Krankenbehandlung über das Netz
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/18
Disease Management ist gemäss der Definition des medizinischen Beratungszentrums MEDGATE ein Ansatz zur Förderung einer kontinuierlichen, evidenzbasierten Versorgung von Patienten mit einer definierten, meist chronischen Erkrankung über alle Krankenstadien und Aspekte der Versorgung hinweg. Der Prozess schliesst die kontinuierliche Evaluation medizinischer, ökonomischer und psychosozialer Parameter sowie eine darauf beruhende, kontinuierliche Verbesserung der Versorgungsprozesse auf allen Ebenen ein.
In speziellen Betreuungsprogrammen wird als zentraler Bestandteil telemedizinische Technologie eingesetzt, um die Patienten dezentral zu monitoren und zu betreuen. Die Patienten messen dabei ihre krankheitsspezifischen Körperwerte regelmässig selbst und übermitteln diese Daten an eine zentrale Server-Infrastruktur. Die Daten werden von einem darauf zugreifenden medizinischen Beratungszentrum umgehend analysiert, mit früheren Messungen verglichen und in einer elektronischen Patientenakte dokumentiert. Durch die laufende Überwachung werden Veränderungen in der Krankheitsdynamik früher erfasst und insbesondere Verschlechterungen (Exazerbationen) frühzeitig erkannt und bestmöglich aufgefangen. Ziel des telemedizinischen Disease Managements ist es, dem einzelnen Patienten die individuelle Behandlung zum richtigen Zeitpunkt zukommen zu lassen.
Chronisch kranke Patienten werden zunehmend ausserhalb des Spitals betreut, da die Kosten stationärer Betreuung in vielen Ländern stark gestiegen sind. Zu den in westlichen Ländern weit verbreiteten chronischen Erkrankungen gehören Adipositas, Diabetes, Hypertonie, Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und die obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD oder «Raucherlunge» und Asthma bronchiale). Ihre Behandlungskosten setzen sich zum grossen Teil aus aufwändigen ambulanten Therapien und hohen Spitalkosten während Verschlechterungen zusammen. Ziel einer Intervention ist die frühe Erkennung von Verschlechterungen und deren optimalen Therapie.
Bei einigen Erkrankungen entstehen die Behandlungskosten erst nach dem Auftreten von Komplikationen (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenversagen). Typischerweise gehören zu diesen Erkrankungen die kardiovaskulären Risikofaktoren wie Hypertonie, Adipositas oder Diabetes. Gerade bei diesen drei Erkrankungen lassen sich durch frühzeitige präventive Interventionen sowohl die Therapie der zu erwartenden Komplikationen als auch Hospitalisierungen reduzieren.
Telemedizinische Disease-Management-Programme setzen verschiedene Kommunikationskanäle parallel ein, um eine kontinuierliche Kommunikation zwischen Arzt und Patient herzustellen. Neben der Telefonie sind dies vermehrt auch SMS oder Internet. Der zeit- und standortunabhängige Zugang zu den Patientendaten kann durch eine sichere Webschnittstelle gewährleistet werden und erlaubt dem Patienten sowie seinem behandelnden Arzt einen raschen und einfachen Zugriff auf Mess- und Verlaufsdaten. Ziel eines Disease-Management-Programms ist es, durch einfache, engmaschige Kontrolle und definierte Behandlungsalgorithmen eine optimale Therapie zu gewährleisten und dadurch das Wohlbefinden sowie die Lebensqualität des Patienten zu maximieren.
Zu den Krankheitsbildern mit wachsender Verbreitung gehören Adipositas, Hypertonie, Herzinsuffizienz und Obstruktive Lungenerkrankungen:
• Übergewicht (Adipositas) ist in den Industrieländern ein bedeutendes und vor allem wachsendes Gesundheitsproblem. Es ist weit verbreitet, weist eine kausale Beziehung zu schweren Krankheiten auf und hat negative ökonomische Auswirkungen. In der Reihe der grossen Gesundheitsrisiken lässt sich die Adipositas an fünfter Stelle einordnen. Adipositas ist ein multifaktorielles Störungsbild, dem auf verschiedenen Ebenen begegnet werden muss. Erfolgversprechend sind Diät, Sport und Verhaltenstraining. Zudem sind Bewältigungsstrategien erforderlich, die nicht nur auf eine längerfristige Veränderung der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten abzielen und damit die körperlichen Folgen der Adipositas verbessern, sondern auch auf das Sozialverhalten und damit die psychische Befindlichkeit einwirken.
• Die arterielle Hypertonie ist auch eine Volkskrankheit: 25 Prozent der Erwachsenen in der Schweiz leiden daran, weitere 40 bis 50 Prozent laufen Gefahr, an Hypertonie zu erkranken. Ab einem Bluthochdruck von 140/90 mm Hg steigt das Risiko kardiovaskulärer Folgeerkrankungen stark an. 45 Prozent aller Todesfälle in der Schweiz werden durch die Folgen des Bluthochdrucks verursacht. Prävention und eine optimale Therapie sind wichtige Elemente, um Spätschäden zu verhindern und die Mortalität zu
senken.
• Die chronische Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten kardiovaskulären Erkrankungen. Die Prävalenz beträgt in der Schweiz gegenwärtig 1,45 Prozent, sie nimmt jedoch parallel zum steigenden Alter zu und erreicht bei über 65-Jährigen eine Verbreitung von 6 bis 10 Prozent. Herzinsuffizienz hat sowohl für den Patienten als auch für das Gesundheitswesen eine ausserordentlich grosse Bedeutung, ist sie doch verbunden mit einer erhöhten Mortalität und – verglichen mit anderen chronischen Erkrankungen – mit einer stark verminderten Lebensqualität. Patienten mit Herzinsuffizienz müssen häufig hospitalisiert werden.
• Obstruktive Lungenerkrankungen sind auch aus Sicht der Kostenträger von grosser Bedeutung. Sowohl Asthma bronchiale als auch chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) haben eine hohe und weiterhin steigende Prävalenz. In der Schweiz leiden rund 2,5 Prozent der Erwachsenen an COPD und 6,8 Prozent der Bevölkerung an Asthma. Beide Krankheiten verursachen einen erheblichen Teil der Gesundheitskosten. Durch regelmässiges Monitoring und frühzeitige Therapieanpassungen lassen sich erwiesenermassen teure Hospitalisierungen reduzieren oder verhindern.
Das als Aktiengesellschaft geführte Unternehmen MEDGATE ist ein Kompetenzzentrum für Telemedizin und entwickelt zusammen mit Sirius Technologies AG telemedizinische Disease-Management-Programme, die den Kunden verschiedener Schweizer Krankenversicherer zugänglich sind.