LinuxWorld: IBM und HP machen Nägel mit Köpfen

An der LinuxWorld Expo in New York wurde das freie Betriebssystem so deutlich wie noch nie als ernsthafte Server-Plattform propagiert.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/04

     

An der soeben zu Ende gegangenen LinuxWorld Expo in New York war der Trend eindeutig: Von Suns Cobalt Cube bis hin zu IBMs Grossrechner der zSeries wurde Linux als Server-Betriebssystem für Unternehmen angepriesen. Die Zahl der IT-Firmen, die auch Linux unterstützen, nimmt zu, genauso die Lautstärke, in der solche Ankündigungen erfolgen.


Auf dem Weg zum Mainstream

An der Eröffnungsrede zur LinuxWorld Expo waren auch von der HP-Chefin Carly Fiorina klare Worte zu vernehmen. "Dieses Jahr," so Fiorina, "wird Linux den Durchbruch schaffen". Nun soll also das Open-Source-Betriebssystem endgültig in Servern von Unternehmen jeder Grösse Einzug halten. HP selbst wird dazu Hand bieten, zum einen mit Beratung und Support und zum anderen mit Linux-Unterstützung über die gesamte Hardware-Palette hinweg. Damit will das Unternehmen auch die Glaubwürdigkeit von Linux im Geschäftsumfeld stärken - natürlich auch in der Hoffnung, selber davon profitieren zu können. Fiorina konnte diesbezüglich gleich mit zwei prominenten Beispielen aufwarten. So betreibt Amazon.com mit Unterstützung von HP seine E-Commerce-Infrastruktur auf dem freien Betriebssystem. Und das Filmstudio DreamWorks, das unter anderem Steven Spielberg gehört, ersetzt die bisherigen Workstations durch Linux-Rechner, nachdem bereits die Server damit betrieben werden. Hierzu ist die Firma für vorerst drei Jahre eine strategische Allianz mit HP eingegangen.



Damit das freie Betriebssystem zu breiterer Akzeptanz findet, müssen laut Fiorina vor allem die Bedienungs- und Wartungsfreundlichkeit weiter verbessert und die Standardisierung nach den Vorgaben der Linux Standard Base vorangetrieben werden. Letzteres vereinfacht die Entwicklung von zusätzlicher Software, ein Bereich, in dem die HP-Chefin ebenfalls Nachholbedarf ortet. Zusätzlichen Schub wird die Open-Source-Bewegung gemäss Fiorina zudem durch die Fusion mit Compaq erhalten: "Was unseren Kunden daran besonders gefällt, ist, dass wir auf beide der Verbreitung von Linux der Intel- und Itanium-Plattform verschrieben haben."




Noch deutlicher wurde in seiner Rede William Zeitler, Leiter der Serverabteilungen bei IBM. Er prognostizierte einen Richtungswechsel im E-Commerce dank freier Software: "Für Dekaden hat ein proprietäres Modell die Computerindustrie dominiert. Diese Zeiten sind vorbei, und diejenigen, die das nicht bemerkt haben, stehen auf der falschen Seite der Geschichte," so Zeitler.



Im Unterschied zu HP setzt IBM aber auf den Einsatz von Linux auf mehrheitlich proprietärer Hardware wie etwa den Grossrechnern der zSeries. Dies offenbar mit Erfolg. Laut den Marktforschern der Gartner Group setzen heute schätzungsweise 70 Unternehmen Linux produktiv auf Mainframes ein, einige hundert Firmen beschäftigen sich darüber hinaus mit der Evaluation.




Linux-Distributoren setzen auf spezialisierte Versionen

Eine wichtige Rolle in IBMs Engagement für Linux spielt der deutsche Distributor und Dienstleister Suse. Im Rahmen der Kooperation dieser beiden Unternehmen hat Suse die Verfügbarkeit seines Enterprise Servers für die gesamte 64-Bit-Serverpalette von IBM bekannt gegeben. Bei diesem Produkt handelt es sich um eine spezialisierte Linux-Distribution für den Einsatz auf Unternehmensservern.



Die breite Verfügbarkeit bietet Firmen nun die Möglichkeit, über die gesamte IBM-Serverpalette hinweg ein einheitliches Betriebssystem einzusetzen. Dies hilft zudem, den Betrieb der Server-Infrastruktur zu vereinfachen.




Eine Vorabversion einer spezialisierten Linux-Distribution hat an der LinuxWorld Expo auch Red Hat gezeigt. Der Advanced Server ist insbesondere auf Sicherheit, Verfügbarkeit und hohen Datendurchsatz ausgelegt sein und unterstützt dazu Technologien wie Clustering oder Load Balancing zwischen verschiedenen Rechnern. Damit sollen wohl insbesondere Server-Kunden für Linux gewonnen werden, die bislang auf ein kommerzielles Unix gesetzt haben. Der Advanced Server soll im zweiten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen. Der Preis wurde noch nicht bekannt, genauso wenig wie Angaben zur unterstützten Hardware.



Die Schritte von Suse und Red Hat zeigen zwei Entwicklungen auf: Erstens sind die Zeiten von einheitlichen Linux-Distributionen für alle erdenklichen Zwecke vorbei. Der Trend geht hin zu spezialisierten Versionen, die auf bestimmte Gebiete wie etwa den Einsatz auf einem Server zugeschnitten sind. Dies macht insbesondere aus technischer Sicht Sinn und dürfte zudem das Vertrauen in das freie Betriebssystem fördern. Zweitens sind solche Entwicklungen aber auch ein Indiz, dass Linux und damit die anbietenden Firmen beginnen, im lukrativen Servergeschäft ernsthaft mitzumischen.



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