Die geschäftliche Kommunikation hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändert. Während in den 1990er-Jahren noch analoge Telefonanlagen dominierten, begann mit der Verbreitung des Internets und der Einführung von VoIP-Technologien eine neue Ära. Heute stehen Unternehmen vor der Wahl zwischen verschiedenen Kommunikationsplattformen: klassische On-Premise-PBX, virtualisierte Telefonanlagen (vPBX), cloud-basierte Lösungen wie Microsoft Teams oder hybride Architekturen, die mehrere Systeme intelligent verbinden. Besonders für Schweizer Unternehmen stellen sich dabei spezifische Fragen rund um Datenschutz, Flexibilität, Kosten und Integration in bestehende Geschäftsprozesse.
Gründe für Einführung einer vPBX mit oder ohne Teams
Die Entscheidung für eine neue vPBX – mit oder ohne Anbindung an Microsoft Teams – wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Die Anforderungen an Stabilität, Flexibilität und Funktionsvielfalt bleiben trotz des Vormarschs von Messengern und Collaboration-Tools hoch. Gerade im Schweizer Markt spielt der Datenschutz eine zentrale Rolle: Viele Unternehmen bevorzugen Lösungen, bei denen sämtliche Kommunikationsdaten in der Schweiz verbleiben, um geistiges Eigentum und sensible Informationen vor dem Zugriff ausländischer Behörden zu schützen.
Eine ideale virtuelle PBX bietet die Möglichkeit, bestehende Hardware wie Tischtelefone, DECT-Systeme oder analoge Endgeräte weiterhin zu nutzen. Das ist beispielsweise mit Asterisk-Technologie möglich. Asterisk ist eine Open-Source-Telefonie-Plattform, die für die Erstellung von PBX-Systemen genutzt wird. Sie erlaubt die Implementierung von VoIP-Telefonie und die Verbindung mit verschiedenen Telefonen und Technologien. Gerade Asterisk und Derivate davon sind bekannt für ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, was sie zu einer beliebten Wahl für Unternehmen und Entwickler macht.
Für Unternehmen, die bereits stark auf Microsoft 365 setzen, kann die Integration von Teams als Telefonie-Client zusätzliche Synergien schaffen. Hier profitieren Anwender von der engen Verzahnung mit Outlook, Sharepoint und anderen Microsoft-Diensten, während sie gleichzeitig auf die bewährten Funktionen, bereits installierte Software und je nach Anwendungsfall auf die Flexibilität einer modernen PBX zurückgreifen können.
Hybridarchitekturen als Brücke
Die nahtlose Integration einer virtuellen PBX in Microsoft Teams erfolgt typischerweise über eine Schnittstelle (Session Border Controller, SBC), welche zwischen der SIP-basierten Telefonanlage und dem Microsoft-Ökosystem fungiert. Moderne SBC werden meist vom Provider gehostet und stellen sicher, dass Anrufe sowohl über klassische Endgeräte als auch direkt im Teams-Client geführt werden können. Der Benutzerstatus wird dabei von der PBX synchronisiert, sodass beispielsweise Weiterleitungen, Gruppenrufe oder Sonderschaltungen unabhängig vom verwendeten Gerät funktionieren.
Für die Anbindung an das öffentliche Telefonnetz (PSTN) sind keine besonderen Netzwerkdesigns erforderlich, solange die Bandbreite und die Netzqualität stimmen. In der Schweiz ist die Infrastruktur so ausgebaut, dass pro parallelem Gespräch etwa 100 KBit/s Bandbreite in beide Richtungen ausreichend sind, um eine gute Sprachqualität zu gewährleisten. Die Trennung von VoIP- und Datenverkehr über separate virtuelle lokale Netze (VLAN) ist optional, erhöht aber auf jeden Fall die Komplexität und ist deshalb nur bei grösseren Installationen respektive besonderen Sicherheitsanforderungen ratsam.
