Microsoft will offener werden
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/04
Im Rahmen einer kurzfristig einberufenen Telefonkonferenz verkündete Steve Ballmer gemeinsam mit Ray Ozzie vorletzte Woche einen Strategiewechsel bezüglich Interoperabilität an. Microsoft will seine Produkte weiter öffnen damit Entwickler, Partner und Wettbewerber besser mit diesen interagieren können. Die Strategie wird von vier Eckpfeilern getragen:
- Open Connections: Microsoft will APIs und Kommunikationsprotokolle, welche von anderen Microsoft-Anwendungen genutzt werden, offenlegen. Bislang hielt der Softwareriese den Grossteil seiner APIs unter Verschluss oder verlangte für deren Nutzung Lizenzgebühren. Unter anderem wurde der Konzern genau wegen dieser Praxis durch die EU zur Zahlung einer saftigen Busse verdonnert.
Die Gründe für den doch recht drastischen Strategiewechsel sind vielschichtig. Einerseits möchte man in Redmond mit Hilfe dieser neuen Doktrin einen Schlussstrich unter die Wettbewerbsverfahren mit der EU ziehen und drohenden Konflikten mit Regierungen anderer Länder entgegenwirken. Auf der anderen Seite scheint man auch beim Softwarekonzern allmählich zu begreifen, dass die Bestrebungen der Open-Source-Community aber auch die bessere Integration von Produkten der Konkurrenz und von Partnern eine Bereicherung für die eigenen Plattformen darstellt.
Die EU-Kommission reagierte auf Microsofts Ankündigungen sehr zurückhaltend und will die einzelnen Punkte der Strategie erst im Detail prüfen. Was die laufende Beschwerde von Opera gegen die Verknüpfung des Internet Explorers mit Windows betrifft, so hat ein EU-Sprecher bereits betont, dass diese durch Microsofts neue Prinzipien nicht entschärft werde.
Aus der Open-Source-Community kamen gemischte Signale. Vorsichtig aber im Grundtenor positiv äusserten sich die Lager von OpenOffice, OpenExchange, Alfresco und Samba, welche nun die konkrete Umsetzung abwarten wollen. Bei Red Hat reagierte man eher skeptisch und forderte Microsoft in einem Statement auf, ihre Ankündigung mit konkreten Taten zu untermauern und nun das Open Document Format (ODF) statt Open Office XML zu forcieren.
Eines ist sicher: Microsoft muss nach den Worten nun auch Taten folgen lassen, um nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Zu oft schon stellten sich Versprechungen aus Redmond im Nachhinein als halbherzig heraus. Mit der Veröffentlichung der Windows-Schnittstellen haben die Redmonder wenigstens schon einmal einen ersten Schritt gemacht.