Business Outlook: Kombigeräte - allenfalls für Nischenmärkte geeignet

Multifunktionsgeräte werden auf absehbare Zeit keinen grösseren Markt finden. Unternehmen sollten nicht in solche Systeme investieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/16

     

Die Integrationsfähigkeit der Elektronik hat sich weit entwickelt: Es gibt heute Fernseher mit eingebautem Computer, Mobiltelefone mit Handheld-Funktionen und Apparate, die Scanner, Kopierer, Drucker und Fax vereinen. Ist das die Zukunft? Ich glaube nicht. Multifunktionsgeräte werden auf absehbare Zeit keinen grösseren Markt finden. Unternehmen sollten nicht in solche Systeme investieren.



Das hat mehrere Gründe. Einige sind offenkundiger, andere weniger. Das übliche Argument gegen solche Kombigeräte ist der Reparaturfall: Ist bei den All-in-One-Systemen mit Scanner-, Drucker- und Kopier-Funktion ein Teil kaputt, muss jeweils der gesamte Apparat in die Reparatur gebracht werden. Während bei einem defekten 150-Franken-Scanner eine Reparatur sich nicht lohnen mag, wird der Besitzer eines Kombigeräts sie trotzdem auf sich nehmen, um das Gesamtgerät weiterhin nutzen zu können.




Ein anderes Argument ist die mindere Komponentenqualität. Sie müsste zwar nicht sein, ist aber Realität, wie diverse Testberichte in der Fachpresse belegen. Wäre es nicht so, wären die Systeme oft so teuer, dass die Kunden günstiger fahren würden, wenn sie die Komponenten einzeln kaufen, die wiederum in grösseren Mengen und damit günstiger produziert werden können.


Überforderte Benutzer

Diese beiden Argumente sind aber nicht wirklich entscheidend. Der wahre Grund für die geringen Erfolgschancen von Kombigeräten liegt in der Praxistauglichkeit der Lösungen. Die meisten Kombigeräte werden das Publikum zwar faszinieren, es aber überfordern und überdies in vielen Fällen schlichtweg unpraktisch sein.



Nehmen wir die Smartphones als Beispiel: Sie vereinen die Funktion eines Mobiltelefons und eines Handheld-Computers. Eine Reihe von Herstellern bietet solche Geräte an. An der letzten CeBIT eroberten Smartphones auch einige Aufmerksamkeit in den Medien. Das ist der Faszinationseffekt: Die Möglichkeit, unterschiedlichste Funktionen in einem einzigen, kleinen Gerät zu kombinieren, ist spannend und darum für Medien attraktiv. Über die Nutzung sagt das aber noch nichts aus. Das ist so ähnlich wie mit Amphibienfahrzeugen: Jeder staunt zwar, wenn er ein Auto im Einsatz sieht, das sich wie ein Schiff auch im Wasser fortbewegen kann. Gekauft und benutzt werden solche Fahrzeuge aber fast ausschliesslich von Militärs.




Zweifellos: Wer ein Smartphone hat, braucht kein separates Gerät zur Verwaltung seiner Termine und für seinen mobilen E-Mail-Verkehr mehr. Das mag praktisch sein. Doch dafür nimmt der Benutzer diverse Kompromisse in Kauf. Viele Kombigeräte sind grösser oder unförmiger als herkömmliche Handys. Nokias Communicator ist ein Beispiel. Es gibt zwar auch kleine Smartphones, doch leidet darunter wiederum die Anzeige und Bedienbarkeit. Andere Geräte sind faktisch Handheld-Computer, die nachträglich um eine Telefonfunktion erweitert wurden; das Telefonieren damit ist eher unbequem.




Unnötige Kompromisse

Hinzu kommen weitere, scheinbare Kleinigkeiten. So etwa, dass ein Benutzer, der während einem Telefonat einen Eintrag in die Agenda vornehmen will, zwingend eine Handfree-Vorrichtung nutzen muss, weil er das Telefon sonst ans Ohr halten muss. Und seitdem Handys über WAP-Browser und Handheld-Funktionen verfügen, "stürzen" sie immer wieder ab und müssen neu gestartet werden. Das gab es früher nicht.



Wenn aber Multifunktionsgeräte kaum eine Zukunft haben, wie wird die Technik sich weiterentwickeln? Ich denke, dass jene Geräte Erfolg haben werden, die sich auf eine Aufgabe beschränken. Eine Reihe von Herstellern bietet heute Geräte an, die TV-Sendungen auf Festplatte statt auf Band speichern und dies von einem eingebauten Computer gesteuert wird. Dennoch sind diese Geräte als Videorecorder konzipiert und werden auch als solche verkauft - mit Erfolg. Könnten diese Geräte mehr, wäre das ein Overkill, zumal die Bedienung nur eines Videorecorders schon viele Leute überfordert.




Ich bin ebenfalls überzeugt davon, dass eines Tages bei uns viele Handhelds mit Funkmodems ausgestattet sein werden. Doch für Telefonate werden wir weiterhin Handys benutzen. Auch ich mache das so. Seit kurzem habe ich zur mobilen Kommunikation von meinem Notebook aus sogar eine eigene HSCSD-PC-Card. Zwar könnte ich via Handy ebenfalls ins Internet einsteigen, doch die Bequemlichkeit und Geschwindigkeit dieser anderen Lösung war mir die Zusatzinvestition wert.



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