Editorial

Amtlich bewilligte Augenwischerei


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/18

     

Was haben Micky Maus, Peter Pan und Arnold Schwarzenegger gemeinsam? Sie
telefonieren mit Schweizer Prepaid-Handys und waren ehrlich genug, sich unter ihrem
Namen als Prepaid-Handy-Benutzer zu registrieren.

Fraglich ist allerdings, ob die illustren Herren tatsächlich sind, als wer sie sich ausgeben. Oder war es vielleicht eher andersrum und haben sich Unbekannte die berühmten Namen für ihre eigene Registrierung bloss ausgeliehen? Und so ihre Anonymität trotz Registrierungspflicht gewahrt?







Derartigen Spekulationen hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) im vergangenen März mit zusätzlichen Kontrollmassnahmen bei der Registrierung von Prepaid-SIM-Karten den Riegel geschoben – mit Erfolg, wie man vor Wochenfrist stolz verlauten liess. Die fehlerhaften Eintragungen bewegten sich, heisst es in der offiziellen Medienmitteilung, nunmehr im Promillebereich. Das sind allerdings immer noch 240 Fälle bei 70'000 jährlichen Stichproben.

Die eigentlich interessante Information liegt allerdings in einem Nebensatz der Mitteilung versteckt: Es handelt sich dabei bloss um die «Zahl der offensichtlich falschen und unbrauchbaren Eintragungen». Wieviele Benutzer sich als Hans Meier, Peter Müller oder mit irgendeinem beliebigen Allerweltsnamen mit passenden Papieren nicht so offensichtlich falsch
registriert haben, ist in der Statistik nicht erfasst.






Und genau hier liegt das eigentliche Problem der Registrierungspflicht. Für das Gros der
ehrlichen Benutzer ist sie bloss eine – datenschützerische Bedenken mal beiseitegelassen – Schikane, die für den Einzelnen nicht allzuviel Aufwand macht. Und bei der kriminellen Handvoll User, gegen die die Massnahme eigentlich gemünzt ist, verfängt sie nicht: Denn
die wirklich Kriminellen, die ihre Anonymität auch beim Telefonieren unter allen Umständen gewahrt wissen wollen, haben eh ein passendes – natürlich gefälschtes –
Ausweisdokument zur Hand.






Unter diesem Gesichtspunkt besagt die Mitteilung des UVEK vor allem eines:
Es gibt weniger Spassvögel im Land. Und die paar Verbliebenen werden eher erwischt.

Ob sich damit das Ziel der Registrierungspflicht erreichen und tatsächlich die anonyme
Handy-Nutzung durch die organisierte Kriminalität eindämmen lässt, steht auf einem
anderen Blatt.




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