In Sachen Sicherheit setzen Schweizer Anbieter auf Standard-Verschlüsselungsprotokolle wie TLS (Transport Layer Security) und SRTP (Secure Real-time Transport Protocol), um Gespräche und Daten zwischen den Geräten und der virtuellen PBX zu schützen. Des Weiteren greifen Multi-Faktor-Authentifizierung und Geo-IP-Restriktionen. Automatische Sperrungen nach mehreren fehlgeschlagenen Anmeldeversuchen und regelmässige Sicherheitsupdates sind Standard. Im Vergleich dazu bietet Microsoft Teams zwar ebenfalls eine starke Verschlüsselung (AES-256), speichert jedoch Metadaten oft ausserhalb der Schweiz. Für Unternehmen mit strengen Compliance-Vorgaben oder in regulierten Branchen ist dies ein entscheidender Nachteil. Die Einhaltung Schweizer Datenschutzgesetze ist für viele Firmen ein wesentlicher Grund, sich gegen eine reine Cloud-Lösung internationaler Anbieter zu entscheiden. Gerade im Mittelstand und bei Klein- und Kleinstunternehmen spielt zusätzlich der lokale Support, dessen Erreichbarkeit und Flexibilität des Providers eine grosse Rolle.
PBX tendenziell günstiger
Die Kosten für eine reine virtuelle PBX-Lösung sind im Vergleich zu Microsoft Teams oft niedriger. Denn während für die vPBX lediglich eine monatliche Gebühr pro Teilnehmer anfällt, kommen bei der hybriden Nutzung zusätzliche Lizenzkosten für das Teams-Phone-Addon hinzu. Das bedeutet, dass Unternehmen, die beide Welten nutzen möchten, für jeden hybriden Teilnehmer doppelt zahlen – einmal für die virtuelle PBX und einmal für Microsoft Teams. Die Gesprächstarife selbst unterscheiden sich kaum, jedoch können bei internationalen Rufnummern oder speziellen Funktionen Zusatzkosten entstehen. Firmen, die international ausgerichtet sind, verzichten eher auf Funktionalität und arbeiten mit einer Teams-Telefonie-Lösung und entsprechenden lokalen Nummern pro Domizil und Ländergesellschaft.
Die Hardwarekosten bleiben bei der virtuellen PBX moderat, da bestehende, kompatible SIP-Endgeräte weiterverwendet werden können und sich der Trend zu Softphones fortsetzt. Für Teams-Only-Lösungen sind hingegen oft neue, für Teams zertifizierte Telefone oder Headsets notwendig, was bei den Investitionskosten berücksichtigt werden muss. Auch Wartung und Support sind bei lokalen Anbietern meist günstiger und individueller zugeschnitten als bei global agierenden Cloud-Providern.
Migrationsszenarien und Best Practices
Die Einführung einer neuen Telefonielösung ist ein komplexes Projekt, das eine sorgfältige Planung und Umsetzung erfordert. Ein typischer Ablauf für ein KMU umfasst eine Bedarfsanalyse, gefolgt von einer weiteren Phase für einen Proof of Concept (PoC) mit intensiven Tests, dem Aufbau und der Schulung der Nutzer. Die eigentliche Umstellung – inklusive Portierung der Rufnummern – sollte mindestens zehn Arbeitstage im Voraus angegangen werden. Während der Migrationsphase kann ein Parallelbetrieb alter und neuer Systeme sinnvoll sein, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Allerdings erhöht dies den Supportaufwand und sollte nur bei triftigen Gründen in Erwägung gezogen werden.
Die Praxis zeigt, dass Unternehmen, die zunächst auf eine reine Teams-Telefonie setzten, später nicht selten wieder auf eine virtuelle PBX zurückwechseln. Gründe hierfür sind meist die eingeschränkte Auswahl an kompatiblen Endgeräten, fehlenden Funktionen sowie die mangelnde Übersicht bei der zentralen Bedienung, sofern man auf kostenintensive Zusatz-Lösungen verzichtet.
Branchenspezifische Anforderungen
Die Integration von UC-Lösungen in Branchen-Software, ERP oder CRM-Systeme wird immer wichtiger. Typische Anwendungsfälle sind das automatische Aufpoppen von Kundenmasken bei eingehenden Anrufen oder die Wahl bei abgehenden Anrufen, direkt aus der Kundenkartei. Moderne virtuelle PBX-Systeme bieten hierfür die klassischen TAPI-Schnittstellen sowie auch REST-APIs, während Microsoft Teams über die Power Platform oder Drittanbieter-Tools angebunden werden kann. Die Möglichkeit, Workflows über Low- oder No-Code-Plattformen wie Microsoft Power Platform oder Middleware-Lösungen wie n8n oder make.com zu automatisieren, eröffnet ausserdem neue Potenziale zur Effizienzsteigerung.
