David Coursey: Die 4 Technologie-Trends der kommenden Dekade

Die vier wichtigsten Trends der nächsten Dekade aus Sicht der Gartner-Analysten und wie weit sich diese mit dem Wissen von David Coursey decken oder eben nicht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/39

     

Eines Tages erhielt ich eine sehr interessante E-Mail von der Gartner Group, dem Giganten unter den IT-Consulting-Firmen, in dem grossartig angekündet wurde, Aufschluss über die vier wichtigsten Technologie-Trends der kommenden Dekade zu geben. Ein heisses Thema, das an einer in der selben Woche stattfindenden Konferenz in Florida, vor über zehntausend repräsentativen Besuchern aus der Wirtschaft besprochen werden sollte.




Wenn ich Willens gewesen wäre, in diesem Monat ein Flugzeug zu besteigen - ja, ich hatte Angst zu fliegen - ich hätte diese Konferenz sicherlich besucht. Denn ich wollte doch selber hören, was Gartner als die vier wichtigsten Trends der nächsten Dekade anzukündigen gedenkt und wie weit sich diese mit meinem Wissen decken oder eben nicht.


IT-bestimmende Trends laut Gartner

Die vier von Gartner beschriebenen herausragenden Technologie-Trends habe ich im folgenden mit meinen Kommentaren ergänzt.



Customer Self Service: Bis ins Jahr 2005 sollen über 70 Prozent aller Kundendienstleistungen vollautomatisch ablaufen. Dies wäre ja ein Trend hinter dem ich stehen könnte, da ich seit geraumer Zeit auch ein grosser E-Commerce-Konsument bin. Der Trend kommt allerdings nicht jedermann entgegen, insbesondere wenn man beispielsweise als Verkäufer arbeitet oder wenn man als Student oder Lehrling auf der Suche nach einem Teilzeit- oder Ferienjob ist.




"Diese Technologie befähigt die Kunden, Informationen selbständig abzurufen oder Transaktionen auszuführen ohne dabei auf fremde menschliche Hilfe angewiesen zu sein", erläutert Jackie Fenn, Vizepräsident und Forschungsverantwortlicher bei Gartner. Da dieses System viel geringere Investitionen benötigt, können die erzielten Ersparnisse direkt an die Kunden weitergegeben werden, was die Konkurrenzfähigkeit solcher Unternehmen deutlich erhöht. Die Bezeichnung für diesen Trend lautet "Personal Service". Einige Webanbieter machen auf diesem Gebiet aber bereits heute schon einen guten Job - Amazon kommt mir da spontan in den Sinn.



Web Services: Durch die Tatsache, dass Business-Prozesse mehr und mehr softwaregesteuert sind, werden Web Services eine wesentliche Triebfeder in der kommenden E-Business-Landschaft einnehmen.



"Web Services erleichtern und unterstützen die Entwicklung und Integration von softwaregesteuerten Business-Prozessen. Sie ermöglichen den Unternehmen eine grössere Flexibilität und erlauben ihnen, sich wieder vermehrt auf das eigentliche Kerngeschäft zu konzentrieren" präzisiert Alexander Linden, Forschungsdirektor bei Gartner. Tatsächlich gehören Web Services zu den heissesten Trends für die Jahre 2001 und 2002 und werden vermutlich immer noch stark unterschätzt.



Mobile Computing: Bis ins Jahr 2007 sollen 60 Prozent aller Amerikaner zwischen 15 und 50 Jahren einen tragbaren Computer besitzen. Sie kommunizieren drahtlos und dies etwa sechs Stunden am Tag. "Die starke Verbreitung von drahtlosen, tragbaren Computern wird Anbieter und Konsumenten näher und näher zusammenbringen, beispielsweise in Kommunen, über abrufbare Informationen oder andere Services", sagt Fenn.



Tragbare Computer werden die Gunst der Stunde nutzen und die absolute Leaderposition im Handel übernehmen. Dies alles resultierend aus den unzähligen Dienstleistungen, die über das drahtlose Netz abrufbar sind und noch kommen werden. Und bis 2009 werden 70 Prozent aller Amerikaner diese "intelligenten Kommunikationseinheiten" implementiert haben und somit immer mit sich herumtragen.



Dies ist wohl mehr als eine Prophezeiung, doch könnte es sein, dass wir uns alle einmal noch an diese Gartner-Prognose erinnern werden.



Die Verknüpfung der Welt: Bis ins Jahr 2008 sollen im Business-to-Consumer-Bereich für 90 Billionen Dollar Kaufentscheidungen getroffen werden, und gar für 350 Billionen Dollar im Business-to-Business-Bereich. Diese Kaufentscheidungen werden auf ebensolchen Verknüpfungen basieren, die Informationen und Meinungen über das zu kaufende Produkt enthalten. "Die Flut an Informationen, Produkten und Dienstleistungen, die schon heute für Kunden und Geschäfte verfügbar sind, und auch genutzt werden, spornen nur noch mehr an, den Fokus weiter auf diese Bahn zu lenken, und es den Konsumenten zu ermöglichen, noch mehr Auswahlmöglichkeiten zu erlangen" sagt Linden. "Diese verknüpfte Industrie wird das Kaufverhalten der Kunden ändern, womit neue Industrien enstehen werden in den Bereichen Beratung und Marktforschung."



Was Gartner wohl damit sagen möchte ist, wer den Kunden bei seiner Shopping-Tour besser unterstützt, macht auch das bessere Geschäft.




Kaum Neues an der Trendfront

Gartner predigt also Trends, basierend auf Gegebenheiten, von denen noch keiner je etwas gehört haben soll. Entschuldigung, dass ich dies so zynisch kommentiere, im Stillen bin ich ja damit einverstanden, dass all diese Trends wichtig sind, nur bin ich erregt darüber, dass so hochbezahlte studierte Köpfe wie die von Gartner mir nichts wirklich Neues erzählen. So ging ich denn auch zu meinen Bossen und sagte ihnen, dass wir Gartners Neuigkeiten anstelle meiner Kolumnen veröffentlichen könnten. Zum Trost für alle sei gesagt: Das Beispiel von Gartner ist ein Beweis dafür, dass es nicht nötig ist, viel Geld auszugeben, nur um zu wissen, woher der Wind weht.



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