Das Sehvermögen behalten
Quelle: SIO Solutions

Das Sehvermögen behalten

Das Start-up SIO Solutions will anfangs symptomlose Augen­erkrankungen frühzeitig und kostengünstig erkennen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2021/09

     

Es ist kein Geheimnis, dass die Bevölkerung der Schweiz älter wird. Dies wird auch immer mit als Grund für die steigenden Kosten im Gesundheitswesen angegeben. Das Start-up SIO Solutions hat sich zum Ziel gesetzt, nicht nur bei der Senkung der Kosten mitzuwirken, sondern gleichzeitig Gesundheitsdienstleistungen allen zugänglich zu machen. Dafür setzen die Zürcher bei den Augen an – konkret beim Augen-Screening.

Mit Hilfe dieser Untersuchung können eventuelle Auffälligkeiten von Netzhaut- und Sehnervenveränderungen entdeckt werden. Gemeint sind Glaukom, diabetische Retinopathie oder die Makuladegeneration. «Diese Krankheitsbilder sind oft zu Beginn symptomlos und bleiben deshalb ohne spezielle Untersuchung lange unentdeckt. Später können sie zu irreversible Schäden führen», so SIO-Solutions-Mitgründer Francesco Schirinzi.


Auftreten tun diese Krankheiten meist ab 45 Jahren – sind also, in Kombination mit anderen Faktoren, häufig altersbedingt. Mit Hilfe regelmässiger Augen-Screenings kann man deswegen vorbeugen. Bisher muss man dafür aber zum Augenarzt – was aufwendig und teuer ist – auch weil nicht jeder Augenarzt ein Augen-Screening interpretieren kann. «Dafür muss er einen Retina­spezialisten im Haus haben», erklärt Francesco Schirinzi.

Wie funktioniert es

Hier kommt RetinApp ins Spiel: Die neue Plattform dient dazu Bilder, die von einer Augenhintergrundkamera aufgenommen wurden, ortsunabhängig einem Spezialisten zur Beurteilung zuzuführen und den Patienten zeitnah über den Zustand seines Augeninnern zu informieren oder bei Erkennung von Unregelmässigkeiten einem Spezialisten zu überweisen. Dies im Unterschied zum bisherigen Vorgehen: Hier muss der Patient in die Praxis gehen, wo eine Assistenz ein Foto vom hinteren Augenabschnitt macht. Dieses wird anschliessend vom Spezialisten vor Ort interpretiert, der dann eine Empfehlung ausspricht.

Die Spezialkamera kann aber grundsätzlich von jedem instruierten Anwender bedient werden. «Das kann ein Augenarzt sein, der keine Netzhautspezialisten vor Ort hat, ein Hausarzt, eine Apotheke oder auch ein Optiker», fährt Schirinzi fort.


Am so verschobenen Screeningpoint wird dann ein Foto des Augeninnern angefertigt und anschliessend auf die Plattform geladen. Zusätzliche Angaben über den Patienten – Alter, Blutdruck, ob er Diabetiker ist sowie Daten zum Sehvermögen können vom Patienten angegeben werden. Sie dienen, die Auswertungsqualität zu steigern. Am anderen Ende untersuchen Retinaspezialisten die Aufnahme und sprechen eine Empfehlung aus.

Der Patient erhält zum Schluss einen individuell gefertigten Bericht als PDF. «Wir haben eigene Algorithmen, die beim Erstellen der Auswertung helfen. Damit wird die Auswertungsqualität zusätzlich gesteigert», erklärt Francesco Schirinzi.

Totzeiten füllen

Da die Infrastrukturkosten minimal sind, wird der Preis in der Screening-Phase gesenkt. Gleichzeitig wird die Qualität der Auswertung durch Netzhautspezialisten garantiert.

Gemäss SIO Solutions sinkt durch die Prozessoptimierung der Aufwand, ohne dass der Stundesatz des Augenarztes sinkt. Dies, obwohl sich so der Preis für ein Augen-Screening halbieren soll. Kein Wunder, gehören doch ein Augenarzt und eine Retinaspezialistin zu den Mitgründern der Firma. «Ein weiterer Vorteil ist, dass die Spezialisten so Totzeiten füllen und bequem aus der Entfernung arbeiten können».


Mit der Entwicklung begonnen hat man bei SIO Solutions im Mai 2019. Im Februar 2020 stand ein erster Prototyp bereit. Die Lösung ist bereits im Einsatz und wurde in Zusammenarbeit mit einem Optiker entwickelt. RetinApp steht auf Deutsch, Englisch und Spanisch zur Verfügung. Französisch und Italienisch sollen demnächst folgen.

Zurzeit ist das Unternehmen nur auf dem Schweizer Markt tätig. Neben den Optikern will man bald ein Team aufbauen, das Testungen vor Ort in Altersheimen oder in Unternehmen durchführen kann. «Für Senioren kann der Gang zum Augenarzt schon schwierig sein und manche Arbeitgeber könnten unser Angebot als Benefit anbieten», so Schirinzi. Mittelfristig will das Unternehmen auch im Ausland tätig werden. «So können wir das Know-how von Schweizer Augenärzten überall zur Verfügung stellen – Swiss Quality in der Diagnose sowie der Software.»


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