E-Shop-Hosting: Ladenmiete im Internet

InfoWeek hat die Shop-Hosting-Szene durchleuchtet und präsentiert die wichtigsten Mietshop-Anbieter sowie die Vor- und Nachteile des Mietverfahrens.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/03

     

Die Schweiz ist ein Volk von Mietern. Was punkto Wohnen recht ist, kann im E-Commerce nur billig sein. So denken jedenfalls die meisten Anbieter von Online-Mietshops, die dem Betreiber gegen eine regelmässig zu entrichtende Gebühr einen eigenen Internetladen ermöglichen, ohne dass er dazu selbst einen Server aufstellen, ans Internet anbinden und unterhalten muss.



Wenn wir von einem Mietshop sprechen, meinen wir übrigens nicht den blossen Betrieb der Shop-Software auf dem Server irgend eines Hosting-Providers. Die meisten Shop-Inhaber aus dem KMU-Bereich verlassen sich beim E-Commerce, genau wie für ihre übrige Website, auf einen ISP - zumindest in der Vergangenheit: Sinkende Preise für Standleitungen machen den Betrieb eines eigenen Webservers auch für kleinere Firmen immer attraktiver, die auf die direkte Kontrolle über ihre Internetpräsenz besonderen Wert legen.




Aus diesem Grund bietet zum Beispiel die Firma Codenmore, die bisher für das Hosting des Navision-Webshop zuständig war, diese Dienstleistung nicht mehr an. Die meisten Kunden hätten sich sowieso für einen eigenen Server entschieden; man könne bei einem Standleitungspreis von 350 Franken (Beispiel IP-Plus Light) nicht mehr mehrere hundert Franken fürs Shop-Hosting verlangen. Dessen ungeachtet dürfte auch in Zukunft die Shop-Miete für viele Interessenten die attraktivste Lösung bleiben, da die Internetanbindung ja nicht der einzige Kostenfaktor ist.



Das wesentlichste Kriterium für einen echten Mietshop besteht aber darin, dass der Betreiber die Shop-Applikation nicht selbst kaufen muss, sondern lediglich das Nutzungsrecht an der Software für eine bestimmte Zeitdauer, meist jedoch im fortlaufenden Abonnement, vom Hosting-Anbieter bezieht.



Dazu kommen Dienstleistungen wie Serverbetrieb, Unterhalt, die Durchführung von Backups, Zahlungsverkehr oder die Einbindung in eine Online-Mall mit zusätzlicher Marketing-Unterstützung, die in ihrer Gesamtheit das Mietangebot bilden.


Verschiedene Hosting-Kategorien

Schon der erste Blick auf unsere Tabelle macht klar, dass man unter "Shop-Hosting" höchst unterschiedliche Dienstleistungspakete verstehen kann. Die Angebotspalette reicht vom Kleinstladen Eicom Easyshop Light, der für zehn Franken pro Monat maximal zehn Artikel aufnimmt, bis zum Megastore Sellside Customized von Aspectra, der auf Basis der hochskalierbaren High-End-Shop-Lösung Intershop Enfinity umfassende Personalisierung und Anbindung an externe Systeme ermöglicht, für jeden Kunden auf einem eigenen Server betrieben wird und mit dementsprechend hohen Installations- und Betriebsgebühren zu Buche schlägt.



Die Angebote lassen sich grob wie folgt einteilen:





Entry-Level-Shops: Sie eignen sich für eine beschränkte Anzahl Artikel, die der Shop-Betreiber selbst einrichtet und bewirtschaftet. Sie lassen keine freie Gestaltung der Shop-Seiten zu. Fortgeschrittene Features wie Personalisierung und Anbindung an Warenwirtschaftssysteme, die über den Import/Export von Textfiles hinausgeht, fehlen in dieser Klasse. Die Shops sind teilweise nur in der Online-Mall des Hosting-Anbieters erreichbar; einige Angebote erlauben jedoch auch den Direktzugriff über eine eigene Domain. Beispiele sind das Shop-Abo Light von Cable&Wireless, die Easy-Shop-Varianten Light und Limited von Eicom, der iShop Starter von Think Software und die Shops von 24open.ch. Die Monatsmiete für solche Shops liegt typischerweise weit unter hundert Franken; die einmaligen Setup-Gebühren entfallen oder sind mit kaum 300 Franken recht niedrig.




