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Theorien, Modelle, Irrglauben oder die Pflicht zur Motivation

Wir alle kennen Menschen wie Lehrer, Firmenchefs, Sport-Trainer oder Mütter, die als Motivatoren hervorragende Leistungen erbringen. Sie sind häufig weder aussergewöhnlich intelligent noch sehen sie überdurchschnittlich gut aus, aber sie scheinen den Dreh herauszuhaben, wie man Menschen anspornt, begeistert, bewegt – motiviert.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/02

     

Bei der Suche nach Quellen über die Motivationsgabe und nach Befragungen von Persönlichkeiten, die gerade mittels Motivation sehr erfolgreich waren, stösst man auf einige wenige, aber wichtig Faktoren, welche die Motivation auszumachen scheinen. Immer wieder sind es dieselben Faktoren, die dazu führen, dass gewöhnliche Menschen zu aussergewöhnlichen Leistungen ebenso bereit wie fähig werden.


Widersprechende Theorien und Modelle

Beinahe jede Führungskraft kennt Herzberg und Maslow, nach denen «Motivation» immer zu höherer Leistung führt. Und die meisten erlebten in der Praxis, dass die Fragen nach Sinn oder psychosozialen Aspekten oft weit mehr im Vordergrund standen als die rein wirtschaftlichen, materiellen oder persönlichen Anreize (mehr Freizeit usw.). Die meisten klassischen Motivationsmodelle reduzieren Menschen auf «Reiz-, Druck- oder Reaktions-Maschinen».
Interessanterweise haben gerade Spitzenteams in Forschung,Technologie oder Sport viel mit der Hummel gemeinsam. Gemäss Wissenschafter können sie aufgrund ihrer Flügelfläche, ihrem Körpervolumen und ihrer Bewegungsart gar nicht fliegen. Nachweislich tun sie es dennoch. Die Hummel weiss nichts von den Erkenntnissen ihrer Erforscher. Analog funktioniert ein erfolgreiches Team. Fragt man es nach seiner Motivationsstrategie, nach dem Erfolgsrezept oder nach tiefschürfenden vorgängigen Analysen, kommt stets ernüchternd oder spöttisch der Kommentar: «Darüber haben wir uns noch nie Gedanken gemacht. Es funktioniert einfach.» Dieses «es» ist offenbar so etwas wie der Schlüssel zur Motivation. Und es ist dasselbe «es», das Unternehmen bei ihrem Bemühen die Motivation zu fördern oder zu sichern, in schiere Verzweiflung treibt.


Also, was nun?

Hochmotivierte Teams und Einzelpersonen gingen – nach Analyse dutzender Fallstudien (BMO AG, Schweiz) – nicht mit dem Ziel, ein motiviertes oder erfolgreiches Team zu sein, an ihre Arbeit. Sondern die Motivation entstand in der Absicht, gemeinsam oder persönlich ein herausforderndes und anspruchsvolles Ziel zu erreichen. Die Motivation war in keinem Fall Selbstzweck, sondern eine Konsequenz aus dem Tun. Sie ergab sich nur dann, wenn Einzelne etwas bewegen wollten, sie sich hohe Anforderungen hinsichtlich Qualität der eigenen Arbeitsergebnisse auferlegten, sie das Prinzip Verantwortung verinnerlicht hatten oder hohes Selbstbewusstsein und Frustrationstoleranz mitbrachten.


Der Durst nach Inspiration und Sinn

In vielen gerade sogenannt modernen Unternehmen existiert ein Vakuum, das darauf wartet, ausgefüllt zu werden. Das Vakuum, aus dem Träume wachgerufen werden und das menschliche
Energien für Höchstleistungen mobilisieren kann.
So etwas wie eine unmotivierte Person gibt es nicht. Die Motivation ist häufig in andere Leistungen gelegt als die im Unternehmen oder in Projekten gefragten. Niemand langweilt sich gerne, niemand ist gerne träge. Wir alle begrüssen es, wenn die Arbeit unser Interesse trifft und Spass macht.






Aspekte der Motivation

Voraussetzungen für motivierte Mitarbeiter


1. Vorgesetzte bestimmen die Einstellung der Mitarbeiter

Mehr als alles andere bestimmt die Einstellung des Vorgesetzten zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Erfolg oder Misserfolg bei der Motivierung: Wenn die Beschäftigten wissen, dass gute Leistungen von ihnen erwartet werden, sind sie in den meisten Fällen bestrebt, die Erwartungen zu erfüllen. Wenn niedrige Erwartungen im Raum stehen, dann wird diese Erwartung mit enttäuschender Genauigkeit erfüllt. Das mag trivial klingen, aber Motivation ist ohne Motiv nicht möglich. Genauso unmöglich ist es für jemanden, der selbst keine Motivation besitzt, andere zu motivieren.
Das Geheimnis erfolgreicher Menschen liegt in ihrer Ziel-Eindeutigkeit. Denn, wie sollte man sich und andere begeistern, wenn man seine Aufgabe nicht kennt oder den Mitarbeitern nicht zutraut, diese Aufgabe ideal zu erfüllen.
Motivation kann nur dort gelingen, wo transparente Ziele für den Mitarbeiter Sinn ergeben, und er mit seinen Leistungen und Beiträgen zu diesem Sinn beitragen kann. Der Mensch ist nämlich grundsätzlich ein sinnorientiertes Wesen.


