Umschalten statt neu aufsetzen
Quelle: Webstyle

Umschalten statt neu aufsetzen

Von Alain Martinet

Für eine unterbruchsfreie Internetpräsenz stellt der Hosting-Anbieter am besten eine redundante Infrastruktur mit einsatzbereiten Standby-Servern bereit.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/09

     

Der Webauftritt ist heute für viele Unternehmen matchentscheidend. Fällt eine blosse Onlinebroschüre für einige Stunden aus, mag das ja noch kein grosses Problem darstellen. Wenn aber geschäftliche Transaktionen übers Web getätigt werden, wie etwa bei einem Online-Shop, ist jede Minute Downtime Gift fürs Business. Ein oder mehrere Server können durch technischen Defekt oder Softwarefehler ausfallen, im Rechenzentrum kann ein Brand ausbrechen, oder die Stromversorgung klappt nicht mehr. Von Server-Ausfällen weiss zum Beispiel das Schweizer Online-Auktionshaus Ricardo ein Lied zu singen: Als Ende Oktober 2012 an einem Sonntagabend – ein besonders transaktionsintensiver Zeitraum – einige Server ihren Geist aufgaben, liefen viele Auktionen aus, ohne dass weitere Gebote abgegeben werden konnten. Manche Waren wurden deutlich unter Wert verkauft. Ricardo musste erboste Kunden besänftigen und kam in den Genuss unliebsamer Medienpräsenz.

Datensicherung genügt nicht


Jeder seriöse Webhosting-Anbieter sichert deshalb alle Website-Daten seiner Kunden regelmässig, im Normalfall einmal täglich beziehungsweise nächtlich. Idealerweise werden die Backups nicht lokal, sondern in einem örtlich getrennten Serverraum erstellt und gelagert. So steht bei einem Softwareproblem, oder falls der Kunde selbst durch eine Fehlmanipulation einen Datenverlust verursacht hat, wenigstens immer ein tagesaktueller Stand der Daten bereit.
Fallen hingegen ein oder mehrere Webserver komplett aus, wovon beim Shared-Hosting-Modell viele Kunden betroffen sein können, garantiert auch das regelmässigste Backup keine rasche Wiederherstellung der betroffenen Kundenseiten und Webanwendungen. Denn es müssen nicht nur die HTML-, PHP- und anderen Webdateien sowie die Datenbanken zurückgespielt, sondern die gesamte Infrastruktur aus Hardware, Betriebssystem und Konfiguration wiederhergestellt werden.
Die Schwierigkeiten können schon bei der Hardwarebeschaffung beginnen, falls keine Ersatzserver am Lager sind, und gehen mit der aufwendigen Installation von Betriebssystemen und virtuellen Maschinen weiter. Auf jeden Fall ist die komplette Neueinrichtung einer Hosting-Umgebung selbst beim Ausfall eines einzelnen Servers ein komplexer und zeitraubender Vorgang.

Voll redundantes Webhosting


Einige Hoster gehen punkto Ausfallsicherung weiter und bieten ihren Shared-Hosting-Kunden nicht bloss Datensicherung, sondern eine voll redundante Hosting-Infrastruktur: Zusätzlich zum allnächtlichen Daten-Backup laufen in einem zweiten, örtlich getrennten Rechenzentrum komplett aufgesetzte Ersatz-Server parallel im Standby-Betrieb. Der Stand dieser «warmen» Standby-Server wird durch Spiegelung täglich mit den «heissen» Live-Servern im primären Rechenzentrum synchronisiert.
Von der Aktualität der Daten her entspricht dies dem klassischen Backup – eine sekundenaktuelle Synchronisation wäre extrem aufwendig und würde das übliche Preisgefüge im Webhosting-Umfeld sprengen. Aber bei einem Serverausfall kann so innert Minuten statt mehrerer Stunden oder gar Tagen auf das Ersatzsystem umgeschaltet werden, ohne dass etwas neu installiert oder konfiguriert werden muss. Rechnet man die Zeit für die Problemanalyse und die Tests nach dem Server-Switch hinzu, ist der Webauftritt innert maximal vier Stunden wieder bereit.

IP-Adressen direkt übernommen

Ein Problem ist allerdings auch mit betriebsbereiten Standby-Servern allein nicht gelöst. Denn für eine unterbruchsfreie Präsenz im Internet ist auch die DNS-Konfiguration essentiell. Und wie jeder weiss, der schon eine Domain verwaltet hat, kann es beim Wechsel der IP-Adressen bis zu 72 Stunden dauern, bis die neuen Web- und Mail-Server unter der bestehenden Domain wieder weltweit erreichbar sind. Es muss also dafür gesorgt werden, dass die Ersatzserver die gleichen IP-Adressen erhalten wie die ursprünglichen Systeme: Beim Ausfall des primären Standorts werden die IP-Adressen der Web- und Mail-Hostings automatisch den Ersatzsystemen zugewiesen. Dies bedingt einigen technischen Aufwand und bringt für den Hosting-Anbieter zusätzliche Betriebskosten mit sich. Beim Massen-Hosting für fünf oder zehn Franken pro Monat wird man diesen Service eher nicht finden – aber es gibt Anbieter, die allen Shared-Hosting-Kunden eine voll redundante Infrastruktur im Rahmen der ordentlichen Hosting-Leistungen offerieren.


Alain Martinet ist Leiter Kundendienst beim Burgdorfer Hosting-Anbieter Webstyle.


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