Instant Messenger: You’ve Got Message

Instant Messenger eignen sich nicht nur fürs Plaudern. Durch ihre Funktionsvielfalt werden sie auch im Büroalltag immer beliebter.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/39

     

Instant Messenger (IM) werden immer beliebter. Insbesondere im Businesseinsatz werden die kleinen Programme immer häufiger eingesetzt, weil sie so manches Telefongespräch überflüssig machen können. Denn kaum hat man seinen IM gestartet, kann man sehen, welcher Freund oder Geschäftspartner online ist, und kann sich ohne grossen Aufwand per Shortmessage mit ihm unterhalten. Ein weiterer, wichtiger Vorteil dieser Tools gegenüber E-Mail ist in einigen Fällen die Möglichkeit, Attachments ohne Grössenbeschränkung zu versenden.



Der IM-Verbreitung kommt entgegen, dass immer mehr Internetnutzer im Büro oder auch zu Hause eine permanente Internetverbindung haben und so auch im Web jederzeit erreichbar sein können. Eine repräsentative Umfrage des Forschungszentrums Pew Internet & American Life Project ergab, dass in den Vereinigten Staaten 75 Prozent der 12- bis 17jährigen mit Internetanschluss einen Messenger verwenden. Unter den Erwachsenen sind es knapp 40 Prozent.




Die Marktforscher der Gartner Group halten Instant Messaging sogar für den künftigen Kommunikationsstandard, welcher in den nächsten zwei bis drei Jahren E-Mail ablösen wird. Kein Wunder also, dass sich inzwischen die Messenger-Anbieter konkurrenzieren wie die Browser-Hersteller.



Natürlich steht auch bei diesem Kampf um den ersten Rang bei den IMs Microsoft auf der einen Seite und AOL mit ICQ auf der anderen. Doch auch weniger bekannte Programme wie Odigo oder Yahoo!Messenger bieten ganz vorne mit.



InfoWeek hat vier Instant Messenger getestet: den MSN Messenger aus dem Hause Microsoft, den Yahoo!Messenger, das verspielte Programm Odigo und die Mutter aller Messenger, ICQ.


ICQ 2000b Beta

Die grösste Fangemeinde unter den IMs hat zweifellos ICQ. Nach Angaben des Herstellers nutzen über 111 Millionen Menschen den Dienst. Der aus der israelischen Softwareschmiede Mirabilis stammende Chat-Client war einer der ersten überhaupt. 1998 wurde ICQ von AOL aufgekauft und wird seither regelmässig mit Features aufgerüstet. Die aktuelle Version läuft unter der Bezeichnung 2000b und lässt sich als fünf MByte grosses Paket herunterladen.



Zur Kontaktaufnahme bekommt jeder ICQ-Benutzer bei seiner ersten Anmeldung eine eindeutige ICQ-Nummer (genannt UIN, Universal Internet Number), mit der er sich beim ICQ-Server anmeldet, sobald er online ist. Der Funktionsumfang von ICQ ist beträchtlich: Er reicht von Instant Messaging über Real-Time-Chat, Datentransfer, Gruppen-, Voice- und Video-Chats, E-Mail und SMS.




Eine weitere sehr nützliche Funktion ist die Statusmeldung. Mit ihr kann den Freunden auf der Buddyliste mitgeteilt werden, ob man gerade besetzt ist oder nicht am PC sitzt. Ausserdem kann man sich auch komplett unsichtbar machen. Seit der Version 2000 verfügt ICQ zusätzlich über die E-ICQ genannte Möglichkeit, E-Mails zu verschicken. Hinzugekommen sind auch Module für einen Spontan-Chat (random chat), die ICQ Homepage Factory für die Bastler eigener Web-Seiten, ein Message-Archiv zur Aufbewahrung alter Nachrichten sowie die Möglichkeit, elektronische Grusskarten zu versenden.



Allerdings machen die vielen Features ICQ zu einem Programm für versierte Internetanwender. Für weniger geübte User bietet ICQ einen "Simple mode" und somit die Möglichkeit, auf verwirrende Zusatzfunktionen zu verzichten.



Ein weiterer Bonus von ICQ gegenüber anderen Instant Messenger ist seine riesige Anzahl von Mitgliedern auf der ganzen Welt. Auf den sogenannten White Pages lassen sich Gleichgesinnte aus allen Bereichen, Leute aus der gleichen Stadt oder Chatter des anderen Geschlechts suchen. Durch verschiedene Filterfunktionen, lassen sich unerwünschte Besucher vom Bildschirm verbannen.



