David Coursey: Was der Palm-CEO in seiner Keynote nicht gesagt hat

David Courseys Botschaft an Palm-Chef Carl Yankowsk: «Bevor Du Dich das nächste Mal für einen Vortrag anziehst, steh vor den Spiegel und sag 10 Mal: Ich bin nicht Steve Jobs».

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/25

     

Ein Mann, der so viele Probleme hat wie Palm-Chef Carl Yankowski, hat wahrscheinlich wenig Interesse an Mode-Beratung. Und sicher nicht von einem, der nicht Ralph Lauren heisst. Da ich aber vor einigen Tagen in seiner einstündigen Keynote an der PC Expo in New York sass, fühle ich mich verpflichtet, ihm einen Tip zu geben: Trag nie wieder schwarz! Verbrenn diese Klamotten! Du siehst darin nicht besonders vorteilhaft aus, und - noch wichtiger - Du verbreitest damit die falsche Botschaft. Bevor Du Dich das nächste Mal für einen Vortrag anziehst, steh vor den Spiegel und sag 10 Mal: "Ich bin nicht Steve Jobs".



Carl, wenn Du so verdammt beschwingt bist über Palms Zukunft, warum bist Du dann angezogen wie ein grosser Kohle-Klumpen? Wo ist das Begräbnis?




Denk daran, wir sind noch immer in dem von Marshall McLuhan propagierten Zeitalter, in dem das Medium die Message ist - Deine Kombination aus schwarzer Jacke, schwarzer Freizeithose, schwarzem Shirt, schwarzen Socken und schwarzen Schuhen war definitiv das falsche Medium für Deine frohe Botschaft. Oder gibt es da eine andere, versteckte Enthüllung? Ich denke da an den Verkäufer, der einen guten Service verspricht, und dabei unbewusst den Kopf schüttelt.
Die versteckte Botschaft in der Keynote: Carl Yankowski scheint zu glauben, dass Palm in genau den grossen Problemen steckt, von denen jeder weiss, dass Palm sie hat. Obwohl seine Worte beschwingt klangen - nun, wie Billy Crystal (als Fernando) sagte, es geht nicht darum, wie man fühlt, sondern wie man aussieht. Und Carl, Du hast nicht besonders gut ausgesehen.



Was bei Palm passiert - Verluste, Entlassungen und Lethargie - ist traurig, denn die Firma war drauf und dran, "das Microsoft" der mobilen Welt zu werden. Aber auf dem Weg dahin gibt es einen Abgrund, über den Yankowski sein Unternehmen kaum führen können wird.



Warum? Weil Palm die Lektion nicht gelernt hat, die Bill Gates schon früh verstanden hat und die Apple von Steve Jobs aufgezwungen wurde: Eine Firma, die Betriebssysteme herstellt, sollte nicht mit ihren Hardware-OEMs konkurrieren. Bill hat es gar nicht erst versucht, und Steve hat mit der Lizenzierung von MacOS aufgehört.



Natürlich war Palm ursprünglich kein Betriebssystem-Hersteller. PDAs waren weitgehend unbrauchbar, bevor Palm die Bühne betrat. Mit 15 Millionen verkauften Einheiten ist Palm der unangefochtene Marktleader, aber mittlerweile verliert die Firma an Boden. Und es ist weder das Lizenzen-Business noch Microsoft, die Palm zurückhalten. Es ist die Hardware-Seite des Geschäfts, die Palm in letzter Zeit so viele Schmerzen verursachte.



Yankowski scheint verstanden zu haben, dass Palm zum nächsten grossen Ding übergehen und die Versprechungen des mobilen, kabellosen Computing einhalten muss. Aber da gibt es eine Ankündigung, die er für die Erfüllung des Versprechens hätte machen müssen, und es ist unwahrscheinlich, dass diese Worte jemals über seine Lippen kommen werden. Er hätte uns eine der beiden folgenden Ankündigungen machen müssen:




• Palm folgt dem Ansatz von Microsoft und wird künftig nicht mehr mit seinen Hardware-OEMs konkurrieren - und entsprechend das Hardware-Business aufgeben; oder




• Palm folgt dem Ansatz von Apple, wird weder sein Betriebssystem noch seine Technologie künftig jemals wieder lizenzieren und die gesamte Plattform kontrollieren.



Von diesen beiden Möglichkeiten wäre wohl die erste einfacher zu verwirklichen, selbst wenn dies eine starke Verkleinerung der Firma bedeuten würde. Ich wette deshalb, dass das Hardware-Business verkauft wird und Palm damit fein raus ist.



Warum? Weil das Mithalten im Wettbewerb der Hardware die Plattform unterminiert und so Probleme aufkommen, die Palm - und das mobile Computing - nicht brauchen. Palm steht besser da, wenn die Firma das Betriebssystem und das Anwendungs-Business kontrolliert, statt über die Hardware-Abteilung in ständiger Konkurrenz zu Unternehmen zu stehen, die eigentlich Palms stärkste Alliierte sein sollten.



Heute sieht es so aus, als würde die Palm-Economy, über die Yankowski spricht, nur gerade einen grossen Hardware-Hersteller unterstützen wollen. Wenn es auf die technischen Meriten ankommt, wird dies Handspring sein, oder - schluck - sogar Sony.



Palm sollte sich auf die Verbesserung des Betriebssystems und der zugehörigen Hardwareplattform konzentrieren, indem die Firma Referenz-Designs an die OEMs liefert. Palm sollte auch Schlüsselapplikationen und -infrastrukturen entwickeln, und vielleicht sogar Consulting und Implementations-Unterstützung für wichtige Kunden anbieten.



Palm sollte schliesslich auch sein Business weg von den Handhelds und hin zu Enterprise-Lösungen erweitern, vielleicht sogar Microsofts Mobile Information Server konkurrieren, der künftig als Interface zwischen Kleincomputern und riesigen Firmen-Informationssystemen dienen soll. Man sollte auch revolutionäre Devices wie Kyoceras SmartPhone im Auge behalten - es wird eine Menge solcher Geräte geben, deren Nutzwert Palm erhöhen kann.



Sicher ist dabei bloss eines: Palm sollte sich nicht im Hardware-Business tummeln. Dieses zieht die Firma bloss herunter - und Yankowski braucht keinen zweiten schwarzen Dienstag.




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