Rote Karte für Monopolisten-TV


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/20

     

Das Image der Cablecom ist schlecht wie nie, selbst wenn man nur ihr TV-Business anschaut: Hohe Grundgebühren und ein immer schlechteres Analog-Angebot. Dafür erhält man ein Digital-TV, das kaum jemand will, das viel zu teuer und dazu noch auf eine Settop-Box beschränkt ist, die zu viel Strom frisst – eigentlich optimale Startbedingungen für Swisscoms IP-TV. Denn was kann man sich mehr wünschen als eine Konkurrenz, bei der schon Tausende abwanderungswillige Kunden darauf warten, dass ihnen jemand eine Alternative bietet?



Doch was die Swisscom da mit Bluewin TV (siehe Seite 9) lanciert hat, ist nicht mehr als ein müder Abklatsch dessen, was die Cablecom dem Kunden ohnehin schon zumutet. Swisscom bietet zwar mehr Sender im Grundangebot und auch die Bedienoberfläche von Bluewin TV ist netter als diejenige der Cablecom, aber das reisst nicht mal mich als Serien-Junkie, der von den Simpsons über Dr. House bis zu Battlestar Galactica viel zu viel TV schaut, vom Hocker.




Statt dessen macht die Swisscom die gleichen Fehler wie ihre Kabel-Konkurrenz – speziell wenn es um die Preisgestaltung geht: Diese ist zu kompliziert und der Einstiegspreis viel zu hoch. 29 Franken (25 Franken bei Cablecom) für ein bisschen TV ist jenseits von gut und böse, insbesondere, wenn man wie bei Cablecom für jedes weitere TV-Gerät jeden Monat zusätzlich löhnen muss. Die Zeiten, in denen in jedem Haus maximal ein TV-Gerät stand, sind schon lange vorbei. So steigen die monatlichen Fixkosten schnurstracks auf 40, 50 oder gar 60 Franken, und zwar ohne die Zusatzgebühren, die man für Pay-TV-Highlights à la Discovery Channel aufbringen muss.


Kurzum: Statt einem Monopolisten-TV haben wir jetzt zwei davon. Als Kunde habe ich die Wahl zwischen Not und Elend: Hässliche stromfressende Settop-Box versus hübsches IP-TV-Gebastel, bei dem das Signal um 8 Sekunden verschoben ist und ich wegen grosser Distanz zum nächsten Verteilerkasten nicht mal weiss, ob ich einen oder zwei Kanäle gleichzeitig bekomme. Oder wie Homer Simpson sagen würde: D’oh!



Was bleibt, ist die Hoffnung, dass mit Hilfe von Preisüberwacher, Kassensturz und erbosten Kunden wenigstens die Preise auf ein erträgliches Mass gesenkt werden. Dies dürfte ziemlich bald passieren, schliesslich sollen nach Plänen des Branchenverbands Swisscable im Analog-Netz pro Jahr bis zu fünf Sender abgestellt werden. Das allein birgt genug Konfliktpotential. Sonst gibts immer noch Plan B: Mehr Sport treiben. Oder hoffen, dass Apple die Menschheit einmal mehr vor dem Unterhaltungs-Nirvana bewahrt und aus iTV und iTunes Store irgendwas Cooles basteln wird. Dann schauen sowohl Cablecom als auch Swisscom in die Röhre.




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