Mit 5,3 MB gehört ICQ zu den etwas grösseren Programmen. Einziger Nachteil der ICQ-Software ist, dass es nicht kompatibel mit anderen Messenger ist. Doch bei über hundert Millionen Mitgliedern lässt sich für jeden der richtige Chat-Partner finden.




MSN Messenger 4.5

Auch Microsoft zeigt, wie wichtig IM-Applikationen inzwischen geworden sind. Nach dem relativ späten Einstieg in den IM-Markt ermöglicht der neue MSN Messenger, der ein wesentlicher Bestandteil von Windows XP ist, den Benutzern nicht nur den Austausch von Nachrichten und Dateien, auch Applikationen lassen sich auf diese Weise gemeinsam nutzen.



Voraussetzung für die Installation des 329 Kilobyte schlanken MSN Messenger ist allerdings ein Passport-Konto, das auf Wunsch auch direkt eingerichtet wird. Bei der Installation und Einrichtung des MSN Messenger steht dem Anwender ein gut funktionierender, deutschsprachiger Assistent zur Seite, der selbst IM-Anfängern einen einfachen Einstieg ermöglicht.




In Sachen Technik hinkt der MSN Messenger den Marktführern hinterher. Jedoch verfügt er neben den nötigen Standardfunktionen auch über Zusatzfeatures wie das Anzeigen des Online-Status und zahlreiche Möglichkeiten zur individuellen Anpassung der Kurznachrichten, darunter Schriftart, Farbe und Schriftgrad. Auch kann der User spezielle akustische Signale festlegen, die beim Eintreffen einer Nachricht oder bei der Anmeldung eines Online-Kontakts wiedergegeben werden. Allerdings lassen sich keine individuellen Abwesenheitstexte definieren, so dass ein Partner nicht weiss, wann ein erneuter Verbindungsversuch sinnvoll ist.



Die Benutzeroberfläche ist übersichtlich und schnörkellos. Der Microsoft-Messenger kann feststellen, ob auf einem Hotmail-Konto neue E-Mails eingetroffen sind. Hat der Anwender die ersten Buddies hinzugefügt, steht munterem Gesprächs- und Dateiaustausch wenig entgegen. Da die Buddies online auf dem Server gespeichert werden, kann der Anwender, wie bei allen andern IMs auch, von verschiedenen Orten auf diese Liste zugreifen, beispielsweise im Büro und Zuhause. Dabei weist der MSN Messenger in der Statuszeile darauf hin, wenn der Gesprächspartner gerade am Tippen ist. Smileys wandelt das Programm selbständig in kleine Grafiken.



Nach Benutzerprofilen lässt sich im MSN Messenger im Gegensatz zu ICQ nicht suchen. Dafür sind Telefonanrufe über den Anbieter net2phone möglich. Auch SMS-Nachrichten lassen sich verschicken. Im Gegensatz zu ICQ und Odigo kann man keine Offline-Nachrichten versenden. Auch eine Weitergabe der Kontaktlisten ist nicht möglich. Dafür verfügt das Programm über gute Filterfunktionen. Unerwünschte User lassen sich gezielt blockieren, so dass man für diese nicht mehr sichtbar ist.



Wenn Microsofts MSN Messenger installiert ist, erscheint bei Aufruf der Webseite www.msn.ch ein in die Page integriertes Message-Fenster mit den Online-Kontakten und neuen E-Mail-Nachrichten. Unterm Strich bietet der MSN Messenger aber wenig mehr als die typischen Standarddienste.




Odigo 3.1

Der bisher wenig bekannte Odigo ist eine gute Alternative zum Riesen ICQ. Dieses gerade mal 3,75 MB grosse Programm ist weit einfacher zu bedienen, besitzt dafür aber nicht so viele Funktionen. Ausserdem ist das Tool mit der futuristischen Oberfläche weniger für den Businesseinsatz gedacht.



Schon beim ersten Start der Software, die übrigens in Deutsch, Englisch, Französisch und 18 weiteren Sprachen - darunter sogar Arabisch und Hebräisch - verfügbar ist, verblüffen die umfangreichen Möglichkeiten, seinen eigenen Steckbrief zu gestalten. Aus Hunderten von Cartoon-Faces kann man sich eines aussuchen, mit dem man für andere Nutzer sichtbar sein möchte, oder sogar eigene Gesichter gestalten. Ausserdem kann man festlegen, in welcher Chat-Stimmung man sich gerade befindet, etwa in Flirtlaune oder auf der Suche nach Trost.




