Helvetia: Zur PKI wie die Jungfrau zum Kind

Das Seco hat mit einer Lohndaten-Übermittlungslösung die Killerapplikation für die Einführung einer schweizweiten Public Key Infrastructure gefunden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/20

     

Die leidige Schweizer PKI-Geschichte (Public Key Infrastructure) scheint 2005 ein überraschend schnelles Happy-End zu finden. Mit einem aus über zehn Einzelprojekten bestehenden System für KMU zur schnellen und einfachen Erfassung und Übermittlung von Lohndaten an alle möglichen Ämter, Kassen und Versicherungen hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die lange gesuchte Killerapplikation für die digitale Signatur gefunden. Nebenbei wird mit dem System auch ein einheitlicher Unternehmensidentifikator etabliert. Für Kuno Schedler von der Hochschule St. Gallen, der jährlich den Stand von E-Government in der Schweiz erfasst, hat das Projekt das Potential, nicht nur ein Fundament für den notwendigen Ausbau von elektronischen Staats-Services für Unternehmen, sondern auch für den E-Commerce zwischen KMU zu werden.


Bündel bestehender Projekte

Seitdem die Banken im Frühjahr 2001 der Telekurs-Tochter Swisskey wegen mangelnder Nachfrage den Geldhahn zugedreht hatten, herrschte im Schweizer B2B-
E-Commerce in Sachen digitale Signatur eine Blockade: Ohne Anwendung keine PKI, und ohne PKI keine Anwendung. Jetzt hat Christian Weber, Leiter der Task Force KMU beim Seco, einen Weg gefunden, auf dem eine weitgehend privat finanzierte PKI möglich wird. Anreiz für die KMU, die geschätzten 100 Franken Einstiegsinvestitionen und die jährliche Gebühr von rund 50 Franken zu berappen, wird ein System zur einfachen und schnellen Übermittlung aller lohnrelevanten Daten an die jeweiligen Behördenstellen, Ausgleichskassen und Versicherungen sein. Mit diesem System kann ein durchschnittliches Unternehmen rund 77 Stunden an administrativem Aufwand pro Jahr sparen; mehr als genug, damit sich eine Beteiligung lohnt. Letzter Knackpunkt ist derzeit noch die Registrierungsauthorität. Aber auch dafür ist Weber mit einem schweizweit tätigen Unternehmen mit entsprechender technischer und räumlicher Infrastruktur im Gespräch, das sich diesen Kundenkontakt kaum entgehen lassen dürfte.


Ohne grosse Geldmittel

Das Lohndatenprojekt ist in vieler Hinsicht untypisch. Es wurde nicht von höherer Stelle verordnet und mit viel Geld ausgestattet, sondern entstand durch Eigeninitiative der beteiligten Ämter praktisch zum Nulltarif aus über zehn bestehenden Einzelprojekten. Weber gelang es, die Initiativen des Ausgleichskassenvereins eAHV für ein einheitliches Lohmeldeverfahren sowie der SUVA zu bündeln und auch die anderen Ämter, Steuerverwaltungen sowie 20 Privatversicherer, die Lohndaten von Unternehmen anfordern, mit ins Boot zu holen. Gemeinsam wurde ein XML-Schema definiert, das den Anforderungen aller Beteiligten genügt. Das Seco steuert einen auf der Handelsregisternummer beruhenden, eindeutigen Unternehmensidentifikator sowie die Verknüpfung mit einer digitalen Signatur bei. Für die Implementation auf Unternehmensseite wurde das Schema inzwischen den Buchhaltungssoftwareherstellern übergeben.


Riesiges Sparpotential

Erfolgversprechend ist das Projekt vor allem auch, weil jeder einzelne Beteiligte profitieren wird und damit ein Eigeninteresse hat, mitzumachen. Das Seco rechnet mit einem Sparpotential von rund 1 Milliarde Franken auf Unternehmensseite. Auf Behörden- und Kassenseite soll das Sparpotential noch einmal so gross sein. Hier schränkt Schedler allerdings ein, dass dafür nicht nur dieses System, sondern auch klare Konzepte und unternehmerische Entscheide in der Verwaltung notwendig wären.




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