Lösung also weniger zu schätzen wissen.





Gespräche ins Ausland sind zudem wesentlich teurer als mit dem Festnetz. Ein Gespräch in eines unserer Nachbarländer oder in die USA kostet beispielsweise satte 60 Rappen die Minute.
Und teuer kann’s auch beim Surfen werden. Wie bei den Tarifen für mobile Datenkarten sucht man auch bei der Surf & Talk Box eine Flatrate vergebens. So sind in der Grundgebühr von 19.90 Franken pro Monat gerade mal 100 MB Traffic inklusive. Jedes weitere MB kostet dann 19 Rappen, die maximalen Kosten wurden zumindest auf immer noch happige 149 Franken pro Monat beschränkt. Immerhin sind optional Datenpakete für 29 Franken (1000 MB)
oder 49 Franken (2000 MB) erhältlich, doch bei häufigen Downloads oder gar Streaming-Tätigkeiten sind auch diese Zusatzpakete schnell ausgereizt.

(mw)


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