Gesucht Informatiker - Hochschulabsolvent gefunden
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/08
In Internet-Inseraten werden zuhauf Hochschulabsolventen mit Praxis gesucht. Doch diese sind äus-serst rar: die heute erfahrenen haben vor 5 Jahren die ETH verlassen, das haben damals rund 50 jähr-lich gemach, genügend für den grössten Informatik-Arbeitgeber der Schweiz. Zwar sind die Studenten-zahlen an ETH und Uni in den letzten Neunzigern gestiegen, doch sind wir bald wieder gleich weit: im Herbst 2005 haben 141 ein Informatik-Studium an der ETH aufgenommen, erfahrungsgemäss wird die Hälfte davon in 4 Jahren an den Markt treten. Die Entwicklung sieht bei den Fachhochschulen nicht viel besser aus.
Seit 1994 existiert die Informatik-Lehre, vom damaligen ASM entwickelt, dem Verband der Maschinen-industrie. Diese Lehre hat sich inzwischen sehr bewährt, wird heute in einem Modulsystem in der Regel in drei Schwerpunkten angeboten: Support, Systemtechnik und Applikationsentwicklung. 1994 bis 2000 entwickelte sich diese extrem rasch, bald wurden 2000 neue Lernende jährlich gezählt. Sie wurde ent-sprechend rasch zur normativen Kraft: der Einstieg in die Informatik ist heute ohne diese Grundbildung mit eidg. Fähigkeitszeugnis kein Thema mehr. Doch auch hier fielen die jährlichen neuen Betriebs-Lehrverträge beispielsweise im Kanton Zürich von 500 auf 240!
Schlagzeilen über Abbau, Outsourcing und Verschiebung in den Osten haben den Traumberuf Informa-tiker aus dem Interesse gebracht. Zu Unrecht: Die Informatik hat im jährlichen Wachstum der Stellen und Wertschöpfung der Schweizer Wirtschaft von 1997 bis 2005 am Meisten zugelegt. Der Jobpilot-Index der Informatik hat in den letzten Monaten um mehr als 20 Prozent zulegen können, die Arbeitslo-sigkeit ist laufend gesunken und befindet sich demnächst auf dem Stand des Jahres 2000. Die Hälfte der letztjährigen Absolventen der Informatik-Grundbildung hatte bereits im Juni eine gesicherte Stelle!
Es ist also absehbar, dass sich eine weitere Personalknappheit anbahnt. Das Rekrutieren ab Ausland hat sich in den letzten beiden Jahren bewährt, stösst jetzt jedoch auf Grenzen: überall zeigt sich das-selbe Mangel-Bild. Das bedeutet, dass nun einiges unternommen werden muss, um das Fachleute-Problem endlich in den Griff zu bekommen.
Es sollte sich einbürgern, dass die Sorge für genügend qualifiziertes Personal Aufgabe der CIOs ist. Das Warten auf den Markt hat sich über 50 Jahre nicht bewährt. Auch die Informatik muss, wie andere Berufsfelder, für sich sorgen und junge Leute nachziehen. Die Informatik-Lehre ist hier die ideale Ant-wort. Entsprechend sollte sich jede/r Informatik-Abteilung oder Betrieb für genügend Lehrlinge einset-zen. Aber auch das bestehende Personal muss dringend weiterentwickelt werden.
Manko Nr. 2: Der Stand der Ausbildung
der heutigen Informatiker
Es gibt kaum einen Beruf mit so niedrigem Bildungsstand: nur rund 20% der Informatiker hat einen eidg. anerkannten Abschluss. Knapp 9% haben einen Lehrabschluss, 7% den eidg. Fachausweis, davon 3% auch das eidg. Diplom (=»Meisterprüfung»), 6% einen Fach-/Hochschulabschluss. Hier gilt es, massive Anstrengungen zu unternehmen, um einen höheren Bildungsstand zu erreichen. Das ist nötig, werden doch die Anforderungen an die Berufsleute laufend erhöht. Hier empfiehlt sich auch Eigeninitiative zu entwickeln und sich marktfähig zu erhalten (oder machen), will man nicht ersetzt werden.
