Sun wirft sich Microsoft an die Brust
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/08
Sun und Microsoft sind ab jetzt gute Freunde. Gemeinsam traten Microsoft-Chef Steve Ballmer und Suns Scott McNealy vor die Presse und tauschten als Zeichen der Versöhnung Hockeytrikots aus, um nachher zu erklären, dass man ab jetzt zusammenarbeitet und gleich auch noch alle Patent- und Technologiestreitigkeiten beilegt. So will man erreichen, dass die Produkte der beiden Unternehmen besser zusammenarbeiten. Weiter verspricht man sich, die Forschungs- und Entwicklungskosten drastisch senken zu können. Im Rahmen der Vereinbarung zahlt Microsoft zudem 700 Millionen US-Dollar an Sun, um die Kartellstreitigkeiten zu beenden, sowie 900 Millionen für eine Beilegung der Patentklagen. Zudem gibt es noch 350 Millionen Lizenzgebühren für die Nutzung von Sun-Technologien dazu.
Noch vor kurzer Zeit hätte niemand in der Branche diesen Schritt für möglich gehalten. Doch werden die erodierende Kundenbasis und der horrende Verlust von 3,4 Milliarden Dollar des im letzten Juni abgeschlossenen Geschäftsjahrs Sun zu einem Überdenken der Geschäftsstrategie gezwungen haben. Durch den kultivierten Konfrontationskurs mit Microsoft und die zwiespältige Beziehung zu Open Source stand man mit Solaris und der proprietären Sparc-Plattform mehr oder weniger alleine da.
McNealy und seine Mannen investierten Milliarden in die Sparc-Technologie, die langsam aber sicher immer weniger Käufer fand. Dies vor allem deshalb, weil man als Kunde grosse Summen in die Verbesserung der Interoperabilität mit anderen Systemen, vor allem eben mit Microsofts Windows, investieren musste.
Auch personell hat die Entscheidung für Sun Konsequenzen: So sind Jonathan Schwartz, nun COO und Präsident von Sun, sowie John Loiacono, nun Vizepräsident, die neuen starken Männer bei Sun. Der bisherige Vizepräsident und Microsoft-Gegner Richard Green verlässt das Unternehmen. Auch der Stuhl von McNealy soll bereits wackeln. Dies, weil er der Hauptverantwortliche für den katastrophalen Kurs sowie die schlechte finanzielle Lage der Firma ist, erklären Insider.
Die wichtigsten Punkte des Sun-Microsoft-Deals:
Beide Firmen arbeiten bei der technischen Entwicklung zusammen. Dabei geht es vor allem um Windows (Client und Server) sowie E-Mail- und Datenbanksoftware.
Die Interoperabilität von Java und .Net soll verbessert werden.
Microsoft darf die eigene Java VM weiter supporten.
Suns x86-Server werden für Windows zertifiziert.
Patentklagen sowie Kartellstreitigkeiten in den USA sollen beigelegt werden.
Sun will die Entwicklung des UltraSparc-V-Prozessors einstellen. Auch die für dieses Jahr geplante Gemini-CPU, ein Doppelprozessor für Blade-Server auf UltraSparc-IIi-Basis, wird nicht auf den Markt kommen. Man möchte sich für die eigenen Server nun auf die UltraSparc-IV-CPU sowie den UltraSparc IV+ beschränken. Ende 2006 soll dann die nächste
Prozessorgeneration auf der Matte stehen, die wie der abgesagte Gemini aus mehreren UltraSparc-IIi-Kernen bestehen soll.