Steiniger Weg zu Open Source
Open Source ist in aller Munde. Mit Open Source könne man Kosten sparen, Open Source sei sicherer als Closed Source, Open Source soll innovativer und qualitativ hochwertiger sein, Open Source habe mehr Sex-Appeal. So kann man mehr oder weniger die Aussagen zusammenfassen, die landauf, landab getätigt werden. Da kann man es weder dem CEO noch dem CFO oder einem anderen Mitglied der C-Fraktion übelnehmen, wenn über Open Source ernsthaft nachgedacht wird, auch wenn man seit Jahren treuer Kunde von Microsoft und Co. ist.
Die Ansätze auf dem Weg zu Open Source sind so verschieden wie die Beweggründe. Während bei vielen Entwickler-Firmen, sowohl aus dem Closed- als auch Open-Source-Bereich, meist eine oder unzählige Open-Source-Applikationen im Einsatz stehen, und die Umgebungen fast schon zwangsläufig sehr heterogen sind, findet man bei Unternehmen, in denen die Angestellten nur Anwender sind, sehr homogene Installationen. Ebenso verteilen sich die Kenntnisse im Umgang und der Verwaltung von Systemen und Software. Ein Entwickler weiss zwangsläufig mehr als ein reiner Anwender. Entsprechend verwundert es wenig, dass Open Source, sofern die Bereitschaft dazu da ist, in einem Unternehmen, das in die Entwickler-Ecke gehört, viel weniger Probleme hat, einen Fuss in die Tür zu kriegen.
Etwas anders sieht es bei Anwender-Firmen, besonders im KMU-Segment, aus. Die Hardware wird meist inklusive der vorkonfigurierten Software von einem Integrator angeliefert, der sich auch meist um das Grund-Setup kümmert. Der endgültige Aufbau wird entweder vom hauseigenen IT-Team oder von einem externen Dienstleister vorgenommen, mit der Einweisung der Anwender sieht es ähnlich aus. Reicht das eigene IT-Personal nicht aus, gibt es unzählige Schulungsangebote, die auch vor Ort das nötige Know-how vermitteln. Besonders für Software aus dem Hause Microsoft ist das Angebot überwältigend, was sich fast schon alleine durch die Marktdominanz der Software aus Redmond begründet.
Open Source ist eine andere Welt
Die meisten Administratoren oder Hobby-ITler kommen aus der Closed-Source- und der Windows-Welt. Mit entsprechenden Erwartungen und Annahmen wird denn auch an das Thema Open Source herangegangen.Bei der Diskussion um die Vorteile von Open-Source-Lösungen im Vergleich zu Closed Source schenken sich beide Arten von Software wenig. Die eine hat dort ihre Stärken, die andere woanders. In diesem Punkt ist man sich mittlerweile fast überall einig, selbst wenn man das nicht zugeben will.
Doch wenn es um Support und Training im Open-Source-Bereich geht, herrscht die Meinung vor, dass es das nicht gibt. Denn, so die langläufige Ansicht, hinter Closed Source steht jemand mit seinem Namen, betreibt seine Arbeit ernsthaft und leistet auch Support, spätestens nach Überweisung eines entsprechenden Geldbetrags. Die Entwickler von Open Source sind dagegen hippig-flippige Enthusiasten mit langen Bärten, die nicht von der Tastatur lassen können und einfach Software schreiben, weil sie daran Spass haben. Wo sie sind, weiss man nicht, wer sie sind erst recht nicht, und entsprechend stellen sich die Verantwortlichen schnell die Frage: Wer hilft uns, wenn unsere Mission-Critical-Applikation nicht mehr läuft und wir Geld verlieren? Wie sieht es mit der Investitionssicherheit aus, wenn der oder die Entwickler die Lust verlieren?
Auf solche Fragen wissen die meisten Open-Source-Enthusiasten nur selten eine befriedigende Antwort, lebt doch Open Source vom Do-it-yourself- und entsprechend auch vom Help-yourself-Gedanken. Google Groups, Foren, Mailinglisten oder spätestens eine Chat-Sitzung mit den Entwicklern im IRC könnten jedes Problem lösen und seien ein grosses Plus von Open Source, wer könne schon mal mit den Entwicklern von Exchange sprechen, um ein Problem zu lösen? Dies ist alles gut und recht, doch für Unternehmen, deren IT-Personal, sofern vorhanden, nicht aus den Reihen der Linux-Cracks kommt, dauert alleine die Analyse eine halbe Ewigkeit, und trotz der Hilfe von vielen Experten braucht man neben Kenntnissen der meisten Tools auch einiges an Erfahrung. Über SLAs und Update-Verträge von Herstellerseite braucht man gar nicht erst zu reden. Und spätestens, wenn diese Frage des Supports nicht befriedigend beantwortet werden kann, ist die Idee von Open-Source-Software in Unternehmen gestorben, leider aber oft schon früher. Denn es reicht nicht, sich "mal eben" eine Distribution vom nächstgelegenen Server herunterzuladen oder in der Buchhandlung um die Ecke eine Suse-Linux-Box zu kaufen. Gelingt die Installation mit Hilfe von Yast oder Anaconda noch einigermassen einfach, ist ohne das nötige Know-how spätestens bei der Konfiguration von Samba als primären Domain-Controller das Ende der Fahnenstange erreicht.