Daniel Brändli, Bundeskanzlei, Projektleiter Vote électronique

Das E-Voting wird seitens der Stimmberechtigten kaum in Frage gestellt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/22

     

Haben Sie noch gefürchtet, dass der E-Voting-Versuch auf Bundesebene in Zürich und Neuenburg scheitern könnte?

Nein. Ich habe in den vergangenen Wochen immer gut geschlafen. Schliesslich haben die Pilotkantone ihre Systeme sehr gewissenhaft entwickelt und gründlich getestet. Die Bundeskanzlei hat zudem externe Experten damit beauftragt, allfällige Löcher mit Hacker-Methoden zu überprüfen.





Gerade einmal ein Sechstel der elektronischen Stimmen wurden über das Mobiltelefon abgegeben. Weshalb ist diese Option so unbeliebt?


Unbeliebt würde ich nicht sagen. Die SMS-Stimmen in den drei Zürcher Pilotgemeinden entsprechen einem Anteil von über 21 Prozent an allen elektronisch abgegebenen Stimmen. In Bülach wurde zu einer Vorlage mit Gegenvorschlag und Stichfrage abgestimmt; in Schlieren fand am selben Sonntag eine Majorzwahl statt. Da liegt meiner Meinung nach die Wahl des Internet zur Stimmabgabe näher. Per SMS führt eine Vielfalt an Vorlagen schnell zu sehr komplexen Codierungen. Das könnte manche stimmberechtigte Person zurückgeschreckt haben.



Die Pilotversuche sind abgeschlossen, die Bundeskanzlei muss dem Bundesrat nun Bericht erstatten. Sind die getesteten Systeme bereits alltagstauglich oder besteht noch grosser Nachbesserungsbedarf?

Die drei Systeme haben bewiesen, dass sie unseren Anforderungen entsprechen. Sie sind einsatzbereit. Trotzdem müssen sie laufend gewartet werden und auf neue Gefahrenpotenziale reagieren können. Das ist eine immerwährende Aufgabe.



E-Voting-Systemen wird oftmals eine mangelnde Transparenz vorgeworfen. War dies für die Stimmberechtigten ein Thema?

Die Gewährleistung transparenter Prozesse war immer unser Ziel. An den entscheidenden Phasen werden deshalb Vertreter der Stimmbevölkerung beteiligt. Dies ist beispielsweise bei der Öffnung und Schliessung der elektronischen Urne sowie bei der Entschlüsselung der elektronischen Stimmen der Fall. In der Schweiz geniessen Volksentscheide eine hohe Akzeptanz. Auch das E-Voting wird seitens der Stimmberechtigten kaum in Frage gestellt.



Wie sehen die nächsten Schritte bis zur flächendeckenden Einführung von
E-Voting aus?


Ich rechne damit, dass der Bundesrat den Evaluationsbericht bis zum Sommer 2006 verabschieden kann. Anschliessend ist eine längere parlamentarische Debatte zu erwarten. Zudem müssen die Rechtsgrundlagen zur allgemeinen Einführung auf Bundesebene definiert werden.



Bis wann kann man in der Schweiz mit der flächendeckenden Einführung
von E-Voting rechnen?


Rein rechnerisch könnte die zur Einführung notwendige Rechtsgrundlage Ende 2007 vorliegen. Die Einführung in bislang nicht involvierten Kantonen kann aber durchaus mehrere Jahre in Anspruch nehmen.




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