KI-basierte Funktionen wie automatisierte Anrufverteilung, Sprachanalyse oder intelligente Triage gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen eine gezielte Steuerung von Anrufen, eine bessere Auswertung von Kundengesprächen und eine effizientere Bearbeitung von Supportanfragen. Sowohl lokale PBX-Anbieter als auch Microsoft mit Teams investieren heute stark in diese Technologien.
Wann nur Teams, nur vPBX – oder beides?
Für Unternehmen mit einfachen Anforderungen und internationaler Ausrichtung kann eine reine Teams-Telefonie ausreichend sein. Bestehende Microsoft-365-Kunden profitieren von der nahtlosen Integration in ihre gewohnte Umgebung. Sobald jedoch spezielle Anforderungen an die Telefonie (z.B. Fax, Türsprechstellen, komplexe Wahlregeln) oder hohe Datenschutzanforderungen bestehen, ist eine virtuelle PBX die bessere Wahl.
Hybride Modelle bieten wiederum grosse Flexibilität: Jeder Teilnehmer kann individuell entscheiden, ob er über den Teams-Client, ein klassisches Tischtelefon, ein Softphone oder eine App telefonieren möchte. Das ist besonders für Unternehmen interessant, die verschiedene Standorte, Homeoffice und unterschiedliche Nutzerprofile abdecken müssen.
Die Skalierung von UC-Lösungen über mehrere Standorte hinweg stellt insbesondere Schweizer Anbieter vor Herausforderungen, da lokale Rufnummern aus dem Ausland oft nicht angeboten werden können. Internationale Konzerne sind daher mit einer reinen Teams-Lösung besser bedient, müssen aber auf gewisse Funktionen verzichten. Für Schweizer Unternehmen mit Fokus auf den Heimmarkt ist die virtuelle PBX weiterhin die flexibelste und sicherste Lösung.
Hybride Nutzung
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Wahl der richtigen Kommunikationsarchitektur ein Balanceakt zwischen Innovationsdruck, Datenschutz, Kosten und Flexibilität ist. Schweizer Unternehmen profitieren von lokalen PBX-Anbietern durch einen persönlichen Support und hohe Flexibilität sowie Mitarbeit bei der Umsetzung ihrer Anforderungen. Microsoft Teams punktet mit globaler Skalierbarkeit und tiefer Integration in die Microsoft-365-Welt, ist aber in Bezug auf Datenschutz und Funktionsvielfalt (insbesondere bei Hardware, Komfortfunktionen und Spezialanwendungen) aktuell noch limitiert. Hybride Modelle vereinen das Beste aus beiden Welten, sind jedoch mit höheren Lizenzkosten und einem gewissen Mehraufwand bei der Verwaltung verbunden.
Vor der Entscheidung für eine Lösung sollten Unternehmen auf jeden Fall eine umfassende Bedarfsanalyse sowie einen Machbarkeitsnachweis durchführen und dafür auch auf einen erfahrenen, lokal verankerten Partner setzen. So lässt sich sicherstellen, dass die gewählte Kommunikationsplattform nicht nur heutigen, sondern auch zukünftigen Anforderungen in hohem Masse gerecht wird. Die Zukunft wird zeigen, wie schnell Microsoft mit Teams Funktionslücken schliesst und ob sich gehostete PBX-Lösungen langfristig behaupten können. Für die nächsten Jahre bleibt aber die hybride Nutzung für viele Schweizer Unternehmen der bevorzugte Weg – vorausgesetzt, die Integration wird sorgfältig geplant, getestet und auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten.
Die Autoren
Dejan Crvenkovic (links) ist Verkaufsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung beim Internet- und Telefonie-Anbieter
iWay. Zu seinen Hauptaufgaben gehören die Pflege der Kundenbeziehungen, der Ausbau der Geschäftsfelder sowie die Entwicklung des Partnergeschäfts.
Philipp Siegenthaler ist Geschäftsführer und Teilhaber beim iWay-Partner OneICT und Experte für IT- und Kommunikationslösungen. Er berät Unternehmen bei der Integration moderner UC-Systeme und setzt dabei auf praxisnahe, sichere und flexible Lösungen.