2. Ziele und Massstäbe für Spitzenleistungen hoch ansetzen

Die Unternehmen mit hoher natürlicher Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlauben ein beträchtliches Mass an Individualität, und sie setzen nachdrücklich gemeinsam bestimmte Massstäbe durch.
Menschen werden niemals durch eine Arbeit motiviert, die wenig oder nichts abverlangt. Erfolgreicher ist es zu fordern, Werte konsequent und täglich aufrecht zu erhalten und zu verlangen, als durch mehr oder weniger ausgeklügelte Anreizsysteme und Boni motivieren zu wollen. Dies gelingt dann, wenn Ziele einerseits eine wahre Herausforderung und andererseits realistisch erreichbar sind. Dies schliesst allerdings Fehlschläge und zeitweilige Misserfolge mit ein. Kurz gesagt: «Eine notwendige Voraussetzung für Top-Motivation ist eine Atmosphäre zu schaffen, in der es nicht tragisch, ja sogar ausdrücklich erlaubt ist, Fehler zu machen.» Die Fehlermöglichkeit ist ein wahrer Prüfstein tragfähiger Motivationsarbeit, denn: «Man kann weder
Innovationen erbringen noch erwarten, wenn man nicht bereit ist, Fehler zu akzeptieren.»


3. Fehler erlaubende Atmosphäre

Sind die Ziele bestimmt und ist eine Fehler erlaubende Atmosphäre vorhanden, gilt es, die Beschäftigten und sich selbst zu ermutigen, die Leistungen in die vorbestimmte Richtung zu lenken.


4. Meinungen und Veränderungen

Menschen, die andere Menschen überzeugen, sind in aller Regel gute Geschichtenerzähler, denn – auch das ist eine alte Tatsache – wir lassen uns weit eher durch Einzelbeispiele und persönliche Erfahrungen beeinflussen, als durch allgemeine Prinzipien.
Persönliche Erfahrungen, Geschichten, Metaphern, Analogien, Allegorien überzeugen, da sie mehr Herz als Verstand ansprechen. Meinungen ändern sich fast ausschliesslich durch das Gefühl – weniger durch Daten, Paradigmen oder Fakten.


5. Lob, Anerkennung und Kritik

Lob und Anerkennung in Superlativen bewirken das Gegenteil. Vorgesetzte sollten die Resultate zahlreicher Untersuchungen nutzen, die belegen, dass übertriebenes Lob die Motivation schwächt. Wenn eine Aufgabe einem Menschen innere Befriedigung verschafft – das heisst, er macht sie aus Interesse, Spass an der Sache –, wird ein zu starker äusserer Anreiz, wie zum Beispiel ein finanzieller Bonus. die innere Motivation verringern. Zudem kann die Motivation Schaden nehmen, wenn nur das Endresultat einer Handlung anerkannt wird. Die Begeisterung für eine Aufgabe wird dadurch gemindert.






Erfolgreiche Motivatoren gehen völlig anders vor: Sie tun alles, damit ihre Leute Erfolg haben und in ihren Handlungen selbstsicher werden. Sie bleiben meist bescheiden, tolerant und sicher.
Motivation heisst, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu helfen und die Voraussetzungen schaffen, aus kleinen Erfolgen grosse zu machen oder diese als solche zu empfinden.

6. Motivationsverstärker

Es braucht auch «negative» Verstärkung, denn ganz
ohne Druck ist keine Motivation erfolgreich. Auch hier einige Tipps dazu:







• Sicherstellen, dass Verhalten, Einstellungen und nicht die Person geändert oder verstärkt werden sollen.



• Beschäftigte sollen das Gespräch oder die Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten stets suchen können und dürfen.



• Korrekturen müssen sofort auf ein Verhalten folgen.



• Negative Verstärker sofort beenden, wenn das Verhalten oder die Einstellung positive Änderungen zeigt.


7. Wettbewerbsdenken

Nur in geringem Masse das Wettbewerbsdenken einzubeziehen, ist ein weiterer Motivationsaspekt. Wettbewerb ist nachweislich nur begrenzt – wenn überhaupt – für ein Team bzw. Teams von Nutzen.
Wesentlich höher sind die Kosten, die indirekt durch Wettbewerb unter Beschäftigten verursacht werden, als dass er mittel- und langfristig Vorteile bringt. Enttäuschungen, Austricksen und Aggressionen sind eine nicht vermeidbare Folge von Wettbewerb und schwächen die Mitarbeiter. Wettbewerb frisst ihre Motivation mehr als er sie stärkt und fördert.


8. Motivation als Quelle zur Zusammenarbeit

Das in Fachbüchern erwähnte Affiliationsmotiv ist ein sicherer Wert zur Motivation. Jeder von uns gehört gerne zu einer Gruppe, in der man sich kennt und akzeptiert, sich gerne für die anderen einsetzt, von der wir wissen, dass sich jedes Mitglied loyal verhalten wird, wenn man in Schwierigkeiten gerät. Dies sei jedoch vielmehr der alte Stammesinstinkt, schreibt Motivationsforscher McGinnis, also das Bedürfnis nach Zusammengehörigkeit.


Konklusion: Der perfekte Motivator

Erfolgreiche Motivierer sind selbst immer hochmotiviert und kümmern sich klar darum, dass ihre eigene Motivation hoch bleibt. Sie sind fest von der Ansicht getragen, dass es nichts
Lohnenderes gibt, als andere zu fördern. Nichts erscheint ihnen freudiger, als anderen zu zeigen, wie man vorankommt. Nichts begeistert sie mehr, als ein Team zu gestalten, in dem sich die einzelnen Mitglieder gegenseitig anspornen. Dies allerdings
bedeutet stetes Bemühen. Motivation ist eine Pflicht und keine automatische Folge.




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