Japaner verhelfen Cray-Architektur zum Comeback
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/15
Es ist nicht akzeptabel, wenn der schnellste Superrechner der einzigen Supermacht der Welt kaum halb soviel Saft hat wie jener der japanischen Konkurrenz.
Diese oder ähnliche Überlegungen dürften für die Bestrebungen der High End Computing Revitalization Task Force ausschlaggebend gewesen sein, um jüngst vom US-Kongress Hunderte Millionen Dollar für die Forschung und Entwicklung von Supercomputern der nächsten Generation zu fordern.
Tatsächlich stehen die Amerikaner beim Hochgeschwindigkeits-Computing in der zweiten Reihe. Seit April 2004 führt der Earth-Simulator-Rechner im japanischen Osaka mit einer Leistung von 35,8 Teraflops die Liste der 500 schnellsten Rechner der Welt an.
Verschiedene US-Expertengremien fordern nun ein Umdenken in Sachen Supercomputerarchitektur, um den Japanern die Krone wieder entreissen zu können.
Anders als die Mehrheit der US-Supercomputer arbeitet der NEC-Rechner mit sogenannten Vektorprozessoren. Dabei handelt es sich um eigens für spezifische Anwendungen konzipierte Rechenknechte, die ganze Datengruppen in einem einzigen Befehl verarbeiten. Mit dem Einsatz von Vektorprozessoren haben die NEC-Verantwortlichen somit einer Architektur zum Revival verholfen, die in den 90er Jahren auch in den legendären Rechnern von Seymour Cray am Anfang des Supercomputing standen.
Dagegen setzten die Amerikaner in den letzten Jahren hauptsächlich auf Massiv-Parallel-Computing-Systeme, bei denen konventionelle (Off-the-shelf)- CPUs zu riesigen Clustern gekoppelt werden. Im Rahmen der Accelerated Strategic Computing Initiative (ASCI) wurden seit Ende der 90er Jahre diverse dieser Hochleistungsrechner gebaut.
Wie die Supercomputing Charts zeigen, konnte damit zwar bis jetzt nicht die Rechenleistung des Earth Simulator erreicht werden, doch lassen sich diese Riesencluster viel billiger und auch schneller produzieren. Beim Earth Simulator geht man etwa von Produktionskosten von 500 Millionen Dollar aus, während geclusterte Systeme nur einen Bruchteil davon kosten.
Inzwischen ist um die Architektur der künftigen US-Supercomputer ein regelrechter Glaubenskrieg entbrannt. Zwar sprechen sich die involvierten Gremien nicht explizit für Vektorprozessoren aus, doch werden hier wie dort "ausgeglichenere Forschungsansätze" gefordert, womit unweigerlich auch Investitionen in die "Cray-Architektur" verlangt werden.
Ungeachtet dieser Vorstösse haben sich verschiedene Hersteller das Ziel gesetzt, den Japanern die Supercomputer-Krone wieder abzunehmen, und zwar einmal mehr mit geclusterten Off-the-shelf-Prozessoren. Schon Ende nächsten Jahres will die US-Firma Sandia Labs mit Cray eine Hochleistungsmaschine vorstellen (Codename: "Red Storm"), die eine Rechenleistung von 40 Teraflops liefern soll. Für die Performance sorgen 10'368 geclusterte Opteron-Chips von AMD. Zum Vergleich: Im Earth Simulator liefern 5120 Vektorprozessoren annähernd dieselbe Leistung.
Das ambitionierteste Projekt wurde allerdings von der Defense Advanced Research Projects Agency in Auftrag gegeben. Die Behörde hat IBM, Sun und wiederum Cray je einen Kredit von 50 Millionen Dollar zugesprochen, um bis 2006 Konzepte für künftige Hochleistungsrechner vorzulegen, welche gleich die Petaflop-Hürde (1000 Teraflops) nehmen sollen. Bis 2011 sollen dann zwei der drei Projekte in Produktion gehen.