Shops der Mittelklasse: Diese Lösungen bewältigen problemlos mehrere hundert bis einige tausend Artikel und werden je nach Anbieter entweder vom Shop-Betreiber via Offline- oder Online-Client eingerichtet und betreut oder durch den Hosting-Anbieter verwaltet - es finden sich alle denkbaren Varianten. Easy Systems, Eicom, ITStep und Think Software zum Beispiel setzen auf einfach zu bedienende Editoren, mit denen auch E-Commerce-Anfänger leicht ihre Artikel offline erfassen und danach in einem Zug zum Server übermitteln können. Shopfactory-Vertreter Innoware dagegen arbeitet mit einer Reihe von Hosting-Partnern, die ihren Kunden die gesamte Erstellung und Pflege der Shops inklusive Artikelerfassung und Mutation abnehmen, wobei diese Dienstleistungen im Gegensatz zur fixen Hosting-Gebühr nach Aufwand verrechnet werden. Den Hauptanteil dieser Kategorie bilden die Hersteller von Online-Shop-Paketen, die ihr Produkt neben einer käuflich zu erwerbenden Lizenz selbst oder in Zusammenarbeit mit Partnern auch im Hosting-Verfahren anbieten. Die Setup-Kosten betragen hier zwischen null und gegen 2000 Franken; für den Betrieb ist je nach Anzahl Artikel mit einem monatlichen Betrag zwischen 39 und einigen hundert Franken zu rechnen.




High-End-Shops: Diese Angebote eignen sich auch für grössere Kataloge mit Zehn- oder Hunderttausenden von Artikeln. Sie basieren auf Softwarepaketen wie Intershop Merchant, Intershop Enfinity oder Openshop, die besonders auf Skalierbarkeit ausgelegt und mit umfassenden Personalisierungs- und Integrationsfunktionen ausgestattet sind, die allerdings naturgemäss auch bei den Mietangeboten nicht in der Standardkonfiguration, sondern nur bei individuell erstellten Lösungen nutzbar sind. Die Anbieter von High-End-Mietshops sind Internet Service Provider und Portal-Betreiber wie Aspectra, SwissOnline und Yellowworld. In den happigen Setup-Kosten sind in dieser Kategorie Zusatzdienste wie Beratung, Konzeption und Design des Shops enthalten.


Pro und Contra Shop-Miete

Wie die Wohnungsmiete gegenüber dem Hauskauf hat auch die Miete eines Online-Shops im Vergleich zum Betrieb eines eigenen Servers Vor- und Nachteile. Das grösste Plus: Man muss sich weder um die Server-Hardware noch um die Installation und Konfiguration der Shop-Software kümmern. Ebenso werden elementare Verwaltungsarbeiten wie das Anlegen von
Sicherheitskopien vom Shop-Hoster übernommen.



In der Miete inbegriffen sind auch die Kosten für die Internetanbindung des Servers. Zwar kostet eine Standleitung heute nicht mehr die Welt und lässt sich gleichzeitig für den Internetzugriff der ganzen Firma nutzen; der Posten fällt aber insbesondere für kleinere Unternehmen nach wie vor stark ins Gewicht. Kleine Shops mit wenig Verkehr bzw. Transaktionen kommen im Mietverfahren eindeutig günstiger.




Auf der anderen Seite hat man nur mit einem eigenen Server - egal ob er in den eigenen Räumen oder beim ISP untergebracht ist - die volle Kontrolle über den Shop samt allen Artikel-, Bestell- und Kundendaten. Nicht alle E-Commerce-Pakete sind zudem zur Miete erhältlich: Die deutschen Hersteller Hybris und Internolix haben hierzulande bisher keine Hosting-Partner, und die High-End-Software von Openshop ist als Mietshop derzeit nur bei Yellowworld zu haben.



Für grössere Shop-Projekte und individuelle Lösungen lohnt sich ein detaillierter Vergleich der Installations- wie auch der Betriebskosten zwischen Shop-Hosting und eigenem Server.




Mall oder eigenständiger Shop?

Einige Hosting-Angebote sind mit sogenannten "Malls" verbunden: Der Shop ist, entweder als ausschliessliche Zugangsmöglichkeit oder zusätzlich zur eigenständigen URL, in ein Online-Warenhaus eingebunden. Auch dazu gibt es Pro- und Contra-Argumente: Eine Mall bietet dem Shop, zumindest theoretisch, eine höhere Erreichbarkeit. Das gilt allerdings nur, wenn die Mall selbst einen hohen Bekanntheitsgrad hat - ein Shop, der unter Top-Adressen wie Swissonline oder Yellowworld zu finden ist, profitiert vermutlich mehr von der Mall als ein Mitglied der im breiten Publikum vergleichsweise unbekannten Abacuscity.



Je nach der eingesetzten Software erlaubt eine Mall ausserdem keine wirklich individuelle Shop-Gestaltung. Die Design-Möglichkeiten beschränken sich auf das Firmenlogo, das Aussehen von Buttons, Hintergrundfarben und Schriftgrössen. Wenn der angewählte Shop dann noch in einem Frame der Mall-Hauptseite angezeigt wird, ist es mit der Individualität des Auftritts endgültig vorbei. Besser: Der Shop füllt das Fenster voll aus, und die Mall-Navigation wird diskret am Rand eingeblendet.




In manchen Malls herrscht leider gähnende Leere. Es ist für das Image sowohl der Mall als Ganzes als auch der in ihr vertretenen Geschäfte wenig förderlich, wenn pro Kategorie gerade mal ein, zwei Shops vorhanden sind oder überhaupt keine angezeigt werden. Platzhalter wie "hier könnte Ihr Shop sein" halten von einem zweiten Mall-Besuch ab, statt Kaufgelüste zu fördern oder prospektive Ladeninhaber anzuziehen.