Bei der Installation von Odigo ist es zudem möglich, sich Module für den Kontakt mit anderen Messengern herunterzuladen. Odigo kann mit ICQ, Yahoo und dem Instant Messenger von AOL kommunizieren. Über spezielle Import-Filter kann man seine bestehenden ICQ-Bekanntschaften und sogar Buddies aus Konkurrenz-Systemen wie Yahoo!Messenger und MSN Messenger per Mausklick in das Programm integrieren. Das heisst: fünf Communities unter einem Dach.



Über ein Radar findet man schnell Kontakt zu Gleichgesinnten. Noch einem anderen Zweck dient das Radar. Es zeigt beim Surfen mit Internet Explorer an, welche anderen Odigo-Nutzer sich auf derselben Site befinden. Damit ist Odigo auch ein perfektes Tool zum Gruppensurfen. Wer dies nicht mag, hat drei verschiedene "Unsichtbar-Modi", um seine Anwesenheit zu verbergen. Die Suche übermittelt allerdings auch einige persönliche Informationen an den Odigo-Server; unter anderem die eigene IP-Nummer sowie die URLs der Webseiten, auf denen man unterwegs ist.



Natürlich sind auch alle Standardfunktionen verfügbar, die man schon von ICQ her kennt: der Voice-Chat etwa, die Möglichkeit, URLs zu verschicken, der Versand von Dateien oder das Senden von SMS.




Yahoo!Messenger 3.5.0.872

Der Yahoo!Messenger verfügt als direkter Konkurrent zu ICQ über die gleichen Grundfunktionen wie sein Mitstreiter. Neben dem Instant Messaging kann er Dateien übertragen, Voice-Mail und Konferenz-Chats ermöglichen. Auf Wunsch liefert er auch Nachrichten, Börsenkurse und den Wetterbericht. Er ist mit der Möglichkeit für Real-Time- und Voice-Chats und Offline-Meldungen ausgestattet. Benutzer eines WAP-Handys können an der IM-Kommunikation ebenfalls teilnehmen. Doch während ihn diese Merkmale kaum von der Konkurrenz unterscheiden, verfügt er mit der Voice-Konferenz über ein einzigartiges Feature.



Um nicht dauernd von Messages gestört zu werden, enthält der Yahoo!Messenger verschiedene Online-Modi, darunter auch einen Invisible-Modus. Damit kann der Nutzer seine Buddies beobachten und die sonstigen Funktionen nutzen, ist selbst aber nicht zu sehen. Den eigenen Online-Status symbolisiert der Yahoo!Messenger dabei nicht mit unverständlichen Icons wie seine Mitstreiter, sondern im Klartext.




Während der Einrichtung der Software nistet sich der Messenger in die Browserleiste ein und schafft so einen Assistenten, um Kurznachrichten auch direkt aus dem Browser heraus zu versenden. Das ist erst etwas ungewohnt, aber nützlich, da man so nicht jedes Mal den Chat-Client öffnen muss. Ausserdem erleichtert der Assistent den Zugriff auf das Yahoo!-Portal und alle von Yahoo angebotenen Webdienste. Zum Beispiel gewährt ein spezieller "Finanz-Modus" raschen Einblick in die Entwicklung des eigenen Wertpapierdepots. Die Oberfläche des Yahoo!Messenger ist intuitiv und benutzerfreundlich gestaltet und somit auch für Anfänger einfach bedienbar. Durch zahlreiche Konfigurationsmöglichkeiten lässt sich der IM an den persönlichen Geschmack oder spezielle Bedürfnisse anpassen.



Ein wichtiges Feature des Yahoo!Messenger ist die Integration in das MyYahoo-System. Nach Eingabe der Präferenzen in MyYahoo erscheinen spezielle Nachrichten oder Sportergebnisse direkt im Messenger.




Fazit

Bei der Suche nach dem idealen Instant Messenger geht es nicht um das Produkt mit den meisten und besten Features. Da die Anbieter noch keinen einheitlichen Standard geschaffen haben, muss sich die Wahl an den Kommunikationsteilnehmern orientieren.



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