Vorteil Intel im Prozessor-Match

Taktraten bis 3,5 Gigahertz, günstiger DDR-Speicher sowie Mobile-CPUs mit Pentium-4-Kern prägen die High-End-PCs dieses Jahres.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/02

     

Es sieht gar nicht so schlecht aus für den IT-Markt im gerade angebrochenen Jahr, dies jedenfalls schliessen die Analysten von IDC aus den Wirtschaftsindikatoren. Spätestens Mitte 2002 werde sich die Informatikindustrie vom Tief der jüngsten Vergangenheit erholen - und dies mit Wachstumszahlen zwischen 4 bis 6 Prozent in den USA und 10 bis 12 Prozent im pazifischen Raum; Europa liegt mit einem prognostizierten Plus von 6 bis 7 Prozent schön in der Mitte. Ein guter Teil der gesteigerten Einkünfte dürfte auf Hardware entfallen.


Drei-Gigahertz-Barriere bald überwunden

Wohin es bei der Prozessorleistung geht, hat Intel schon letzten August an der Entwicklerveranstaltung IDF (Intel Developer Forum) demonstriert. Dort nämlich lief der Prototyp eines Pentium-4, fabriziert in 0,13-Mikrometer-Technik, während kurzer Zeit erfolgreich mit sage und schreibe dreieinhalb Gigahertz. Da solche Prozessor-Rekorde bei Intel erfahrungsgemäss etwa ein Jahr nach der Erstpräsentation vor der erlauchten Entwicklergemeinde dem gewöhnlichen Volk in Form von Produkten zugänglich werden, ist mit P4-Chips in Taktraten von 3 GHz und mehr so etwa ab Spätsommer 2002 zu rechnen. Die Architektur werde gemäss Intels Marketing-Vizepräsident Ottelini längerfristig bis 10 GHz ermöglichen.



Den Start für die Weiterentwicklung des 0,13-Mikron-P4 "Northwood", den Intel fürs High-End-Homecomputing sowie für Business-Desktops positioniert, bildete die Ankündigung der 2,2-Gigahertz-Variante Anfang Januar. Der neue Speed-Champion glänzt, wie die ebenfalls frisch eingeführte 2,0-Giga-Variante, mit 512 Kilobyte Level-2-Cache und 400-Megahertz-Systembus. Grosse Cache-Bereiche werden mit steigender CPU-Leistung immer wichtiger - der Speed des Arbeitsspeichers und des Systembus hinkt dem des Prozessors schon lange hintennach; nur ein genügend grosser, prozessorschneller Cache kann verhindern, dass die CPU allzu sehr vom Rest des Systems ausgebremst wird.





Neue Fabrikationstechniken

Neben der immer höheren Transistordichte auf den CPUs selbst, nötig unter anderem für den grossen Cache, ist für die Chip-Industrie auch die Fabrikationsdichte wichtig - wie viele Prozessoren bringt man auf einen Wafer, der in einem Arbeitsgang hergestellt werden kann. Vorteilhaft auf diese Dichte wirken sich kleinere Abmessungen (0,13 statt 0,18 Mikron) aus, die zudem für geringere Leistungsaufnahme essentiell sind, insbesondere aber auch grössere Wafer. Intel und AMD setzen künftig auf Wafer mit 300 statt 200 Millimetern Durchmesser, was die Ausbeute mehr als verdoppelt. Während AMD von zwei Fabriken ab 2005 spricht, hat Infineon als erster Hersteller bereits eine 300-Millimeter-Fabrik in Betrieb. Intel plant den Start noch im ersten Quartal 2002, ist angeblich im Zeitplan und verkündet, dass "niemand im Jahr 2002 auch nur einen Bruchteil unseres Ausstosses erreichen wird - der Punkt ist nicht, wer der Erste ist, sondern wer durch hohe Produktionszahlen den höchsten Kostenvorteil erzielt".





Neue Chipsets und Speichertechnologien

Später im Jahr sollen dann sowohl höhere Taktraten als auch ein noch schnelleres Bus-Interface mit 533 MHz folgen, was dann auch eine neue Chipset-Generation nötig macht - für das dritte Quartal rechnet man mit "Brookdale-G" (integrierte Grafik, Support für DDR-Speicher) und "Tulloch" (Support für Rambus-Speicher). Neben der höheren Busgeschwindigkeit werden beide neuen Chipsets auch USB 2.0 beherrschen. Bis dann hat man sich mit Geringerem zu begnügen: Im Moment arbeiten Systeme auf Basis des 2- und 2,2-GHz-P4 entweder mit dem Rambus-Chipset i850 oder mit dem i845, das PC133-SDRAM und DDR 200/266-Memories unterstützt.



DDR-Speicher wird sich im neuen Jahr mit einiger Sicherheit auf breiter Ebene etablieren. Der Marketing-Manager von Dell Schweiz, Achim Freyer, sieht die Einführung von DDR für Desktops und Workstations als wesentlichen Hardware-Trend für 2002. Auch Compaq wird laut PR-Manager Matthias Meier noch Anfang 2002 erste Workstations mit DDR ankündigen; erst dann folgen die Desktops.