Analoges gilt auch für die Ebene des einzelnen Shops: lieber nur wenige Kategorien mit mehr Produkten pro Kategorie als eine wunderschön eingeteilte Angebotspalette, die sich beim Anklicken als blosse Makulatur erweist. Sofern nicht zusätzliche Dienste die enge Integration des Shops in eine Mall unabdingbar machen, ist es auf jeden Fall von Vorteil, wenn der Shop auch über eine eigene URL erreicht werden kann.



Aufgepasst: Neben den eigentlichen Malls, die mehrere Shops unter einem gemeinsamen Kleid zusammenfassen, gibt es Shopping-Portale, die eigentlich nichts weiter als eine Linksammlung zu Online-Shops darstellen. Ein gutes Beispiel mit Zusatznutzen ist der Internet-Einkaufsführer von Bluewin, in dem die Besucher die einzelnen Shops detailliert bewerten können.




Der Link zur Warenwirtschaft

Einige Malls offerieren zusätzliche Dienste für Zahlungsverkehr, Warenwirtschaft und Logistik. Unter "Schnittstelle zu Warenwirtschaft" findet sich in unserer Aufstellung ausschliesslich dann ein Eintrag, wenn das Hosting-Angebot Schnittstellen zu bestimmten Administrationspaketen enthält. So ist der Abacus-Shop naturgemäss in die Auftragsbearbeitung von Abacus integriert und kann Daten direkt austauschen; Eicom hat eine optionale Schnittstelle zur Bürosoftware Mentor von Kaiser Software im Programm. Die Intershop-Basissoftware, die bei Aspectra und Swissonline zum Einsatz kommt, bietet sogenannte "Cartridges" beziehungsweise "Pipelines" für SAP R/3 und zahlreiche andere ERP-Systeme. Cable&Wireless plant für ihren Shop eine Anbindung an den BizTalk Server, der dann seinerseits mit fast allen externen Systemen kommuniziert. Interessant: Die selbstentwickelte Shoplösung von Zeitwerk bietet als Zückerchen eine integrierte Auftragsbearbeitung, und auch bei Cable&Wireless ist als Option eine Online-Auftragsbearbeitung zu haben. Die anderen Lösungen lassen den Datenaustausch mit der Warenwirtschaft entweder durch Import/Export von Textfiles oder mittels individueller Programmierung zu.



Mit der "Zahlungsabwicklung" halten wir es ähnlich: Auch hier haben wir nur erwähnt, was der Hosting-Anbieter als Spezialität bereithält, zum Beispiel die optionale Kreditkartenvalidierung mit fixen Setup- und Transaktionskosten bei Cable&Wireless oder die inbegriffene Rechnungsstellung samt Mahnwesen bei Yellowcommerce.





Bezahlung und Logistik

Was den Zahlungsverkehr anbelangt, kann der Käufer bei Yellowworld via Postkonto oder Kreditkarte zahlen; für den Shop-Betreiber fallen dabei ausser den Transaktionsgebühren keine Kosten an. Die High-End-Variante Yellowcommerce übernimmt darüber hinaus das gesamte Inkasso bei Kunden, die per Rechnung zahlen.



Der Agri-Shop, der vom neuen Inhaber Cable&Wireless demnächst in C&W-Shop umgetauft wird, übernimmt auf Wunsch gegen eine Gebühr von einem Franken pro Transaktion die Kreditkartenvalidierung, die bei den meisten anderen Anbietern separat über einen der gängigen Payment-Services wie Saferpay erledigt werden muss (ab 850 Franken plus 100 Franken pro Kreditkartentyp plus 0.25 bis 1 Franken pro Transaktion plus Kreditkartenkommission).




Innovativ geht es bei Shoppinggate zu. Die Schweizer Firma betreibt mehrere regionale, über ein Portal untereinander verbundene Malls auf Basis einer eigens entwickelten Software. In der Schweiz sind dies bis dato "Zischgate" für den Zuger Raum und "Zürichgate" für Zürich; dazu kommen Malls für Milano, München und San Marino. Neben der Globalität des Internet sollen also auch regionale Besonderheiten zum Zug kommen, dies mit klarer Ausrichtung auf Shops von kleinen und mittleren Unternehmen. Die Auftragsbearbeitung samt Zahlungsverkehr wird durch Shoppinggate übernommen, die dafür eine Umsatzkommission in einer Höhe verrechnet, die mit den traditionellen Kreditkartenkommissionen vergleichbar ist. Auf Wunsch besorgt Shoppinggate unter dem Label "Blue Kangoo" in Zusammenarbeit mit diversen Transportunternehmen zusätzlich die gesamte Logistik (Abholen und Verteilen der bestellten Waren); Bestellungen eines Kunden aus verschiedenen Shops werden dabei passend zusammengefasst.



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