Die heutigen Fachhochschul-Studierenden sind die gestrigen Informatik-Lehrabsolvent/-innen! Nur wenn wir genügend Lehrlinge haben, die auch die Berufsmaturität ablegen, können wir später Fach-hochschulabsolventen anstellen. Es braucht dazu in etwa doppelt so viele Ausbildungsplätze, wie heute vorhanden. Und die entsprechende Motivation, sich nach der Lehre an einer Fachhochschule einzu-schreiben.
Noch lange Zeit wird man neue Quereinsteiger brauchen. Wichtig ist jedoch, dass diese inskünftig auch genügend ausbildet werden. Dazu braucht es für die künftigen Anforderungen die «Lehre für Erwachse-ne» mit dem eidg. Fähigkeitszeugnis. Und auch sie sollen sich weiterbilden.
Verschiedene Studien weisen nach, dass die CIOs es für wichtig erachten, kurzfristig die Qualität der Informatik zu erhöhen, mehr Systematik ins Geschäft zu bringen, Forderungen nach einem deutlich besseren Projektmanagement stellen und sehen, dass die wirtschaftlichkeit der Informatik erhöht wer-den muss. Bringt heute eine Firma z.B ein Entwicklungs-Projekt nach Indien, wird sie innert Kürze die benötigte Anzahl qualitativ hochstehender Hochschulabsolventen eingesetzt sehen. Sie trifft ein völlig anderes Niveau der Fachleute als im Heimmarkt an. Soll die Informatik-Entwicklung der Schweizer Volkswirtschaft erhalten bleiben, ist unbedingt nötig, den durchschnittlichen Qualifikationsstand der Schweizer Informatiker drastisch zu verbessern. Eine Aufgabe, welche die Aufmerksamkeit und den Kräfte- und Mitteleinsatz aller benötigt. Laissez-faire genügt hier schon lange nicht mehr.
Informatik-Grundbildung mit eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ)
4-jährige Ausbildung als Lehre, Informatikmittelschule oder in Privatschulen. Einheitlicher Schul-Modulbebauungsplan, 4 Schwerpunkte Generalist, Support, Systemtechnik und Applikationsentwick-lung. Die Informatik-Ausbildung in Berufsschule und überbetr. Kursen umfasst 1400 Lektionen.
Höhere Berufsbildung, der Weg zur «Meisterprüfung»
Die berufsbegleitende höhere Berufsbildung erfolgt je Stufe mit 5, resp. 4 Richtungen je nach Einsatz-gebiet im Berufsfeld. Erste Stufe Berufsprüfung mit dem eidg. Fachausweis. Zweite Stufe führt zum eidg. Diplom Informatiker. Rund 2x400 Lektionen.
Höhere Fachschulen (Informatiker HF)
Die Rolle der höheren Fachschulen ist mit dem neuen Berufsbildungsgesetz massiv ausgebaut worden. Im Bereiche der Informatik bestehen Studienmöglichkeiten mit Schwerpunkten in Systemtechnik und Wirtschaftsinformatik. Vollzeitstudium und berufsbegleitende Bildungsangebote mit ca. 1600 Lektionen.
Fachhochschulen (dipl. Ing. FH), die Hochschulen der Lehrabgänger/-innen
Verschiedene Lehrgänge, Systeminformatik und Wirtschaftsinformatik im Angebot. Nachdiplomstudien, wie z.B. Medical Informatics usw.. Die Fachhochschule ist die Hochschule der Berufsabsolventen.
Auch für Berufslehrabsolvent/-innen ist ein Studium an ETH oder Universität möglich. Mit der Berufsma-turität kann
heute eine Aufnahmeprüfung gemacht werden, in der Regel wird diese nach einem einjährigen Vorbereitungskurs
absolviert.