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Weltweiter Nachhilfeunterricht


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/15

     

Im vergangenen Winter nahm Lucy Hooberman die Herausforderung an. Jetzt versucht sie von ihrem Haus in London aus über 350 gut ausgebildete Freiwillige in aller Welt, die Leute aus Entwicklungsländern unterrichten wollen, via Internet zu koordinieren. Die Herausforderung kam von Chris Anderson, dem Kurator der TED-Konferenzen. TED steht für «Technology, Entertainment and Design», und die Konferenzen gelten als weltweit führend in diesem Feld. Sie ziehen Spitzenunternehmer, Investoren, Nobelpreisträger, Stararchitekten und Künstler an. Anderson bot also 1000 Dollar für die originellste Verpflichtung auf Pledgebank.com, einer britischen Website, die Leute darin unterstützt, an Bedingungen geknüpfte Verpflichtungen umzusetzen («Ich verpflichte mich dazu, dies zu tun, aber nur, wenn andere auch mitmachen»). Hooberman, die in der BBC-Abteilung New Media Innovation arbeitet, bekam die 1000 Dollar für ihr Versprechen, «mindestens zwei Personen aus Entwicklungsländern in meinen Kernkenntnissen Nachhilfeunterricht zu erteilen, kostenlos und mindesten sechs Monate lang, persönlich oder via E-Mail und Skype, aber nur, wenn weitere 250 Mentoren ihrerseits jeweils mindestens zwei Personen in ihren Wissensbereichen unterrichten».
Dieses Versprechen kam exakt zum richtigen Zeitpunkt. 2005 wurde dem Thema Armut eine hohe Aufmerksamkeit zuteil– Stichworte: G8-Gipfel in Schottland und Live8-Konzerte. Viele Leute waren bereit, ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Zeit anderen zur Verfügung
zu stellen. Das Resultat: 350 Nachhilfelehrer schrieben sich für Hoobermans Projekt ein. Mittlerweile haben sie und eine kleine Gruppe von «Kern-Mentoren» die 1000 Dollar praktisch aufgebraucht, um die Initiative unter dem Namen Mentoring Worldwide ins Rollen zu bringen und über ein Blog ihre Entwicklung zu verfolgen und die Diskussion anzukurbeln. Das Vehikel für die Umsetzung des Konzepts der «Unterrichts-Partnerschaften» sind die Kollaborations-Technologien. Dieses Projekt basiert (und kann nur basieren) auf den Prinzipien der Peer-to-Peer-Zusammenarbeit, in der preisgünstige oder kostenlose Tools wie E-Mail, Skype, Blog und Wikis zur Anwendung kommen.
Nun ist Nachhilfeunterricht eine alte Idee, und Wissensaustausch übers Internet wird auch schon seit längerem praktiziert. Mentoring Worldwide läuft aber auf etwas anderes hinaus. Wie Hooberman in ihrem Blog schreibt, geht es zuerst darum, zu testen, was wie von den Nachhilfelehrern geleistet werden kann und welche Erwartungen die Schüler haben. Die Ziele mögen zu Beginn eng gesteckt sein. Aber wenn es Hooberman und ihre Freunde schaffen, den Prozess klar und transparent zu gestalten und einen guten Plan für die effiziente Nutzung der Internet-Tools zu erstellen, könnte das Projekt nicht nur ein «Labor» für die Inhalte des Wissensaustauschs werden, sondern vor allem eines zur Erforschung der Art und Weise des Wissensaustauschs. Und für die Untersuchung der Frage, inwieweit neue Technologien wirklich dabei helfen können (oder eben nicht), neue Formen von internationalen kollaborativen Organisationen aufzubauen, ohne dass diese von starren Strukturen erdrückt werden.




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