Editorial

Der Software-Markt lebt und gedeiht


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/19

     

Was in der Wirtschaft generell Mode ist, macht vor der ohnehin veränderungsgewohnten High-Tech-Branche erst recht nicht halt: Es wird kooperiert, verpartnert, sich minder- und mehrheitlich beteiligt oder gleich total akquiriert, was das Zeug hält.



EMC kauft Legato, Documentum, RSA, Vmware – inzwischen per Börsengang wieder zur eigenständigen Firma zurückverwandelt – und eine ganze Reihe kleinerer Firmen und will damit auch künftig nicht aufhören. Symantec schluckt unter anderem Veritas und Altiris. Googles Shopping-Tour umfasst Schnäppchen wie Youtube, Urchin und, so die Behörden wollen, vielleicht auch Doubleclick und legt mit solchen Käufen deutlich mehr Aktivität an den Tag als der eher glücklose hauseigene Bezahldienst Checkout.




SAP wirft Milliarden auf den Tisch und gönnt sich durch die Übernahme des französischen Mainplayers Business Objects endlich anständige BI-Funktionalität. IBM nimmt sich Filenet zur Brust, Ixos kauft Obtree und wird kurz darauf seinerseits von Opentext übernommen. Microsoft ergänzt sein Portfolio in Richtung Business-Software mit Axapta und Navision gleich zweifach und dümpelt mit der Produkt­entwicklung seither etwas lahm durch die Gegend, drängt dafür in letzter Zeit mit grossen und kleinen Fischen von Aquantive bis Jellyfish sowie 1,6 Prozent von Facebook vermehrt in den Online-Werbemarkt, bandelt mit den Linux-Distributoren Novell, Linspire, Xandros und Turbolinux an und stellt laut dem Firmenchef Steve Ballmer in Aussicht, bis mindestens 2012 jedes Jahr rund 20 Übernahmen mit Fokus auf kleinere Firmen zu tätigen, wobei Open-Source-Buden nicht ausgeschlossen seien.



Das grosse Vorbild für derlei Kaufumtriebe heisst Oracle. Der teilweise Erfinder und erste kommerzielle Vermarkter der relationalen Datenbanktechnologie hat sich nicht zuletzt durch den Aufkauf eines guten Teils der CRM-Branche – Stichworte Siebel und Peoplesoft – erstens vom Datenbankanbieter zur Quelle einer umfassenden Business-Applikationslandschaft gemausert und zweitens die Konkurrenz einverleibt.



Die Konsolidierungswelle, die auf der Hardwareseite mit der Schiene DEC-Compaq-HP schon vor Jahren ihren ersten Höhepunkt erreichte, inzwischen die früher schier unerschöpfliche Anzahl von Marken-PC-Herstellern auf ein schmürzeliges Häufchen reduziert hat und mit dem Kauf von Packard-Bell durch Gateway im Namen von Acer auch heute noch für interessante Stories sorgt, hat also auch die Softwarebranche voll erreicht.



Das könnte man jedenfalls meinen, es trifft aber nur teilweise zu. Bei der Zusammenstellung der Marktübersicht zu Client-Management-Lösungen (ab Seite 38) hat sich mir dann aber doch ein anderes Bild gezeigt, das sich in der nächsten Ausgabe – dann geht es um Web-Content-Management – mit Sicherheit bestätigen wird: «Software» ist insgesamt noch immer eine sehr junge Business-Disziplin. Es existiert weltweit und lokal eine ungebrochen aktive Anbieterszene mit viel Innovation und Geschäftssinn. Für den Kunden bedeutet dies eine reiche Auswahl von Produkten und Lösungsvarianten – jedenfalls dann, wenn er nicht bei den Branchengrössen stehenbleibt und sich die Mühe macht, bei der Evaluation auch bisher Unbekanntes zu erforschen.

(ubi)


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