Die Voraussetzung für den Einzug von DDR: Intel hat, nach langer Exklusivkonzentration auf RDRAM, die von PC-Herstellern nur durch Einsatz von Nicht-Intel-Chipsets umgangen werden konnte, DDR-Support nun in das 845er Chipset integriert und wird künftig stark auf DDR und seine Nachfolgestandards setzen, sieht aber zumindestens mittelfristig eine friedliche Koexistenz zwischen DDR und RDRAM, wie Intel-CTO Patrick Gelsinger letzthin in einem Online-Chat feststellte: "Rambus tot? Nein, es handelt sich um grossartige Technologie, aber unter den gegebenen juristischen Umständen und mit Blick auf die Industriedynamik wird RDRAM wohl auf Marktnischen beschränkt bleiben."




Mobile-Pentium-4 im Anmarsch

Auch das Mobilcomputing wird stark von der weiterentwickelten Prozessortechnik profitieren, wie immer mit leichtem Rückstand gegenüber der Desktop- und Serverwelt. Noch muss sich der Notebook-Anwender mit Pentium-III-Leistung zufriedengeben: Zunächst wird die 0,13-Mikron-basierte "Tualatin-M"-Linie mit 512 KB Fullspeed-Level-2-Cache und 133-MHz-Systembus, vermarktet unter dem Label "Mobile Pentium III Processor-M", um ein 1,26-Gigahertz-Modell erweitert; im Sommer sollen sogar 1,33 Gigahertz erreicht werden. Ab dem zweiten Quartal heisst es dann aber Pentium 4 ahoi, wenn das "Northwood"-Design mit anfänglichen Speeds von 1,4 und 1,7 Gigahertz mobil macht.



Auch das Value-Segment wird Intel nicht vernachlässigen, allerdings mit weniger spektakulären und weniger häufigen Updates. Den Mobile Celeron im "Coppermine-T"-Design gibt es schon mit 933 Megahertz; Mitte 2002 folgt dann eine "Tualatin-M"-Variante mit P3-Kern, aber bloss 256 KB Level-2-Cache, die als Celeron vermarktet wird. Zusammen mit der ebenfalls vorderhand noch erhältlichen Mobile-Pentium-III-Linie ohne zweites "M" (0,18 Mikron, 100-MHz-Systembus, 256 KB L2-Cache, bis 1 GHz) ergibt sich eine ziemlich unübersichtliche Welt mobiler Intel-Prozessoren.





Schwere Zeiten für Intel-Konkurrenten AMD und Transmeta

Mit der rasanten Weiterentwicklung bei der Intel-Plattform wird es AMD trotz 64-Bit-Offensive dieses Jahr wohl nicht leicht haben. Schon heute sind Athlon-basierte Systeme gar nicht so einfach zu bekommen, obwohl sie bei Enthusiasten einen hervorragenden Ruf geniessen und zum Beispiel der neu vorgestellte Athlon XP 2000+ mit neun parallel ausgeführten Operationen pro Taktzyklus daherkommt (P4: sechsfach superskalar). Bei den übrigen Zahlen dagegen wirkt das Intel-Angebot einfach cooler - 0,13 Mikron kommt bei AMD erst diesen Frühling ("Thoroughbred"-Athlons), 512 Kilobyte L2-Cache gibt es beim Athlon nicht, und eine Taktfrequenz gibt AMD bei den neuesten Athlon-Varianten nur noch am Rande bekannt. Nach den Ausführungen von AMD-Vize Dirk Mayer verdoppelt sich die Leistung des Athlon alle 18 Monate; mit einer 3,2-Gigahertz-Variante ist somit nicht vor Mitte 2003 zu rechnen.



AMD gibt aber nicht auf und setzt vor allem auf günstige Komponenten, dies insbesondere auch für Consumer- und Mobile-Systeme. Die Duron-Linie wird im zweiten Quartal mit einer 1,4-Gigahertz-Variante auf 0,13-Mikron-Basis fortgeführt ("Appaloosa"), bis zum Frühling kommen auch mobile Prozessoren auf Athlon- und Duron-Basis in Taktfrequenzen zwischen 1,2 und 1,4 GHz auf den Markt, die gegen Ende Jahr durch "Thoroughbred"- und "Appaloosa"-basierte Varianten ersetzt werden.




Intel setzt zudem die Anstrengungen zur Entwicklung stromsparender CPUs mit hoher Priorität fort und macht damit auch dem jüngsten Prozessorhersteller Transmeta zu schaffen. Dessen Prozessoren haben sich bisher nur in ganz wenigen Produkten für den breiten Markt etabliert, und die Zukunft sieht nicht rosig aus. Ob es so schlimm kommt, wie Achim Freyer von Dell vermutet - "Transmeta-Prozessoren werden wohl vom Markt verschwinden" -, sei dahingestellt.



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