Mehr Verkäufe dank Social Sales

Die sozialen Netzwerke setzen die Menschen jenseits von Hierarchien öffentlich in Beziehung. Davon sollen jetzt die Verkäufer profitieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/05

     

Firmen verkaufen keine Produkte. Menschen verkaufen Produkte und zwar an andere Menschen. Neben Innovationsgrad und Preis basiert der Erfolg nicht selten auf den richtigen Kontakten. Diese Erkenntnis liegt im Kern der SocialSalesMap von Blueconomics, die zusammen mit dem Institut für 4D-Technologien der FHNW entwickelt wurde. Mit modernen Visualisierungstechniken und unter Integration neuester Erkenntnisse der Netzwerkanalyse will man so die nächste Evolutionsstufe im Bereich CRM einläuten. Erste Erfolge konnte das Start-up bereits verbuchen: Neben der Förderung des Projekts durch die KTI wurde die Software gerade durch den Innovationspreis-IT 2012 an der CeBIT in Hannover ausgezeichnet.

«Swiss Made Software»
Weitere Infos und alle Mitglieder auf einen Blick: www.swissmade-software.org
Doch wo liegt das Revolutionäre genau? Gründer Andreas Uthmann verfolgt den Bereich CRM seit bereits 17 Jahren. In dieser Zeit arbeitete er bei mehreren grossen internationalen Unternehmen und beaufsichtigte zuletzt den erfolgreichen globalen Rollout eines neuen CRM-Systems für 7000 Mitarbeiter. Ein Projekt dieser Grössenordnung ist per definitionem kein reines IT-Projekt, sondern gehört unter die Rubrik Change Management. So kam die Idee für die SocialSalesMap auch nicht aus der IT, sondern aus der parallelen Einführung einer neuen Vertriebsmethode.
Bevor man einen neuen Kunden anging, wurde zunächst ein Stakeholder-Mapping am Flipchart gemacht. Damals noch auf Basis von Organigrammen. So wurden die für den Verkauf wichtigen Personen identifiziert und gewichtet. Diese stark visuell geprägte Methode war sehr erfolgreich, erzählt Uthmann: «Im direkten Vergleich mit anderen Ansätzen stieg die Abschlussquote so um etwa 60 Prozent.»

Uthmann nahm diese Erkenntnis und hob sie auf die nächste Ebene. Zunächst wurden die Organigramme verbannt. «In vielen Organisationen sind Teams heute virtuell und wer am Ende mitentscheidet steht nicht im Organigramm,» so Uthmann. Insofern lag der Gedanke nahe, auch Daten sozialer Netzwerke zu integrieren. Denn das Ohr des Entscheidungsträgers haben unter Umständen Personen ausserhalb der offensichtlichen Organisation.
Auf technischer Ebene liegt hier einer der zentralen Unterschiede zu klassischen CRM-Systemen. Diese sind transaktionaler Natur. «Wir stellen aber Menschen und deren Netzwerke in den Mittelpunkt,» so Uthmann. Doch das ist auf technischer Ebene nicht einfach, da es sich nicht um eine einfache Netzwerkanalyse handelt, sondern mehrere Netzwerke aus verschiedenen Quellen integriert werden müssen. Gemäss Uthmann gibt es nur wenige Institute auf der Welt, die über das entsprechende Knowhow verfügen. Eines davon ist an der FHNW in Brugg-Windisch. Dort forscht man unter der Leitung von Professor Manfred Vogel bereits seit 10 Jahren auf dem Gebiet. Gemeinsam entschloss man sich das Projekt in Angriff zu nehmen.

Als erstes wurde die bisher übliche Informationsdarstellung durch Tabellen über Bord geworfen. «Mit der SocialSalesMap werden alle Zusammenhänge intuitiv in grafischer Form dargestellt,» meint Uthmann. Ebenfalls innovativ ist die Möglichkeit, direkt Aufgaben zu erstellen und diese auf einer Timeline darzustellen. So wird das CRM von einem Reportingtool fürs Management zu einem Arbeitstool für die Mitarbeiter.
Eine erste Validierung erhielt das Team durch die Förderung der KTI. Das eigentliche Entwicklungsprojekt begann im Januar 2011 und involvierte bis zu 8 Personen. Uthmann, geprägt von 17 Jahren Privatwirtschaft, war zunächst skeptisch über die Zusammenarbeit mit einer akademischen Institution. «Ich habe früher viel Erfahrung mit Entwicklungsprojekten in Indien, Polen und Tschechien gemacht. Aufgrund des hohen Innovationsgrads, der geforderten Flexibilität und des spezifischen Know-Hows, wurde aber relativ schnell klar, dass ein Offshoring nicht in Frage kam.» Am Ende stand zudem das überraschende Ergebnis, das Entwickeln in der Schweiz nicht teurer sein muss.

Aber auch für die FH war das Projekt ungewöhnlich. Dort arbeitet man häufig an grossen, europäischen Forschungsprojekten, die auch mal mehrere Jahre dauern können und nur alle drei Monate Zwischenergebnisse liefern. Für die SocialSalesMap wollte man agil Entwickeln und peilte nur ein Jahr mit wöchentlichen Zwischenergebnissen an. Während man sich an der FH auf Forschung und Algorithmenentwicklung konzentrierte, lagen Bereiche wie Requirements Engineering, Testing, Kundenfeedback und Dokumentation bei Blueconomics.
Mit dem Gewinn des Innovationspreises und einigen ersten Kunden hat Blueconomics den Proof of Concept erbracht. Was noch fehlt ist der Proof of Market. Uthmann ist jedoch zuversichtlich: «Wir führen zurzeit Pilotprojekte bei verschiedenen Schweizer Grossunternehmen durch.» In einem nächsten Schritt steht dann die Partnersuche für den Markteintritt in Deutschland und den USA auf der Agenda.


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